
Klöckner: Bundestag noch nicht eingebunkert genug

Der schon im Jahr 2018 beschlossene Burggraben rund um das Reichstagsgebäude ist noch in Arbeit, da will Bundestagspräsidentin Julia Klöckner den Bundestag noch "besser schützen". Die CDU-Politikerin, die bei einer Neuauszählung wahrscheinlich keine Abgeordnete mehr wäre, äußerte in einem Interview mit der Welt am Sonntag weitreichende Wünsche für eine weitere Abschottung.
Sie würde gern "auf nachrichtendienstliche Informationen zu Personen zugreifen"; nicht nur bezogen auf Mitarbeiter von Abgeordneten, sondern auch bezogen auf Besucher. Die Bundestagspolizei, so ihre Überzeugung, müsse wissen, "wenn jemand als Gefährder eingestuft oder bereits in verfassungsgefährdender Weise auffällig geworden" sei. Dieses "auffällig geworden" deckt eine große Bandbreite von Handlungen ab, die sämtlich unterhalb der Grenze der Strafbarkeit liegen. Nach Klöckners Überzeugung sollen sie jedoch ein hinreichender Grund sein können, einem Wähler den Besuch des Bundestags zu untersagen. Dafür brauche es ein Bundestagspolizeigesetz.

Außerdem fordert sie, dass Mitarbeiter, denen ihre Bundestagsverwaltung einen Hausausweis versagt, auch nicht mehr von den Abgeordneten beschäftigt werden dürften. Dies soll über eine Änderung des Abgeordnetengesetzes erfolgen. Damit fiele die Entscheidungsgewalt über die Beschäftigten faktisch in die Hände der Bundestagsverwaltung, und damit auch in die Hände der jeweiligen Regierungsmehrheit.
Klöckner hat bereits drei Mitarbeitern von AfD-Abgeordneten Hausausweise versagt. In einem dieser Fälle kam es zu einem verwaltungsgerichtlichen Urteil; dabei ging es um Ulrich Oehme, der bis 2021 selbst im Bundestag saß und der nun Mitarbeiter des AfD-Abgeordneten Edgar Naujok ist. Ein Fall, der überhaupt nur deshalb existiert, weil die Regelung, dass auch ehemalige Bundestagsabgeordnete jederzeit Zugang zum Bundestag haben, am 2. März 2023 durch einen Beschluss des Ältestenrats aufgehoben wurde. Auslöser war damals der Rollatorputsch, der sich inzwischen im Gerichtsverfahren weitgehend in Luft aufgelöst hat.
Oehme klagte gegen die Verweigerung des Hausausweises, unterlag aber vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Dieses fand, seine Kontakte nach Russland, unter anderem als Vorsitzender von VADAR e.V. (ein Verein zum Schutz von Russen vor Diskriminierung), seien Grund genug, ihm einen Ausweis zu verwehren. Durch "den Antragsteller und dessen Kontakte zu russischen Stellen" drohten "Risiken für die Belange der Bundesrepublik Deutschland sowie die Funktions- und Arbeitsfähigkeit des Parlaments". Allerdings fällt das Verwaltungsgericht Berlin immer wieder durch eine sehr politische Rechtsprechung auf, wie bei Klagen von Asylbewerbern, die dann oft durch eine höhere Instanz wieder aufgehoben werden. Zudem handelt es sich hier um eine Entscheidung über einen Eilantrag. Ob Oehme weitere rechtliche Schritte unternommen hat, ist nicht bekannt.
Nun will Klöckner den Eingriff in die Rechte der Abgeordneten auch bis in die Wahlkreisbüros ausweiten: "Wenn jemand keinen Hausausweis und damit keinen Zutritt zum Bundestag erhält, sollte er auch nicht für einen Abgeordneten arbeiten dürfen." Klöckner sieht darin kein Demokratieproblem, obwohl sie selbst erwähnt, dass das Vertrauen der Bevölkerung in den Bundestag nur noch bei 20 Prozent liegt: "Wenn die Zuverlässigkeit einer Person nicht positiv beschieden wird, dann ist es nicht zu verstehen, dass sie vom Staat bezahlt wird."
Außerdem soll die Bundespolizei eine Möglichkeit zur Drohnenabwehr um den Bundestag erhalten. Zusammen mit dem ohnehin bereits in Arbeit befindlichen Burggraben wird damit der Bundestag immer festungsähnlicher.
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