Deutschland

"Die Bundesregierung hat großes Interesse": Erstes deutsches Flüssiggas-Terminal in Planung

Etliche EU-Staaten verfügen bereits über LNG-Terminals. Nun werde in Schleswig-Holstein die erste deutsche Flüssiggas-Umschlag-Anlage geplant, heißt es. US-Präsident Trump hatte zuvor die "Abhängigkeit" Deutschlands von russischen Gaslieferungen kritisiert.
"Die Bundesregierung hat großes Interesse": Erstes deutsches Flüssiggas-Terminal in PlanungQuelle: AFP

Frankreich verfügt bereits über vier entsprechende Anlagen, Großbritannien über sechs, Spanien sogar über sieben, Griechenland, die Niederlande, Portugal, Belgien, Polen und Litauen jeweils über ein Flüssiggas-Terminal. Nun plant auch Deutschland offensichtlich den Bau des ersten LNG-Terminals. Demnach soll die Anlage im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel entstehen. Die internationale Ausgabe des Handelsblatts schreibt dazu, dass „die Repräsentanten sowohl des Landes als auch der Regierung“ gegenüber dem Blatt „ihren Enthusiasmus für die Pläne zum Ausdruck“ gebracht hätten.

Thilo Rohlfs, seines Zeichens Staatssekretär im Kieler Wirtschaftsministerium, freue sich demnach, „dass ein Investor sich für Brunsbüttel entschieden und die Vorbereitungen begonnen hat“.

Das dürfte vor allem die „Freunde“ aus Übersee freuen. Vor wenige Wochen verurteilte US-Präsident Donald Trump den geplanten Bau der Gaspipeline Nord Stream 2, mit der russisches Gas für den europäischen Markt zur Verfügung gestellt werden soll:

Deutschland wird total durch Russland kontrolliert. Sie werden zwischen 60 und 70 Prozent ihrer Energie aus Russland und einer neuen Pipeline beziehen, und ich denke, es ist eine sehr schlechte Sache für die NATO, und ich denke nicht, dass es hätte passieren sollen, und ich denke, wir müssen mit Deutschland darüber reden", zeigte sich Trump überzeugt.

Nach Ansicht des US-Präsidenten handele es sich bei Deutschland gar um einen „Gefangenen Russlands“, da sich die Bundesregierung durch den Erwerb von russischem Gas ganz in die Hände Moskaus begäbe.  

Gleichzeitig verwandelten sich die Vereinigten Staaten in den vergangenen Jahren von einem Gasimporteur zu einem Exporteur der fossilen Ressource. Es wäre jedoch falsch anzunehmen, dass die entsprechende Diskussion erst unter der Präsidentschaft Trumps entstanden wäre. Bereits im Jahr 2014 erklärte Condoleezza Rice, damals mittlerweile Professorin für internationale Politik, dass man bereits „seit Jahren“ versuche, „Europa für andere Pipelinerouten zu begeistern“ – Pipelines, durch die US-amerikanisches Gas fließen solle:

Langfristig sollten sich die Abhängigkeitsstrukturen im Energiesektor verändern. Man könnte sich mehr auf Nordamerikas Energiereserven stützen. Wir [die USA] entdecken enorme Gas- und Ölvorkommen.

Nach US-Lesart sollte die strukturelle Gasabhängigkeit von Russland besser durch eine unwirtschaftliche Abhängigkeit gegenüber den USA ersetzt werden. Die deutsche Öffentlichkeit hält bislang wenig von der Argumentation und Logik der vermeintlichen Freunde aus den USA. Demnach sind zwei Drittel der Deutschen der Ansicht, Nord Stream 2 sollte fertig gestellt werden, da dies „die Versorgung mit Gas besser gewährleisten“ würde. 92 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass es Trump vor allem darum geht, den Europäern US-Flüssiggas aufzudrängen.

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Ganz anders die Einschätzung auf Bundesebene, zumindest nach Aussage von Norbert Brackmann (CDU), Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft:

Die Bundesregierung hat großes Interesse daran, dass in Deutschland ein LNG-Terminal entsteht“, weiß Brackmann demzufolge zu berichten.

Laut Brackmann plane die Bundesregierung in Sachen LNG Größeres:

Wir wollen Deutschland zu einem Standort für LNG-Infrastruktur machen“, ergänzte der CDU-Bundestagsabgeordnete.

Es ist auch nicht so, dass die deutsche Wirtschaft ein solches LNG-Terminal rundheraus ablehnen würde. So erhielten die Brunsbüttel-Pläne zuletzt auch Zuspruch von Uniper-Konzernchef Klaus Schäfer:

Ein deutsches LNG-Terminal hätte Charme“, ist Schäfer überzeugt.

