Deutschland

"Dynamisches Insolvenzgeschehen": Knapp 24.000 deutsche Firmenpleiten im Jahr 2025

Die Zahl der Insolvenzen in der deutschen Wirtschaft entwickelt sich weiterhin dramatisch. Daraus folgen hohe finanzielle Schäden bei Gläubigern und der Verlust hunderttausender Arbeitsplätze. Vor allem kleine, mittelständische Unternehmen in den Bereichen Dienstleistung, Handel und verarbeitetendes Gewerbe sind betroffen.
"Dynamisches Insolvenzgeschehen": Knapp 24.000 deutsche Firmenpleiten im Jahr 2025Quelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Rupert Oberhäuser

Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland ist 2025 auf den höchsten Stand seit elf Jahren angestiegen. 23.900 Firmenpleiten meldet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Montag. Das sind 8,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Konkret heißt es in der Analyse: "Die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen belasten zunehmend die Stabilität der Unternehmen."

Zwar ist der Zuwachs bei den Fallzahlen geringer als noch in den vergangenen beiden Jahren – doch 2023 und 2024 schoss das Ausmaß an Pleiten um jeweils fast 23 Prozent nach oben. Daher sieht Creditreform weiterhin ein "dynamisches Insolvenzgeschehen", das sich auch im neuen Jahr weiter fortsetzen, wenn nicht sogar noch zuspitzen dürfte. So erklärt Patrik-Ludwig Hantzsch, der Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform:

"Viele Betriebe sind hoch verschuldet, kommen schwer an neue Kredite und kämpfen mit strukturellen Belastungen wie Energiepreisen oder Regulierung. Das setzt vor allem den Mittelstand unter massiven Druck und bricht vielen Betrieben das Genick."

Die Konsequenzen für die deutsche Volkswirtschaft sind dabei immens. Etwa 57 Milliarden Euro betragen die Forderungsausfälle. Damit liegt der Schaden für Gläubiger wie Banken und Lieferanten nahezu auf dem Niveau des Vorjahres – und damit deutlich über den Werten der letzten 15 Jahre. Merklich überschritten wurde diese Zahl zuletzt 2009 mit damals 78,5 Milliarden Euro – auf dem Höhepunkt der sogenannten "Euro-Krise". 

Die Zahl der bedrohten oder weggefallenen Arbeitsplätze wiederum liegt im laufenden Jahr bei etwa 285.000. Auch dieser Wert reicht ungefähr an das Vorjahresniveau von 291.000 heran, liegt im Vergleich aber über dem langjährigen Durchschnitt. Denn wie im Vorjahr gab es eine höhere Anzahl an Großinsolvenzen, bei denen besonders viele Mitarbeiter betroffen sind. Allen voran ist das der Fall im Klinik- und Pflegebereich, mit zum Beispiel dem Erzgebirgsklinikum im sächsischen Annaberg-Buchholz, der DRK gemeinnützige Krankenhausgesellschaft in Mainz, dem Klinikverbund Pfeiffersche Stiftungen in Magdeburg oder der Argentum Pflege Holding aus Bad Homburg. Dazu kommen bekannte Handelsketten wie die Hammer-Fachmärkte und Kodi oder der Autovermieter Star Car und die Gastro-Kette Sausalitos.

Generell steigen die Zahlen unabhängig von Branche, Umsatzgröße, Mitarbeiterzahl oder Rechtsform der Unternehmen. Doch trifft es die Kleinen am heftigsten: So machen Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern die große Mehrheit bei den Firmenpleiten aus. 2025 lag ihr Anteil bei über 81 Prozent, das entspricht 19.500 Betrieben. Und die Dynamik war dabei erneut überdurchschnittlich.

