
Tag der Einheit: Merz ruft zur Verteidigung gegen "Autokratien" auf und wirbt für den Wehrdienst

Am 35. Jahrestag der Deutschen Einheit hielt Friedrich Merz seine erste Festrede zu diesem Anlass als Bundeskanzler. Der Festakt mit vielen verschiedenen Veranstaltungen fand in Anwesenheit des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der höchsten Repräsentanten der Bundesrepublik in Saarbrücken statt. Der Auftritt von Merz dauerte 28 Minuten und wurde mehrfach von Applaus der anwesenden Gäste unterbrochen.
Der Bundeskanzler sprach zunächst die Vorzüge der Deutschen Einheit für Ost und West an, ohne dabei die Augen vor Problemen wie der Nicht-Anerkennung von DDR-Abschlüssen oder der fehlenden Repräsentation der Ostdeutschen in den leitenden Positionen zu verschließen. Insgesamt finde er die Bilanz durchaus positiv, da die Wiedervereinigung dem Land viele kreative Impulse gegeben und es enorm bereichert habe.

Sein Hauptthema waren aber die multiplen Herausforderungen, vor denen Deutschland momentan steht, und die mentale Einstellung der Deutschen dazu. Unsere Nation stehe mitten in einer wichtigen, vielleicht entscheidenden Phase ihrer neueren Geschichte, betonte Merz. Immer wieder rief er seine Landsleute zu "Kraftanstrengungen" auf, ohne jedoch konkret zu werden.
Sehr deutlich klang der Kanzler dagegen, als es um die Gefahren in der "rauer gewordenen Welt" ging. Er erkannte es als Tatsache an, dass die Ausstrahlungskraft dessen, "was sich als Westen nennt" verblasst sei. Ihm zufolge hat sich der Westen stets selbstlos dafür engagiert, die Welt "ein bisschen zum Besseren" zu verändern. Dazu habe man aber nun weniger Möglichkeiten als vorher.
Grund für diesen Einschnitt seien "neue Allianzen von Autokratien". Sie "bilden sich gegen uns und greifen die liberale Demokratie als Lebensform an". Unsere freiheitliche Lebensweise werde attackiert, nicht nur von außen, auch von innen. Im gleichen Atemzug verwies der Kanzler auf die revolutionären Umwälzungen in Wirtschaft und Technik.
Auf die vermeintlich feindlichen Kräfte kam Merz im Laufe seiner Rede noch einmal zu sprechen, als er über die Aufgaben sprach, die vor der deutschen einheitlichen Nation stehen. Die Nation wachse auch aus der gemeinsamen Bewältigung von Herausforderungen, merkte er an. "Wir müssen wieder lernen, uns zu verteidigen", sagte der Bundeskanzler und formulierte dies als erste und wichtigste Aufgabe. Dies erklärte er mit der gewaltigen Verschiebung der Machtzentren in einem Maße, "wie wir es seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr gesehen haben".
Gemeint war zweifellos der Übergang zur polyzentrischen Weltordnung, die das Hauptthema der Waldai-Rede des russischen Präsidenten am Vortag darstellte. In dieser Hinsicht bildeten die beiden Reden eine Art Dialog. Die internationale Ordnung, die es dem Westen ermöglichte, die übrige Welt nach seinem Gutdünken – in den Worten von Merz – zu "verbessern", bezeichnete Putin als ungerecht, kolonialistisch und überlebt. Nur in dieser Welt könnten Putin zufolge Farbrevolutionen oder Provokationen wie in der Ukraine-Krise stattfinden. Merz fand dagegen diese neue entstehende Welt ungerecht – für Deutschland. Er sagte:
"Eine Achse von autokratischen Staaten, die die liberale Ordnung auf der ganzen Welt in Frage stellt, fordert die westlichen Demokratien geradezu heraus. Deshalb müssen wir wieder fähig werden, unsere Freiheit zu verteidigen."
