Cowboy-Botschafter Grenell lädt nach: "Im Krieg müssen Diplomaten hart sein"
Der neue US-Botschafter in Deutschland Richard Grenell hat seine Forderung, deutsche Unternehmen sollten ihre Geschäfte im Iran "sofort runterfahren", verteidigt. Er habe "einen anderen Stil", erklärte Grenell am Freitag den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die Diplomatie, die im Gruppendenken verhaftet ist, hat großen Schaden angerichtet: Nordkorea ist auf dem Weg zur Atommacht - und in Syrien findet seit Jahren ein Völkermord statt. Ich bin gegen Gruppendenken in der Diplomatie.
Grenell kritisiert "Gruppendenken"
Sollte Grenell, der am Dienstag offiziell sein Amt in Berlin antrat, sich mit seiner Verurteilung des "Gruppendenkens" auf die üblichen diplomatischen Gepflogenheiten beziehen, könnte der Bundesregierung noch einiges an Ärger ins Haus stehen. Nach dem Ausstieg seines Chefs Donald Trump aus dem Iranabkommen verlor Grenell nach Amtsantritt nur einige Stunden, um wenig diplomatisch ins erste Fettnäpfchen zu treten.
Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter forderte Grenell von deutschen Unternehmen, ihre Aktivitäten im Iran "sofort herunterzufahren“. Beobachter deuten diese unverblümte Ansage bereits als klaren Hinweis darauf, welches Verständnis die US-Administration von der "Freundschaft" zu Deutschland hat.
As @realDonaldTrump said, US sanctions will target critical sectors of Iran’s economy. German companies doing business in Iran should wind down operations immediately.
— Richard Grenell (@RichardGrenell) 8. Mai 2018
"Um Krieg zu vermeiden, muss man hart sein"
Am Freitag machte der 51-Jährige Grenell nun deutlich, aus welchem Holz er geschnitzt ist. Dabei scheut er nicht davor zurück, die Bemühungen zum Erhalt des Atomabkommens mit dem Iran indirekt als Pfad in den Krieg zu bezeichnen.
Wenn man Krieg vermeiden will, verfügt man besser über Diplomaten, die bereit sind, hart zu sein.
Diplomat zu sein, bedeute für ihn, "Klartext" zu sprechen - gerade gegenüber Freunden. Auf die Frage, was mit deutschen Firmen geschehen solle, die weiter Geschäfte mit dem Iran machen, sagte Grenell:
Diese Frage muss die deutsche Regierung beantworten, nicht wir.
Er betonte, Amerika sei sich mit Deutschland, Frankreich und Großbritannien einig, dass der Iran ein Problem darstelle. Das
Atomabkommen sei "viel zu schwach", sagte Grenell weiter.
Nach Grenells Aufforderung an die deutsche Unternehmerschaft reagierten deutsche Diplomaten und Berlin empört. Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger hatte Grenell geraten, die Politik seines Landes zu erklären, aber niemals dem Gastland zu sagen, was es zu tun habe.
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Ischinger: "Deutsche wehren sich gegen Instruktionen"
Die Deutschen hören bereitwillig zu, wehren sich aber gegen Instruktionen", zeigte sich Ischinger überzeugt und verwies dabei auf seine lange Karriere als Diplomat.
Von 2001 bis 2006 war Ischinger deutscher Botschafter in Washington.
Der deutsche Außenminister und überzeugte Transatlantiker Heiko Maas (SPD) wollte die Äußerung Grenells nicht kommentieren, auch das Sprachrohr der Bundesregierung Steffen Seibert hielt sich bedeckt, was den Schluss zulässt, dass Bundeskanzlerin Merkel "Klartext" gegenüber den direkten "Instruktionen" des US-Botschafters vermeiden möchte.
Quer durch die Reihen von SPD, CDU und FDP sorgte der Tweet des neuen US-Botschafters für Kopfschütteln. So erklärte SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich:
Entgegen der Gepflogenheit, zuerst einmal im Gastland anzukommen, mit deutschen Entscheidungsträgern vertrauliche Gespräche zu führen und unsere Haltung zu verstehen, kopiert Grenell seinen Förderer im Kleinen.
Mützenich zeigte sich des Weiteren überzeugt davon, dass Deutschland und die EU Unternehmen, die im Iran Geschäfte tätigten, "Hilfe und Schutz" zukommen lassen werden:
Deutschland und die Europäische Union werden gemeinsam alles dafür tun, um die Vereinbarung mit Iran zu erhalten und zu stärken. Firmen, die auf dieser Grundlage eine Zusammenarbeit mit iranischen Partnern haben oder suchen, muss Hilfe und Schutz zuteil werden.
Auch über die deutschen Grenzen hinaus sorgte der Grenell-Tweet für Irritationen. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn meinte dazu:
Eine Zumutung, dieser Tweet!
