
Palantir-Managerin traf Merz und Macron beim Digitalgipfel in Berlin
Eine Analyse des RT-Teams
"Warum saß Palantir beim Digitalgipfel am Tisch mit Merz und Macron?", fragte das Online-Portal Zentrum für Digitalrechte und Demokratie in der Vorwoche nicht unberechtigt. Die Webseite Netzpolitik.org (NPO) ergänzt in einem Artikel, dass der Berliner Veranstalter der deutsch-französischen Initiative, die deutsche Bundesregierung, "offenbar nichts davon wusste". Palantir ist ein "auf das Engste mit Militär, Polizei und Geheimdiensten zusammenarbeitendes Überwachungstechnologieunternehmen", warnte der Publizist Norbert Häring bereits vor drei Jahren. Das kontrovers wahrgenommene Unternehmen wurde von dem Milliardär Peter Thiel gegründet.
Im August dieses Jahres informierte das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS), dass auf dem deutsch-französischen Ministerrat beschlossen wurde, den diesjährigen "Digital-Gipfel 2025 mit einem Fokus auf europäischer digitaler Souveränität" in Berlin zu veranstalten. Am 18. November hieß es dann zu der Ankündigung auf der Webseite der Bundesregierung:
"Deutschland und Frankreich setzen mit einem gemeinsamen Gipfel ein Zeichen für mehr digitale Unabhängigkeit. Investitionen in Schlüsseltechnologien und die Stärkung europäischer Lösungen sind der Schlüssel, um im digitalen Raum weniger auf Dritte angewiesen zu sein."

Die Artikel der genannten digitalkritischen Medien werfen ein aufschlussreiches Licht auf die bislang wenig bekannte Rolle einflussreicher Akteure im Hintergrund. Dazu heißt es in dem Netzpolitik-Artikel:
"Beim 'Gipfel zur Europäischen Digitalen Souveränität' saß ausgerechnet eine hochrangige Mitarbeiterin des umstrittenen Unternehmens Palantir mit am Tisch. Laura Rudas war Teil eines sogenannten Round Tables der 'EU AI Champions Initiative'. Allerdings war sie dort nicht als leitende Mitarbeiterin von Palantir gelistet, sondern vertrat offiziell ebenjene Initiative."
Ausschlaggebend für das Bekanntwerden des Skandals ist die Recherche des Zentrums für Digitalrechte und Demokratie. Aufmerksam wurde das Zentrum anscheinend aufgrund eines Gruppenfotos auf der Plattform LinkedIn. Dazu heißt es:
"Das Gruppenfoto [siehe RT-Artikelbild] zeigt die zufriedenen Gäste, die mit ihren Investitionen die digitale Souveränität Europas stärken sollen. Nur ganz rechts steht eine Person, die nicht so recht in diese Erzählung passt: Laura Rudas."
Rudas ist eine ehemalige österreichische SPÖ-Politikerin, die nach ihrem Ausscheiden im Jahr 2015 beim Unternehmen Palantir anheuerte und gegenwärtig als "Executive Vice President" fungiert. Zu weiteren Teilnehmern heißt es im Artikel:
"Emmanuel Macron, Friedrich Merz, Karsten Wildberger [amtierender BMDS-Minister unter Merz]. Dazu die Chefs von SAP, der Deutschen Telekom und Mistral [ein Pariser KI-Startup]. Es liest sich wie ein kleines Who’s Who der deutsch-französischen Digitalwirtschaft."
Für die Gründe, warum die leitende Palantir-Mitarbeiterin ebenfalls vor Ort war und es bis auf das Gruppenfoto schaffte, könnte folgende Erklärung aus dem NPO-Artikel eine Antwort geben:
"Rudas war als Zeugin [im Jahr 2018] für Palantir im Untersuchungsausschuss zu 'HessenData' eingeladen und sagte dort offenbar zur Zufriedenheit der CDU-Fraktion aus."
Nach der Ausschusssitzung war auf der Webseite der hessischen CDU folgende Erklärung zu lesen:
"Wir haben heute als letzte Zeugin im Untersuchungsausschuss Frau Laura Rudas, eine Mitarbeiterin der Firma Palantir, gehört, die noch die letzten Verschwörungstheorien der Opposition ausräumen konnte."
Das hessische Innenministerium informierte zur Causa im Jahr 2023:
"Hessen ist mit hessenDATA, welches im Jahr 2017 zum Schutz vor schwersten Straftaten eingeführt wurde, bundesweiter Vorreiter bei der modernen Verbrechensbekämpfung."
Im August 2022 lautete bereits eine RT DE-Schlagzeile: "Griff nach Berlin: US-Datenkonzern Palantir setzt auf zwei prominente Lobbyisten". Zu dem weiterhin kontrovers diskutierten Einsatz des Palantir-Programms in Deutschland berichtete der Publizist Norbert Häring drei Tage nach der jüngsten Berliner Veranstaltung am 21. November zu den aktuellen Dynamiken:
"Der Landtag von Baden-Württemberg hat mit den Stimmen der CDU und der FDP, den allermeisten der Grünen und den meisten der AfD ein datenschutzrechtlich hochproblematisches 'Palantir-Gesetz' beschlossen. Das 'Gesetz zur Einführung einer automatisierten Datenanalyse und zur Änderung weiterer polizeirechtlicher Vorschriften', das am 12. November mit 113 gegen 22 Stimmen angenommen wurde, ermöglicht der Polizei den Einsatz der Datenauswertungs-Software Gotham von Palantir."
