"Ganz schön gierig": 'Die Welt' will Sahra Wagenknecht diffamieren und blamiert sich böse
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Sie hatten es sich so schön zurechtgelegt bei der Welt. Es schien aber auch eine wunderschöne, sichere Vorlage zu sein, die man nur noch verwandeln musste. Sahra Wagenknecht, Fraktionschefin der Linken, veranstaltet Lese- und Diskussionsabende, und die Besucher dieser Veranstaltungen müssen Eintritt zahlen, mal 14 Euro wie in Düsseldorf, mal sogar 19 wie in Cottbus. Dabei geht es in diesen Veranstaltungen wie in ihren Büchern in erster Linie um soziale Themen.
Frohlockender Anlass genug für Springers Welt, in einem Artikel die vermeintliche Gier der Politikerin anzuprangern. Das Schreiben dieses Artikels übernahm Martin Niewendick, früher Jungle World, heute im Ressort Innenpolitik der Welt. Und er ließ sich nicht lumpen.
Schon der Beginn seines Artikels, der Ende vergangener Woche erschien, gibt die Richtung vor: "Fingerspitzengefühl geht anders." In diesem Ton geht es weiter. Es wird die "Entrüstung" erwähnt, die Wagenknecht wegen ihrer Bewertung der sogenannten "Unteilbar"-Demonstration entgegengeschlagen war. Dann bastelt der Autor eifrig daran, Wagenknecht der Heuchelei zu überführen:
Allein, wer "Gier" zum moralisch verwerflichen Charakterzug erklärt und auch noch ein Buch darüber schreibt, muss sich Fragen gefallen lassen. 19 Euro entsprechen in etwa den monatlichen Mitgliedsbeiträgen eines erwerbslosen Linke-Mitglieds für ein gesamtes Jahr.
Kurz gefasst: Wagenknecht verdiene mit ihrer Kapitalismuskritik auf gut kapitalistische Weise Geld, sei also "ganz schön gierig". Erkennbar ist auch wieder einmal das alte Argument, dass linke Politiker gefälligst nicht besser zu leben haben als ihre Klientel. Der Autor mokiert sich über den Düsseldorfer Veranstaltungsort in der als "Kö" bekannten noblen Königsallee: "Dass sich das Prekariat dorthin verlaufen wird, ist also ohnehin eher unwahrscheinlich."
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Springer ist bisher nicht durch Kritik an Lesungen von Politikern aufgefallen, auch nicht wenn für den Besuch dieser Lesungen Geld bezahlt werden musste. Dieser Umstand ist auch einigen der Welt-Leser aufgefallen, die den Artikel – überwiegend kritisch – kommentierten. Doch die eigentliche Pointe lieferte die Welt selbst noch nach. Am Dienstag erschien dann - versteckt unter "Meinung" - eine kleinlaute Richtigstellung, in der es immerhin diesmal wahrheitsgemäß hieß:
Richtig ist, dass Frau Dr. Wagenknecht in Cottbus kein Entgelt und keine Aufwandsentschädigung erhalten hat. Den Eintrittspreis kassierte der Veranstalter.
Der Vorwurf, Wagenknecht sei gierig, war also haltlos, und die Unterstellung der Heuchelei fällt einmal mehr auf ihre Urheber zurück. Saubere Arbeit, danke, liebe Welt.
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