Mit Fokus auf die Hauptwirtschaftsbereiche wiederum liegt bei der Gesamtsumme wie schon seit vielen Jahren der Dienstleistungssektor vorn. Er steht derzeit für fast zwei Drittel des Insolvenzgeschehens. Die größte Dynamik indes gab es 2025 im Handel und im verarbeitenden Gewerbe mit Steigerungsraten von jeweils über zehn Prozent. Laut einer Studie des Kreditversicherers Allianz Trade hat es in den zwölf Monaten von August 2024 bis August 2025 so viele Pleiten im deutschen Einzelhandel gegeben wie zuletzt 2014/2015. Dazu gehören renommierte Ketten und Marken wie Görtz, Gerry Weber, Wormland, Closed, Herzog&Bräuer oder jüngst die ostdeutsche Billigkette Groschen-Markt.

Die "Corona-Krise" wirkt dabei doppelt nach. Einerseits können viele Mittelständler "Corona-Kredite", die ursprünglich als Überbrückungsleistungen gedacht waren, nun aber vom Staat zurückverlangt werden, nicht zurückzahlen. Andererseits wirken die Ausfälle in Produktion und Umsatz bis heute nach: "Der Einzelhandel kämpft noch immer mit den tiefgreifenden Veränderungen seines Geschäftsmodells, die während der Pandemie begonnen haben", betont Branchenexperte Guillaume Dejean von Allianz Trade.

Auch Creditreform glaubt an die Fortsetzung der Insolvenzwelle. Die deutsche Wirtschaft verliere demnach weiter an Wettbewerbsfähigkeit. Hohe Kosten, Bürokratie und die anhaltende Konjunkturschwäche werden das Insolvenzgeschehen weiter antreiben. Zwar könnten die geplanten Milliarden-Investitionen der Bundesregierung in Infrastruktur und Verteidigung das Wirtschaftswachstum 2026 ankurbeln und damit den Anstieg der Insolvenzen bremsen. Bernd Bütow, der Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei, meint: "Trotzdem sind zusätzliche strukturelle Maßnahmen nötig, etwa eine Entlastung bei den Stromkosten, um die wirtschaftliche Basis wieder zu stabilisieren und den Anstieg zu drosseln."

Ein ebenso negatives Bild zeichnet auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). "Die Krise dauert an und kostet uns tagtäglich Arbeitsplätze, Wertschöpfung und unternehmerisches Potenzial", meint DIHK-Chefanalyst Volker Treier, dessen Pleite-Prognose aus dem Herbst mit 22.000 Fällen im Jahr 2025 nun sogar übertroffen wurde. Er fordert dringend Reformen durch die Politik: Die hohen Belastungen an Steuern und Bürokratie seien ein enormer Standortnachteil. 

Doch nicht alle sehen die massive Insolvenzwelle negativ. Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) fordert zwar ebenfalls Reformen, zumal viele Probleme das Ergebnis jahrzehntelanger Verzögerungen seien, sieht Insolvenzen aber auch als notwendigen Teil des ökonomischen Wandels. "Jede Insolvenz ist zweifellos ein einschneidendes Ereignis für die betroffenen Unternehmen, ihre Beschäftigten und die jeweiligen Regionen", sagt der VID-Vorsitzende Christoph Niering. Er meint weiterhin:

"Doch im größeren wirtschaftlichen Kontext erfüllen Insolvenzen eine zentrale Funktion: Sie setzen wichtige Ressourcen wie Fachkräfte, Kapital und Know-how frei, die innovativen und zukunftsfähigen Geschäftsmodellen zur Verfügung stehen müssen. Nur so kann eine wettbewerbsfähige, nachhaltige Wirtschaft neu entstehen."

Zusammen mit "Top-Ökonom" Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), appelliert Niering, Insolvenzen nicht als Makel zu sehen, sondern als notwendiges Instrument für Erneuerung und wirtschaftliche Dynamik. Wo so eine Entwicklung nach drei Jahren Rezession, Deindustrialisierung und einer jährlichen Abwanderung von 200.000 echten Fachkräften aus Deutschland kommen soll, konnten allerdings weder Niering noch Fratzscher aus ihren Wolkenkuckucksheimen heraus erklären.

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