Programmbeschwerde gegen ARD: "Liebedienerische Hofberichterstattung" über Israel-Reise von Maas
RT Deutsch dokumentiert die Programmbeschwerde, die sich im Archiv der Ständigen Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien befindet, im Wortlaut:
Sehr geehrte Rundfunkräte,
wie immer kam ARD-aktuell in beiden Beiträgen über ihre selbstgewählte Rolle als ausgelagerte Dienststelle des Bundespresseamtes und konformistische Nachbeterin regierungsamtlicher Verlautbarungen nicht hinaus und blieb bei ihrem Standard: Mikrofon einschalten, journalistische Professionalität abschalten.
Der Tenor der Beiträge:
Bei seinem Antrittsbesuch in Israel geht es Außenminister Maas vor allem um die Verbesserung des deutsch-israelischen Verhältnisses. Das kommt bei den Gastgebern gut an - trotz leiser Kritik an der israelischen Politik."
Kein Hinweis darauf, dass dem Betrachter eine billige Inszenierung und misslungene Selbstdarstellung des Außenministerdarstellers Maas geboten wurde. Wie immer spulte die Gniffke-Qualitätstruppe eine kritik- und distanzlose Nummer im Sinne der Merkel-Regierung ab.
Es liegt auch hier ein Verstoß gegen die Programmrichtlinien des Rundfunkstaatsvertrages vor. Darin wird "umfassende und objektive Informationen" verlangt, die den "Rundfunkteilnehmer in die Lage versetzen soll, sich eine eigene Meinung zu bilden".
NDR-Info hat vorgeführt, wie eine gut gemachte Nachricht über den Maas-Besuch aussieht. In einem Beitrag vom 25.3.2018 wusste NDR-info unter der Ägide des Direktors Joachim Knuth den Zuhörern Wichtiges und Richtiges mitzuteilen:
Vermittlung von Maas' Haltung wirkte inszeniert
Wenn er zum Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus aufrief, nahm man ihm das ab. Allerdings bekam man als Beobachter auch den Eindruck, dass der neue Außenminister die Vermittlung seiner Haltung zu Israel regelrecht inszenierte.
Zahlreich angereiste Vertreter verschiedener Medien des Springer-Verlages bekamen exklusiveren Zugang als andere Journalisten - und Maas lud auch die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, dazu ein, ihn in die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem zu begleiten. Die 85-Jährige flog am nächsten Tag zurück. Maas ist sich der deutschen Verantwortung bewusst und ein Freund Israels. Diese Botschaft sollte offenbar bleiben vom Antrittsbesuch. Aber wäre eine solche Inszenierung dafür wirklich nötig gewesen?
Unsicherer Umgang mit der Tagespolitik
So sicher Maas im Umgang mit der deutschen Verantwortung wirkte, so unsicher war er im Umgang mit der Tagespolitik in der Region. Auch für einen Antrittsbesuch wirkte der Minister schlecht vorbereitet. Er sprach von Israelis, wenn er Palästinenser meinte, ging mit der Verwendung des Begriffs Zwei-Staaten-Lösung sehr sparsam um - und er blieb vage und äußerst zurückhaltend, wenn es um die tiefen politischen Differenzen ging, die es derzeit zwischen Berlin und Jerusalem gibt.
Außenminister konterkariert die Linie der Regierung
Man sei sich einig uneinig zu sein - so beschrieb Angela Merkel vor Jahren den Streit um den israelischen Siedlungsbau in den besetzten palästinensischen Gebieten. Maas formulierte nun noch zurückhaltender und sprach mehrfach - auch am Randes des Treffens mit Israels Premier Netanjahu - von unterschiedlichen Auffassungen.
Mit derart entschärfter Rhetorik konterkariert der Außenminister die politische Linie der Bundesregierung. Die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete und der fortwährende Siedlungsbau sind völkerrechtswidrig. Wenn man hier nur lahm von unterschiedlichen Auffassungen spricht, ist das selbst für einen Chefdiplomaten unzulässig verharmlosend."
Der Vergleich mit diesem Text von NDR-Info, zeigt die peinlich regierungsfromme Nachrichtengestaltung der Gniffke-Truppe, zeigt, was den Unterschied zwischen ordentlichem NDR-Info Nachrichtenjournalisten und den Schmocks von ARD-aktuell ausmachtt.
Die in Tagesschau und Tagesthemen vollkommen unberücksichtigt gebliebene "Nachricht in der Nachricht" war insbesondere, dass Maas sich mit seinen devoten Erklärungen in Jerusalem in deutlichen Widerspruch zum erst wenige Wochen alten Koalitionsvertrag gesetzt hat. Dort heißt es:
Deutschland wird sich weiter für eine Lösung des Nahostkonflikts auf Basis einer Zweistaaten-Lösung einsetzen. Der Status von Jerusalem wird genauso wie andere beschließende Statusthemen erst im Zuge von Verhandlungen geklärt werden, um dauerhaft akzeptiert und haltbar zu sein. Die aktuelle Siedlungspolitik Israels widerspricht geltendem Völkerrecht und findet nicht unsere Unterstützung, weil sie eine Zweistaaten-Lösung erschwert."
Das anzusprechen wäre Journalismus gewesen. Geboten wurde stattdessen liebedienerische Hofberichterstattung, dem Politikstil des Außenministers absolut angemessen.
Mit freundlichen Grüßen
F. Klinkhammer, V. Bräutigam
Hinweis der Redaktion: Die Programmbeschwerde bezieht sich auf diesen und diesen Beitrag.
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