Deutschland

28 Jahre nach Wiedervereinigung: Kein einziger Minister aus neuen Bundesländern im Merkel-Kabinett

Fast drei Jahrzehnte nach der deutschen Einheit gibt es immer noch Unterschiede zwischen Ost und West - vor allem bei der Arbeitslosenzahl und der Wirtschaftskraft. Die Politik will sich den "Herausforderungen" in Ostdeutschland mehr widmen. Aber ohne einen Minister aus dem Osten?
28 Jahre nach Wiedervereinigung: Kein einziger Minister aus neuen Bundesländern im Merkel-Kabinett Quelle: Reuters

Die Namensliste ist noch nicht endgültig, aber alles deutet daraufhin, dass in der neuen Großen Koalition kein Politiker aus den so genannten neuen Bundesländern einen Ministerposten beziehen wird. Kritik kommt von allen Seiten. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die etablierten Parteien stets im Wahlkampf appellierten, die Menschen im Osten des Landes mehr mitnehmen zu müssen. Der Aufstieg von Pegida, der Erfolg der AfD bei den Landtagswahlen in den ostdeutschen Ländern sowie ihr Ergebnis bei der Bundestagswahl zwangen die "Volksparteien" zum Handeln. So steht auch im jüngst verkündeten Koalitionsvertrag: "Wir arbeiten für Stabilität und Zusammenhalt, für Erneuerung und Sicherheit und für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in unserem Land. Die besonderen Herausforderungen in Ostdeutschland erkennen wir als gesamtdeutschen Auftrag an."

Bedürfnisse in Ost und West unterscheiden sich auch nach fast drei Jahrzehnten 

Aber auf der Liste potenzieller Minister taucht bis jetzt kein Name eines Politikers aus der DDR auf. "Ein Ostdeutscher oder eine Ostdeutsche muss im Kabinett vertreten sein", forderte Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch von der sächsischen CDU kam Kritik an der möglichen Ministerbesetzung. So sagte der Landtagsabgeordnete Marko Schiemann, dass kein Minister aus den neuen Bundesländern käme, sei für ihn ein "verheerendes Signal". Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sagte dagegen, er könne sich an keinen Koalitionsvertrag erinnern, der "mehr auf ostdeutsche Interessen" abzielte. Aus seiner Sicht sei Ostdeutschland schon durch die Bundeskanzlerin prominent vertreten.

Laut Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) unterschieden sich nach fast drei Jahrzehnten Deutscher Einheit weiterhin die Interessen und Bedürfnisse in Ost und West. "Vor diesem Hintergrund ist es auffällig und bedauerlich, dass bis dato kein Politiker aus dem Osten im neuen Kabinett vertreten ist, zumal dort fast alle Regionen Deutschlands abgebildet sind."

Der Osten braucht eine starke Stimme im Kabinett

Der thüringische SPD-Politiker Steffen-Claudio Lemme übte gegenüber n-tv.de scharfe Kritik über das Fehlen ostdeutscher Politiker in der neuen Konstellation: "Der Osten muss unbedingt auch personell in einer neuen Bundesregierung berücksichtigt werden. Es gibt dort andere Fragestellungen und Herausforderungen, die man als im Westen geborener Mensch nicht so gut beurteilen kann", sagt er. "Man kann die regionale Identität des Ostens nur verkörpern, wenn das entsprechende Personal an den politischen Schaltstellen tätig werden kann."

Aus der Sicht von Manuela Schwesig sei es auch wichtig, dass es wieder die Position eines Ostbeauftragten gebe. Der Osten brauche Verlässlichkeit und eine starke Stimme im Kabinett, die sich kompetent und konsequent für Innovationen, Forschung und Entwicklung in Ostdeutschland stark mache, sagte auch die derzeitige Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke. "Wir brauchen ein effektives gesamtdeutsches Fördersystem, es muss etwas getan werden für die strukturschwachen Regionen in Ost und West", so Gleicke.

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(rt deutsch/dpa)

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