Skripal und die Fake-News-Phalanx: Die OPCW und das große Zurückrudern der Leitmedien
Nachdem es in den letzten Tagen in den Leitmedien vergleichsweise still um die Skripal-Affäre geworden war, war vielen von ihnen heute eine Erklärung der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) eine Eilmeldung wert.
So titelte Zeit Online: "OPCW bestätigt russische Herkunft des Giftes". Die Frankfurter Rundschau formulierte kurz und knapp: "Bestätigt: Das Gift kam aus Russland". Auch laut Spiegel Online habe die OPCW "festgestellt, dass der frühere Doppelagent Skripal mit einem Gift russischer Herkunft attackiert wurde".
Ebenso wusste die FAZ zu berichten, dass das Nervengift "laut Fachleuten von OPCW aus Russland" stamme. Auch die Süddeutsche Zeitung sah die "russische Herkunft des Giftes im Fall Skripal" bestätigt. Gleiches gilt für die Deutsche Welle: "OPCW bestätigt im Fall Skripal: Das Gift kam aus Russland".
Auch die Zeitungen des Springer-Verlags sprachen in ihrer Berichterstattung von einer russischen Herkunft. So machte die Welt mit der Überschrift auf: "Vier Labore bestätigen russische Herkunft von Gift im Skripal-Fall". Die Bild titelte gar: "Es war ein Russen-Gift".
Doch entgegen den fast wortgleichen Mainstream-Meldungen hat die OPCW in ihrem für die Öffentlichkeit bestimmten Bericht weder eine "russische Herkunft" bestätigt noch den Namen des Giftes erwähnt. In dem Bericht heißt es lediglich, die britischen Untersuchungsergebnisse seien "in Bezug auf die Identität der toxischen Chemikalie bestätigt" worden.
Manche Medien schafften es sogar, trotz der in den Schlagzeilen beschworenen "russischen Herkunft" im Artikel die dieser Einschätzung widersprechende Information unterzubringen, wonach die OPCW "allerdings keinen mutmaßlichen Urheber der Attacke und auch nicht die benutzte Substanz" nannte (Spiegel Online).
Angesichts dessen stellt sich die Frage, wie solche Schlagzeilen überhaupt zustande kommen konnten. Will man keine antirussische Boshaftigkeit unterstellen, liegt der Verdacht nahe, dass die Verfasser der jeweiligen Artikel den OPCW-Bericht gar nicht gelesen und ungeprüft Agenturmeldungen übernommen haben.
Das große Zurückrudern setzt ein
Nachdem RT Deutsch verschiedene Medien per Twitter auf ihre Falschberichterstattung aufmerksam gemacht hatte, setzte das große Zurückrudern ein. So löschte die FAZ ihren Original-Tweet und veröffentlichte einen "Korrektur-Tweet". Auch der Deutschlandfunk korrigierte sich. Hieß es zunächst in einem Tweet, die OPCW habe "bestätigt, dass das im Fall Skripal verwendete Gift russischer Herkunft ist", wurde daraus später korrekterweise: "Der frühere russische Agent Skripal ist in Großbritannien einer toxischen Chemikalie ausgesetzt worden."
Auch n-tv sah sich zu einer Korrektur gezwungen und gestand dabei ein, eine Agenturmeldung ungeprüft verbreitet zu haben. So heißt es nun am Ende des Artikels:
In einer früheren Fassung des Artikels haben wir anhand einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP verbreitet, die OPCW hätte die 'russische Herkunft' des Gifts bestätigt. Tatsächlich bestätigen die Experten, dass es sich um Nowitschok handelt, das in Russland erfunden wurde. Woher das eingesetzte Gift stammt und wer es verwendet hat, ist weiter offen.
Doch auch diese Korrektur ist fehlerhaft. Denn Nowitschok wurde nicht in Russland erfunden, sondern in der Sowjetunion. Produktionsstätten des Nervengiftes befanden sich daher auch außerhalb Russlands. Die größte von ihnen gab es laut einem Bericht der New York Times von 1999 in Usbekistan - die Anlage wurde von den USA abgewickelt.
Die FAZ ist immerhin in der Lage, zwischen Russland und der Sowjetunion zu unterscheiden. In einer Anmerkung der Redaktion heißt es:
In einer vorherigen Version dieses Artikels wurde fälschlicherweise erklärt, dass das Nervengift Nowitschok nach Ansicht der OPCW aus Russland stamme. Die OPCW hat jedoch lediglich die Ergebnisse britischer Untersuchungen bestätigt, wonach es sich bei dem Gift auf jeden Fall um Nowitschok handelt – was in der ehemaligen Sowjetunion hergestellt wurde. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.
Lüge des britischen Außenministers bleibt unwidersprochen stehen
Bemerkenswert ist zudem, dass die nachweisliche falsche Aussage des britischen Außenministers Boris Johnson in vielen der genannten - auch der mittlerweile korrigierten - Artikel affirmativ aufgegriffen wurde und unwidersprochen stehen bleibt. Johnson sagte:
Es kann keinen Zweifel daran geben, was benutzt wurde und es verbleibt keine alternative Erklärung darüber, wer dafür verantwortlich ist - nur Russland hat die Möglichkeiten, Motive und die Vorgeschichte.
Russland hat unter Aufsicht der OPCW sämtliche Chemiewaffenbestände vernichtet. Wenn die britische Regierung behauptet, Moskau sei weiterhin im Besitz von Nowitschok, so ist sie allein in der Bringschuld und muss dafür entsprechende Beweise vorlegen.
Fest steht bislang nur, dass die Briten selbst gegenwärtig im Besitz von Nowitschok sind. Das hat Johnson höchstpersönlich in einem Interview mit der Deutschen Welle eingestanden. Was ihn allerdings nicht davon abhält, an der nachweislich wahrheitswidrigen Aussage festzuhalten, nur Russland könne im Besitz von Nowitschok sein.
Und auch deutsche Leitmedien hält es nicht davon ab, sich Johnsons Falschaussage zu eigen zu machen. So lautet nunmehr der Titel des mittlerweile korrigierten FAZ-Artikels zur OPCW-Erklärung: "Nur Russland hat die Mittel, ein Motiv und die Erfahrung". Kaum der antirussischen Stimmungsmache mittels einer Fake-Schlagzeile überführt, hat das Blatt auf diese Weise einen Dreh gefunden, um in der neu formulierten Überschrift dann doch noch Russland haftbar machen zu können.
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