Die AfD-Außenpolitik: Zwischen Friedensdiktion und Machtprojektion
von Hasan Posdnjakow
In den Medien wie auch in der eigenen Kommunikation hebt sich die AfD vor allem mit ihrer Asyl- und Migrationspolitik hervor. Ein weiteres Politikfeld, das inhaltlich eigentlich eng mit diesem verknüpft ist, wird jedoch kaum beachtet: Die Außenpolitik. Erst die desaströse Außenpolitik und Außenwirtschaftspolitik der westlichen Staaten verursachte die gewaltigen Migrationsbewegungen, die weite Teile Afrikas und des Nahen Ostens erfasst haben.
Wenn die Außenpolitik der AfD überhaupt Beachtung finden, wird sie meist auf eine angebliche Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin reduziert. Es soll der Eindruck entstehen, es handle sich bei der AfD um eine "kremlgelenkte" Partei, wie es im NATO-Neusprech heißt. Dabei ist die Partei selbst mitverantwortlich für die verworrene öffentliche Wahrnehmung, räumt sie doch diesem Thema - unbewusst oder bewusst (?) - nur eine untergeordnete Priorität in ihrer Pressearbeit ein.
Als eine relativ neue Oppositionspartei, die zudem keine Regierungsverantwortung trägt, kann die AfD nicht anhand ihrer Taten, sondern nur auf der Grundlage ihrer eigenen Programmatik sowie nunmehr auch des (Abstimmungs-)Verhaltens ihrer Abgeordneten gemessen werden.
Die zweifellos rechtsnationale Partei führt in ihren zentralen Dokumenten, wie dem Grundsatzprogramm und dem Wahlprogramm, ihre außen- und militärpolitischen Positionen auf. Dort finden sich zwei unterschiedliche, geradezu gegenläufige Ansätze.
Einerseits erhebt die AfD Forderungen, die für eine friedliche Außenpolitik sprechen sollten. So lehnt sie etwa die Einmischungen in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ab. Zudem fordert sie, dass NATO-Einsätze grundsätzlich "unter einem UN-Mandat" stattfinden sollen, und zwar "nur, wenn deutsche Sicherheitsinteressen berücksichtigt werden." Weiter fordert die Partei den Abzug aller Atombomben aus Deutschland. Die AfD plädiert dafür, "Konflikte in Europa friedlich zu regeln" und setzt sich für eine Wiederannäherung an Russland ein.
Im Wahlprogramm für die Bundestagswahlen 2017 schreibt sie:
Die AfD bekennt sich zu den Werten der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts."
Diesen grundsätzlich positiven Aussagen stehen allerdings andere programmatische Punkte entgegen, die erstere mindestens relativieren. Im Grundsatzprogramm spricht die AfD sich für eine "Gesamtstrategie" zur Außen- und Sicherheitspolitik aus, die die "nationalen Interessen und das Wohl des deutschen Volkes" berücksichtigen müsse. Das Problem ist: Wer definiert die nationalen Interessen? Wie werden sie definiert? Die Partei stellt zudem auch die NATO-Mitgliedschaft Deutschlands keineswegs in Frage:
Die Mitgliedschaft (in) der NATO entspricht den außen- und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands, soweit sich die NATO auf ihre Aufgabe als Verteidigungsbündnis beschränkt."
Eine wichtige und stets wiederkehrende Komponente der AfD-Außen- und Militärpolitik ist die Forderung, die Bundeswehr zu stärken und die Rüstungsausgaben zu erhöhen. Ganz im Gegensatz zu den Forderungen der Friedensbewegung, u.a. den Wehretat nicht weiter zu erhöhen, spricht sich die AfD dafür aus, "die militärischen Fähigkeiten der deutschen Streitkräfte wiederherzustellen." Dabei solle die Bundeswehr auch weiterhin nicht alleine auf die Landesverteidigung ausgerichtet sein: Die Bundeswehr müsse auch "in erforderlichem Maß zur Bündnisverteidigung und Krisenvorsorge" bereit sein. Die Aufrüstung der Bundeswehr sei wichtig, damit Deutschland von den anderen NATO- und EU-Staaten sowie den anderen global agierenden Mächten "als gleichberechtigter Partner" wahrgenommen werde.