Linke fordern Einbestellung des neuen US-Botschafters
Der deutschen Wirtschaft "einfach mal so Anweisungen geben, so kann man doch miteinander unter Verbündeten nicht umgehen". Offensichtlich kann man das doch, denn bislang zeitigten die Aussagen Grenells keinerlei konkrete Konsequenzen seitens der Bundesregierung. Eine Einbestellung des US-Botschafters etwa steht nicht im Raum. Dies hatte zuletzt die Linke gefordert.
Die Bundesregierung muss entschlossen auf die Drohungen des US-Botschafters in Deutschland, Richard Grenell, gegenüber deutschen Unternehmen, die im Iran aktiv sind, reagieren. Der Brandstifter im Weißen Haus beugt mit seinen Sanktionen gegen Unternehmen internationales Recht. Der Botschafter ist umgehend einzubestellen, um ihm die internationale Rechtsordnung zu erklären", sagte der stellvertretende Linksfraktionschef Fabio De Masi.
Schon vor Ernennung zum Botschafter äußert sich Grenell fragwürdig
Auch wenn Fingerspitzengefühl seine Sache nicht ist, blickt der US-Chefdiplomat und frühere PR-Berater bereits auf eine langjährige Karriere auf dem diplomatischen Parkett zurück: Von 2001 bis 2008 war er Sprecher der US-Vertretung bei den Vereinten Nationen. John Bolton, für den er in dieser Position unter anderem tätig war und der als Grenells Mentor gilt, ist heute Trumps Berater für Nationale Sicherheit. Als Kommentator für den Sender Fox News fiel Grenell immer wieder als leidenschaftlicher Verteidiger von Trumps Außenpolitik auf.
Schon vor seiner Ankunft als Botschafter in Berlin fiel Grenell per Twitter zur deutschen Außenpolitik mit fragwürdigen Äußerungen auf. Im Januar forderte Grenell:
Deutschland muss Europa dabei anführen, gegen die Menschenrechtsverletzungen des Iran vorzugehen.
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Am 13. April, kurz nach dem Militärschlag der USA, Großbritanniens und Frankreichs als Vergeltung für einen unbewiesenen Giftgasangriff in Syrien, gab er dann zu Protokoll:
Französische und britische Streitkräfte schließen sich den USA beim Schlag gegen Syrien für einen abscheulichen Chemiewaffeneinsatz gegen Zivilisten an. Deutschland hätte sich der P3-Gruppe auch anschließen sollen.
P3 steht für "Permanent 3" (Ständige 3) - die drei ständigen westlichen Mitglieder des UN-Sicherheitsrat: USA, Großbritannien, Frankreich. Deutschland hatte sich der Vorverurteilung der syrischen Regierung angeschlossen, Militärschläge aber ausgeschlossen.
Altmaier: "Können deutsche Unternehmen juristisch nicht schützen"
Was die anti-iranischen US-Sanktionen nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen anbelangt, erklärte Bundeskanzlerin Merkel:
Wir werden diesem Abkommen verpflichtet bleiben und alles daransetzen, dass auch der Iran seine Verpflichtungen einhält.
Doch was den "Schutz" der geschäftlichen Interessen deutscher Unternehmen im Iran anbelangt, scheint es zumindest nach aktueller Ansicht Berlins wenig Spielraum zu geben. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier warnte am Freitag vor überstürzten Gegenmaßnahmen zum Schutz der deutschen Wirtschaft.
Wir haben juristisch keine Möglichkeit, deutsche Unternehmen gegen Entscheidungen der amerikanischen Regierung zu schützen oder sie davon auszunehmen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnte derweil ebenfalls, allerdings davor, dass der Aufschwung im deutsch-iranischen Geschäft der vergangenen Jahre nun ein abruptes Ende finden könnte. Nach DIHK-Angaben hatte der Handel mit dem Iran seit 2015 um 42 Prozent zugelegt.
Der Maschinenbauerverband VDMA erklärte, solange die EU ihre Sanktionen nicht wieder aktiviere, sei ein legales Iran-Geschäft für die deutsche Wirtschaft grundsätzlich weiterhin möglich.
US-Regierung: Sanktionen gelten "ab sofort"
Nach Angaben der US-Regierung gelten die Sanktionen nach dem Ausstieg aus dem Atomabkommen "ab sofort" für alle Neuverträge. Ausländische Firmen, die bereits im Iran tätig seien, hätten demnach drei bis sechs Monate Zeit, um den Iran zu verlassen. Ansonsten, so die Drohung, werde ihnen der Zugang zum US-Markt verwehrt.
Der neue Koordinator der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen, Peter Beyer, begrüßte am Dienstag, dass es nun wieder einen US-Botschafter in Deutschland gibt.
Gerade in Zeiten, in denen die deutsch-amerikanischen Beziehungen vielfältig herausgefordert sind, ist es wichtig, den höchstrangigen Vertreter unseres engsten Partners außerhalb von Europa wieder als Ansprechpartner im eigenen Land zu haben.
Beyer ergänzte, er hoffe darauf, dass das Verhältnis "von großer gegenseitiger Offenheit" geprägt sein werde.
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