Vier Jahre danach: Triage-Regelung des Infektionsschutzgesetzes unvereinbar mit Grundgesetz
Von Bernhard Loyen
Geltende Triage-Regelungen des Infektionsschutzgesetzes "sind mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig", so der jüngste Beschluss der Richter des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 2284/23, 1 BvR 2285/23) zu den "Triage-Regelungen des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz − IfSG)". Geklagt hatten Fachärzte aus dem Bereich der Notfall- und Intensivmedizin. Die aktuell gültigen und nun neu bewerteten Vorgaben stammen aus dem Zeitraum der IfSG-Neuerungen vom 16. Dezember 2021. Mit der Neuregelung von § 5c IfSG hatte der Gesetzgeber erstmals ein Verfahren sowie ein Priorisierungskriterium und weitere Kriterien im Falle einer Triage geregelt.
"Corona-Pandemie: Ohne Lockdown droht Triage", so eine exemplarische Zeit-Überschrift aus dem Dezember 2021, dem Zeitpunkt der zweiten Hochphase einer gesellschaftspolitischen Hysterie in der willkürlich deklarierten Corona-Krise seitens der Politik und zuarbeitenden Medien.
Das Wort Triage stammt vom französischen Verb "trier", das "sortieren" oder "aussuchen" bedeutet. Es beschreibt die belastende Situation, in der Ärzte entscheiden müssen, welcher Patient lebenserhaltend weiterbetreut wird und welcher nicht. Im Jahr 2021 intensivierte sich die diesbezügliche Diskussion, angesichts der Situation "vieler schwerstkranker Corona-Patienten in den Krankenhäusern" und der vermeintlich nicht ausreichenden Anzahl von Intensivbetten in Deutschland.
Rückblickend erklärt die aktuelle Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 4. November:
"Mit der Neuregelung von § 5c IfSG hat der Gesetzgeber erstmals ein Verfahren sowie ein (positives) Priorisierungskriterium und zahlreiche nicht anzuwendende Kriterien im Falle einer Triage geregelt. Er hat damit auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Dezember 2021 reagiert. Der Erste Senat hatte darin festgestellt, dass der Gesetzgeber Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) verletzt habe, weil er es unterlassen habe, Vorkehrungen zu treffen, damit niemand wegen einer Behinderung bei der Zuteilung überlebenswichtiger, nicht für alle zur Verfügung stehender intensivmedizinischer Ressourcen benachteiligt werde. Das Gericht hatte den Gesetzgeber verpflichtet, unverzüglich geeignete Vorkehrungen zu treffen."
Dazu heißt es auf der Webseite des Deutschen Bundestags vor drei Jahren, unter federführender Forderungshaltung des damaligen Gesundheitsministers Karl Lauterbach:
"Mit der Mehrheit beinahe aller Stimmen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag am Donnerstag, 10. November 2022, das Infektionsschutzgesetz (IfSG) angepasst, um der sogenannten 'Triage-Entscheidung' des Bundesverfassungsgerichts Rechnung zu tragen."
Zum abgeschlossenen Verfahren samt verkündetem Beschluss heißt es nun, dass sich die Beschwerdeführer gegen die erfolgten "Regelungen des § 5c IfSG wenden" und diese "rügen", da sich die Mediziner "in ihrer Berufsfreiheit verletzt" sehen. Es geht dabei um eine Klage, die bereits Ende 2023 von 18 Intensiv- und Notfallmedizinern eingereicht worden war und vom Ärzteverband Marburger Bund unterstützt wurde.
Im Beschluss wird dazu weiter erläutert:
"Bis zum Inkrafttreten des neuen § 5c IfSG hatte es keine ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen mit Entscheidungskriterien oder -verfahren für eine Triage-Situation gegeben, weder für den Fall einer pandemiebedingten Überlastung des Gesundheitssystems noch für Großschadensereignisse oder den notfallmedizinischen Regelbetrieb."
Bereits im Dezember 2020 schaffte es das "Triage-Thema" bis in die ZDF-Plauderrunde von Markus Lanz. Dazu heißt es in einem Artikel:
"In der ZDF-Talkshow mit Markus Lanz wurde [...] über die Triage diskutiert. Würden sich die Menschen strenger an die Corona-Regeln halten, wenn mehr junge Erkrankte an COVID-19 sterben würden?"
Im April 2021 erklärte dann der unantastbare Karl Lauterbach noch als "SPD-Gesundheitsexperte" zum Thema:
"Auch Macrons Versuch, einen weiteren harten Lockdown zu verhindern, ist gescheitert. In Paris startet die Triage, eine menschliche Tragödie. Wir haben in dieser Woche noch die Chance, das durch ein gutes Gesetz abzuwenden..."
(1) Auch Macrons Versuch, einen weiteren harten Lockdown zu verhindern, ist gescheitert. In Paris startet die Triage, eine menschliche Tragödie. Wir haben in dieser Woche noch die Chance, das durch ein gutes Gesetz abzuwenden. Massnahmen sind klar, aber: https://t.co/5ZEsvD0bEy
— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) April 11, 2021
Der Berliner Tagesspiegel berichtete am 29. Oktober 2021 zur damaligen Haltung der kontrovers wahrgenommenen Ex-Ethikrat-Vorsitzenden Alena Buyx (von 2020 bis 2024) und der generellen Stimmungslage im Land:
"Aus Sicht der Vorsitzenden des Deutschen Ethikrates kann es keine Triage für Ungeimpfte geben. Staatliches 2G aber könnte 'sinnvoll und wichtig sein', so Buyx."
Die dabei geltenden Beschlüsse aus diesem Zeitraum hätten laut aktueller BVerfG-Ansicht in die Berufsfreiheit der Ärzte eingegriffen, die ‒ im Rahmen therapeutischer Verantwortung ‒ auch deren Entscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Heilbehandlung schütze. Dieser Eingriff sei jedoch "verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt". Die nun erfolgte Aktualisierung der Gesetzeslage vom 23. September 2025 erklärt:
"Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Triage-Regelungen des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz − IfSG) wegen fehlender Bundeskompetenz für die konkreten Regelungen für nichtig erklärt [...] Die Verfassungsbeschwerden haben Erfolg [...] Es besteht keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die angegriffenen Regelungen des § 5c IfSG."
Wenig überraschend hat sich der vormalige verantwortliche BMG-Chef Lauterbach auf X zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts noch nicht geäußert. Die ARD-Tagesschau erklärt, dass nun die Bundesländer gefordert wären, "die nach Auffassung des Verfassungsgerichts die Verantwortung für Regelungen dieser Art tragen müssen" und daher verpflichtet sind, eigene Landesregelungen zur Triage auf den Weg zu bringen.
Der BVerfG-Beschluss belegt damit eine weitere Korrektur des willkürlich manipulativen Ausnahmenzustands namens "Corona-Krise", im Rahmen einer weiterhin schleppenden Aufarbeitung dreier dunkler Jahre.
Das Portal Multipolar präsentiert ebenfalls am 4. November einen erkenntnisreichen neuen Beleg für den zurückliegenden Irrsinn unter dem Titel: "Das ist nicht hinnehmbar".
Zwei deutsche Forscher haben laut dem Artikelinterview "auf der Grundlage amtlicher Daten erstmals nachgewiesen, dass in der Corona-Zeit nur jeder siebte positive PCR-Test tatsächlich mit einer Corona-Infektion einherging".
Die Corona-Aufarbeitung nimmt damit gerade erhofften neuen Schwung auf.
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