Rüdiger Lucassen, verteidigungspolitischer Sprecher der AfD, kritisierte die geplanten Erhöhungen des Wehretats als nicht ausreichend:
Der wichtigste Auftrag der Bundeswehr, die Landes- und Bündnisverteidigung, kann damit nicht erfüllt werden. Die Steigerungsrate bis 2022 nimmt sogar ab. So wird die Bundesregierung ihre NATO-Zusage von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes niemals einhalten können."
Die Partei hält fest, dass es eine "wichtige Aufgabe deutscher Außen- und Sicherheitspolitik" sei, die Verpflichtungen gegenüber den anderen NATO-Staaten zu erfüllen. Damit ist unter anderem gemeint, das von der NATO vorgegebene Ziel, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Militärausgaben zu verwenden, zu erfüllen. Eine weitere Forderung der AfD lautet, die NATO so zu reformieren, "dass sie die Sicherheit in Europa und an seiner Peripherie gewährleisten" kann.
Die anvisierte engere Militärkooperation innerhalb der EU lehnt die AfD nicht grundsätzlich ab:
Die militärische Zusammenarbeit in der EU muss in der Tat gestärkt werden, vor allem an den EU-Außengrenzen, aber nicht in immer neuen Strukturen", erklärte der AfD-Abgeordnter Siegbert Droese Ende Juni.
Vor den Bundestagswahlen im letzten Jahr formulierte die Partei unverhohlen explizit:
Die AfD fordert den diskriminierungsfreien Zugang zu ausländischen Import- und Exportmärkten für deutsche Unternehmen. Dazu gehören auch der Zugang zu Rohstoffen und die Freiheit der Handelswege."
Die Passage erinnert an die Formulierungen im Weißbuch der Bundeswehr, wo ähnliches festgehalten wird. Schon im Jahr 1992 bekräftigte die damalige Bundesregierung in den "Verteidigungspolitischen Richtlinien", dass zu den "legitimen nationalen Interessen" Deutschlands auch die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels“ und der ungehinderte Zugang "zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt" gehören.
Das Abstimmungsverhalten der AfD-Fraktion im Bundestag spiegelt diese Widersprüchlichkeit: Zwar lehnte die Partei viele Auslandseinsätze der Bundeswehr ab, dennoch stimmten die AfD-Abgeordneten für die Bundeswehr-Mission vor Somalia sowie für die Einsätze im Mittelmeer.
Insgesamt wäre es daher falsch, die AfD als Friedenspartei zu sehen. Sie strebt keinen Bruch mit den etablierten militaristischen Machtstrukturen an. Kann es etwa einen dauerhaften Frieden geben, wenn man nicht bereit ist, mit dem Kriegstreiberbündnis NATO zu brechen? Alarmierend ist erst recht die AfD-Forderung, die Rüstungsausgaben sogar noch mehr als von der Bundesregierung angekündigt zu erhöhen. Schon bei einer Anhebung auf zwei Prozent des BIPs würde allein Deutschland bereits mehr ausgeben als Russland. Hinzu kämen noch alle andere NATO-Staaten, allen voran die Vereinigten Staaten. Hinter den wohlklingenden Äußerungen der AfD verstecken sich dieselben geostrategischen Machtprojektionen, die auch die etablierten bürgerlichen Parteien befürworten.
Übereinstimmend mit den anderen bürgerlichen Parteien strebt die AfD an, die militärische und wirtschaftliche Macht Deutschlands für ominöse "nationale Interessen" einzusetzen. Dabei kann es wohl definitiv nicht im Interesse der absoluten Mehrheit des deutschen Volkes sein, Dutzende von Milliarden von Euro für eine - wie von den etablierten Parteien behauptete, aber letztlich halluzinierte - Bedrohung seitens Russlands auszugeben. Oder, wie von der AfD gefordert, für die "Landesverteidigung". Haben wir etwa eine Invasion Luxemburgs, angeführt von "Ischias"-Juncker, zu befürchten? Oder sollen uns neuerdings mal die Niederländer angreifen, die keine eigenen Panzer mehr haben, sondern stattdessen bei pressierender Notlage die Bundeswehr-Panzer benutzen würden?
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