Deutschland sei zwar gut an die sogenannten „Regasifizierungskapazitäten“ für die Rückverwandlung von LNG in den Niederlanden angebunden, doch nach Ansicht des Konzernchefs, „würden die großen Gasproduzenten ein solches Projekt sicher mit Interesse verfolgen“. Das Onlineportal Energate schreibt dazu:

Die Kapazitäten zur Regasifizierung von LNG in Europa werden derzeit nur zu etwa 25 Prozent genutzt. Das größte LNG-Terminal Europas in Rotterdam kommt sogar nur auf zehn Prozent. Auf der anderen Seite sagen Marktteilnehmer für die kommenden drei Jahre einen regelrechten LNG-Boom voraus.

Am Ende müsse zwar der Markt entscheiden, doch der Düsseldorfer Konzern Uniper wird derweil selbst Flüssiggas aus den USA beziehen. Über einen entsprechenden Liefervertrag mit dem texanischen Freeport-Terminal sollen in den kommenden zwanzig Jahren jeweils o.9 Millionen Tonnen LNG bezogen werden.

Nach Ansicht des Chefökonomen der British Petrol (BP) Spencer Dale, handele es sich bei LNG um eine „Rückversicherung“, die durch die Diversifizierung der Lieferquellen die Energiesicherheit erhöhe. Die Wirtschaftlichkeit spricht nach Ansicht der schleswig-holsteinischen Landesregierung für die Errichtung eines LNG-Terminals. So benötige man, um LNG als Kraftstoff in Deutschland wirtschaftlich einsetzen zu können, dringend ein Import-Terminal. Der Transport aus dem Ausland per Lastwagen sei viel zu teuer, argumentierte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP).

Politisch dürfte es auch darum gehen, den US-Forderungen durch den Aufbau entsprechender LNG-Infrastruktur den Druck zu nehmen und andererseits dennoch an Nord Stream 2 festzuhalten. Zumindest für Uniper scheint sich LNG aber sogar zu rechnen.

Es sei kein Widerspruch, in „Nord Stream 2“ und LNG-Kapazitäten zu investieren“, schreibt Energate mit Verweis Uniper-Konzernchef Schäfer.

Der Konzern selbst ist demnach Shareholder des italienischen LNG-Terminals Toscana und buche selbst Flüssiggas nicht nur in den USA, sondern auch in Rotterdam und Grain (Großbritannien).

Handelsblatt Global weiß zudem von weiteren Vorteilen des Flüssiggases zu berichten. So sei LNG zwar teurer, dafür aber etwa auch „als Treibstoff für Schiffe und Autos und als Rohmaterial in industriellen Prozessen“ einsetzbar.

Es kann sogar wieder in Gas umgewandelt und in das normale Energienetz gespeist werden“, merkt das Wirtschaftsportal an.

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LNG böte darüber hinaus auch mehr „Flexibilität, die Pipelines nicht erreichen“. So könnten etwa „[LNG-]Tankerschiffe überall in die Welt fahren und auch leicht umgeleitet werden“.

Doch damit nicht genug. Ein weiteres pro-LNG-Argument sei demnach seine bessere Umweltverträglichkeit.

Es gibt auch starke ökologische Gründe umzusatteln“, heißt es im Artikel.

So könne der Schadstoffausstoß von Schiffen um 80 Prozent gesenkt werden, wenn diese statt mit Diesel auf LNG-Basis angetrieben würden. Bei der LNG-Technologie wird statt Schweröl oder Dieselkraftstoff Gas verbrannt. 

Neben Brunsbüttel bewerben sich weitere deutsche Hafenstädte um den Zuschlag für das erste deutsche LNG-Terminal, darunter Wilhelmshaven und Stade. Dennoch gehen demnach die meisten Beobachter davon aus, das am Ende Brunsbüttel aufgrund seiner günstigen geografischen Lage den Zuschlag erhalte. Für Brunsbüttel bewirbt sich das Unternehmenskonsortium German LNG Terminal um den Auftrag.

Auf der Webseite des Unternehmens, dass sich demnach aus Image-Sorgen nicht zum LNG-Vorhaben äußern wollte, heißt es zu den Planungen:

Durch die Entwicklung eines LNG-Importterminals mit kleinen LNG-Funktionalitäten erhält Deutschland direkten Zugang zum globalen LNG-Markt. German LNG Terminal untersucht derzeit die Möglichkeiten zum Bau und Betrieb eines Multi-Service-LNG-Terminals (einschließlich Import und kleiner Dienstleistungen) in Norddeutschland.

Die Investitionssumme werde laut Handelsblatt Global in etwa 450 Millionen Euro betragen. Laut Norbert Brackmann könne das Projekt auch mit bundesdeutschen Geldern für Infrastruktur rechnen. Auch Schleswig-Holstein sei „prinzipiell“ zur finanziellen Unterstützung bereit.

Laut dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten, Daniel Günther (CDU), gäbe es in der Region Brunsbüttel zahlreiche Unternehmen, die Abnehmer für LNG sein könnten und damit eine Grundauslastung des Terminals gewährleisten würden. Wenn alles nach den Vorstellungen von Bund, Landesregierung und German LNG Terminal verläuft, könnte im Jahr 2022 das erste Flüssiggas durch den Terminal fließen.

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