Diese Verantwortung für unsere Freiheit liege aber nicht allein bei den politischen Institutionen, führte er weiter aus. Sie liege bei uns allen. "Nehmen wir also diese Verantwortung an. Ein Ausdruck dieser Verantwortung wäre, wieder Wehrdienst zu leisten", sagte Merz mit Nachdruck. Bei "unseren Soldatinnen und Soldaten" bedankte er sich dafür, dass sie bereit seien, diesen Dienst in unserem Land zu leisten. Dass er Veränderungen in der Welt für die Deutschen als Nation als existenziell bedrohlich betrachtete, machte Merz in der Anmerkung deutlich, dass man "unsere Lebensweise" gemeinsam verteidigen müsse:
"Denn wir verteidigen unsere Lebensweise in dieser rauer gewordenen Welt nicht als Westdeutsche oder als Ostdeutsche. Wir verteidigen sie als Deutsche".
Ein weiteres Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Rede zog, war die Begründung, warum Deutschland "Europa" stärken müsse, wobei Merz Europa und die Europäische Union gleichsetzte. "Auch unsere wirtschaftliche Stärke, meine Damen und Herren, beginnt heute mit der Europapolitik und der Außenpolitik", führte er aus. Er gab zu verstehen, dass für die EU die Fortsetzung der Expansion auf dem postsowjetischen Raum weiterhin von existenzieller Bedeutung ist. "Europa selbst hat das Potenzial, mit einem weiter wachsenden und vertieften Binnenmarkt und mit 450 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern einer der großen und dynamischen Wirtschaftsräume der Welt zu sein", so Merz.
Eine weitere wichtige innenpolitische Botschaft, die der Bundeskanzler mit seiner Rede an die deutsche Bevölkerung sendete, war die Ankündigung, dass der deutsche Sozialstaat in Zukunft verschlankt werden müsse. Er versicherte, dass die Regierung sich bemühe, "die sozialen Versprechen, die wir uns ja gegeben haben", auch künftig erfüllen zu können. Aber in dieser Frage müsse ein neuer Konsens der Gerechtigkeit her, mahnte er im Hinblick auf die demografische Lage des Landes.
"Es geht darum, dass wir die Lasten auch zwischen den Generationen so verteilen, dass unser Sozialstaat auch zukünftig funktioniert", sagte Merz. Die geplanten Einschnitte nannte er "Reformen", die "unabdingbar" seien. Der Sozialstaat müsse aber in seinem "Kern" erhalten bleiben für diejenigen, "die ihn wirklich brauchen". Damit sprach der Bundeskanzler offenbar den möglichen Wegfall einiger Leistungen bei der Pflegeversicherung an – das Thema kam zuletzt in den Medien vor.
Auch ein Seitenhieb gegen die sozialistische UdSSR und die DDR als Staaten durfte in der Merzschen Rede nicht fehlen. So verlor er kein Wort über die Rolle der damaligen sowjetischen Führung bei der Wiedervereinigung. Auch dass die Stalin-Regierung Anfang der 1950er Jahre sich für einen einheitlichen deutschen Staat mit neutralem Status eingesetzt hatte, verschwieg Merz. Der Blutzoll der von Hitler-Deutschland angegriffenen Sowjetunion bei der Niederringung des Faschismus in Deutschland und Europa war für den Kanzler ebenso nicht existent. Im Wortlaut sagte er zum Schluss seiner Rede:
"Wir haben es im Westen mit der Hilfe, nur (betont) mit der Hilfe der Amerikaner, der Briten und der Franzosen aus der dunkelsten Zeit unserer Geschichte heraus in die Freiheit hinein geschafft. Die Menschen in Ostdeutschland haben sich selbst und mit dem eigenen Mut zur Freiheit aus den Fesseln der zweiten deutschen Diktatur gelöst".
Seine Rede beendete der Bundeskanzler mit dem Aufruf: "Lassen wir nicht zu, dass zerstört wird, was wir so errungen haben. Lassen Sie uns die Chance ergreifen, eine neue Einheit zu gestalten."
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