Häring erinnert in dem Zusammenhang an die Aussage des Palantir-Gründers Peter Thiel:
"Ich glaube, dass Freiheit und Demokratie nicht mehr kompatibel sind."
Ein Stern-Artikel zitiert Friedrich Merz nach dem deutsch-französischen Gipfel mit folgender Wahrnehmung:
"'Treiber der digitalen Innovation sind vor allem die Unternehmen', sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bei einer Pressekonferenz zum Gipfel. Daher sei es 'ein besonders positives Zeichen', dass zahlreiche Unternehmen am Gipfel teilgenommen hätten und 'gewichtige Investitionen und Innovationspartnerschaften eingegangen' seien. Merz sprach von insgesamt mehr als 'zwölf Milliarden Euro, die heute vereinbart worden sind an zusätzlichen Investitionen' ‒ machte aber keine näheren Angaben dazu."
Die Tagesschau erklärte am 18. November, dass die Konferenz "als Anlass diente, um Vorzeigeprojekte zu präsentieren". Weiter heißt es:
"Transparente und datenschutzfreundliche Open-Source-Programme mit Textverarbeitung, E-Mail und Kalenderfunktionen für Behörden sollen eine Alternative werden zu den viel benutzten Microsoft-Produkten. Und auf dem Digital-Gipfel wird der Stand der 'digitalen Brieftasche' präsentiert. Eine europaweite Smartphone-App, in der sich bald Personalausweis, Führerschein und Krankenkassenkarte sicher speichern lassen."
Zu dem, je nach Wahrnehmung, wenig bekannten Skandal beziehungsweise den fraglichen Realitäten informiert der Digitalrechte-Artikel darüber, dass die "EU AI Champions Initiative" in Berlin "von der US-amerikanischen Venture-Capital-Firma General Catalyst organisiert" wurde. Dazu lauten weitere Fakten:
"Das Unternehmen investiert weltweit, auch in Rüstungsfirmen. Auf Anfrage bestätigte uns General Catalyst, dass Laura Rudas neben ihrer Palantir-Funktion auch als Beraterin für das Unternehmen tätig ist – laut LinkedIn erst seit diesem Sommer."
Die Europachefin von General Catalyst fungierte wiederum als Moderatorin und Organisatorin in Berlin. Die Teilnahme und Vernetzung von US-Unternehmen auf einem Gipfel, der von sich behauptet, das Ziel zu haben, "europäische digitale Souveränität" auszuloten, sei daher mehr als irritierend und werfe entsprechende Fragen auf:
"Mit welchem Interesse engagiert sich General Catalyst? Warum saß eine Palantir-Managerin an diesem Tisch – unter dem Label europäischer digitaler Souveränität?"
Dazu heißt es weiter zu den bereits existierenden Realitäten in Deutschland:
"Die [Palantir-]Software verarbeitet die sensibelsten personenbezogenen Daten. Die Kontrolle darüber entzieht sich weitgehend demokratischen Institutionen. Bislang gab es kein [sic!] Palantir-Einsatzszenario in Deutschland, das nicht später von Verfassungsgerichten mindestens in Teilen für verfassungswidrig erklärt wurde."
Das Handelsblatt erklärte dazu vier Tage vor dem Berliner KI-Gipfel:
"Im Kern liefert Palantir an Sicherheitsbehörden immer dasselbe Produkt. Das Unternehmen nennt es selbst 'Gotham' – eine Anspielung auf die von Kriminalität und Gewalt beherrschte düstere Stadt 'Gotham City' aus der Kinowelt des Superhelden Batman."
Das bereits in diversen Landesregierungen verabschiedete Palantir-Gesetz erlaubt der Polizei, "Daten von Bürgern an private Unternehmen weiterzugeben und diese Daten zu nutzen, um künstlich intelligente Programme damit zu trainieren", so Norbert Häring. Die Realität lautet, neben der Tatsache, dass alle Daten im Hintergrund auf US-Servern gespeichert werden:
"Das betrifft Opfer und Zeugen von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ebenso wie die Täter."
Aktuell nutzen vier deutsche Bundesländer die Palantir-Software: Bayern (RT DE berichtete), Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.
Die Digitalrechte-Redaktion fragte beim Kanzleramt nach, "ob Merz im Rahmen des Gipfels mit einer Palantir-Vertreterin diskutiert habe". Dazu heißt es:
"Das wurde verneint. Offenbar wurde Rudas' beruflicher Hintergrund nicht transparent kommuniziert."
Mehr zum Thema ‒ Griff nach Berlin: US-Datenkonzern Palantir setzt auf zwei prominente Lobbyisten
RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.


