
"Gesichert extremistisch" – Das Gutachten der AfD-Brandenburg wurde vorab veröffentlicht
Der Brandenburger Verfassungsschutz hatte die AfD zuvor bereits im Mai als "gesichert extremistisch" eingestuft, eine Hochstufung von der Beobachtung als sogenannter "Verdachtsfall". Die Partei legte Beschwerde ein und klagte im Rahmen eines Eilantrags auf Einsicht. Am Donnerstag dieser Woche sollten Inhalte und Details seitens Innenministers René Wilke (parteilos) und Verfassungsschutz-Chef Wilfried Peters in Potsdam erfolgen. Am gestrigen Montag veröffentlichte das Online-Portal Nius nun bereits "das Papier, das die Grundlage für die Einstufung der Partei als 'gesichert rechtsextremistisch' liefert."
Ende Juli hatte die Brandenburger AfD "ihren gerichtlichen Eilantrag gegen die Einstufung des Verfassungsschutzes als 'gesichert rechtsextremistisch' zurückgezogen", so der Nius-Artikel einleitend, ausgehend von einer sogenannten Stillhalteerklärung seitens des Innenministeriums. Die Nius-Redaktion erklärt alleinig zur Vorveröffentlichung, dass das Gutachten "exklusiv" vorliege. Eine Sprecherin der AfD teilte am Montag gegenüber Medien mit, der Landesverband habe "aus der Presse" von der Veröffentlichung erfahren.

Die veröffentlichten Unterlagen präsentieren ein 142-seitiges Gutachten mit rund 622 Vermerken, die angeblich eindeutig belegen würden, dass "keine Zweifel mehr bestehen, dass eine Hochstufung vom Verdachtsfall zur gesichert extremistischen Bestrebung erfolgen muss." Das Innenministerium bestätigte auf Medienanfragen "weder die Echtheit des Dokuments, noch dementierte es diese." Die Behörde prüfe derzeit, "ob die veröffentlichte Fassung identisch mit dem Vermerk sei", so eine Sprecherin gegenüber der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ). Das Innenministerium in Potsdam wollte sich dazu auf RBB-Anfrage nicht äußern "und verwies auf eine geplante Pressekonferenz mit dem Verfassungsschutz zu dem Thema am Donnerstag."
Der Brandenburger Verfassungsschutz präsentiert ähnlich dem Faeser-Papier aus dem Mai dieses Jahres mehrheitlich Zitate "meist führender [Brandenburger] AfD-Politiker", die argumentativ der Grundlage der geplanten Einstufung dienten. In der MAZ-Zusammenfassung heißt es dazu:
"Die Äußerungen zielen laut Verfassungsschutz auf die Verächtlichmachung politischer Gegner, des Staates und seiner Institutionen ab – in einem Maß, das weit über eine polemische Auseinandersetzung um Politikinhalte hinausgeht. Das politische System der Bundesrepublik solle beschädigt werden, heißt es. Die Partei attackiere das parlamentarische System und treibe die Polarisierung der politischen Kultur mit militanter, konfrontativer und gewaltverherrlichender Sprache voran."
Das Gutachten ordnet diverse Äußerungen "als Verstöße gegen die grundgesetzlich geschützte Menschenwürde" ein, dies demnach belegt über seitenlange Zitate von AfD-Mitgliedern in den sozialen Medien oder auf Veranstaltungen. Gesammelte Beispiele lauten im Gutachten:
- Der Parteivorsitzende René Springer sagte im Landtagswahlkampf 2024: "Wenn wir das nicht stoppen, dann werden die Kopftücher des Islam das Leichentuch Europas werden."
- Der Landtagsabgeordnete Jean-Pascal Hohm richtete sich im Wahlkampf an Jugendliche: "Betreibt Kampfsport, bildet Gemeinschaft und werdet wehrhaft. Gerade in einer Situation, in der man unser Land, unsere Städte mit Millionen Kulturfremden flutet, die sich hier wie Eroberer verhalten, müssen wir uns verteidigen können."
- Der Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré postete im Januar 2025 ein Video, in dem er behauptete, dass sich "Menschen aus kulturfremden Räumen hier nicht benehmen können." Bund und Land hätten über Jahre hinweg "immer wieder das Fremde, das fremde Element im Land hofiert, Ausländer, Migranten …"
- Im Zusammenhang mit den Morden von Aschaffenburg sagte Kotré: "Einwanderung ist immer auch Messereinwanderung."
Der Berliner Tagesspiegel (TS) erklärt seinen Lesern:
"Es überrascht nicht, dass das 142 Seiten umfassende Gutachten, in dem die Hochstufung der Brandenburger AfD zur gesichert rechtsextremen Bestrebung begründet wird, vorab von einem Portal verbreitet wird, das unter AfD-Anhängern beliebt ist."
Die AfD-Landtagsfraktion sprach laut TS-Artikel in ihrem am Montag kurz nach der Nius-Veröffentlichung "verschickten wöchentlichen Newsletter von einer 'Posse, die derzeit im Innenministerium veranstaltet' werde." Der Nius-Artikel erklärt zu der Argumentationslinie der Behörde:
"Ähnlich wie beim Gutachten des Bundesverfassungsschutzes geht es auch in Brandenburg meist um die Deutungshoheit von Begriffen. Persönliche Auslegungen von Seiten der Geheimdienstler spielen eine große Rolle. Die AfD nutze Begriffe wie 'kulturfremd' und 'integrationsunwillig', was der Verfassungsschutz wie folgt interpretiert: 'Migranten und Asylbewerber vor allem aus islamischen Herkunftsländern bzw. Kulturräumen sind demzufolge in überwiegender Mehrzahl zur Integration entweder unfähig oder nicht willens.'"
Ein anderes Beispiel für eine Verfassungsschutzinterpretation, die als finales Argument eingesetzt wird, lautet auffällig widersprüchlich:
"Mit konfrontativen Begriffen wie 'Altparteien', 'System' oder 'Parteienkartell' – die nicht per se verfassungsschutzrelevant sind und für sich genommen keine Anhaltspunkte für eine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebung darstellen – unterstrich die AfD in den vergangenen Jahren ihre fundamentalkritische Haltung gegenüber dem politischen System'."
Wenig überraschend lauten weitere Vorwürfe an die AfD-Mitglieder gerichtet, die Nutzung von "Verschwörungsmythen" sowie "antisemitischen" oder "für das rechtsextremistische Milieu einschlägige Erzählungen". Zudem lautet ein wörtlicher Vorwurf an die Partei:
"Eine hinreichend gewichtige Distanzierung von bzw. Abgrenzung zu rechtsextremistischen Akteuren wie dem ‚COMPACT Magazin‘ oder dem 2024 restrukturierten Institut für Staatspolitik ist zu keinem Zeitpunkt erfolgt."
Die AfD erklärte nach der Nius-Veröffentlichung gegenüber der Nachrichtenagentur dpa:
"Derzeit prüfen wir, ob die veröffentlichte Fassung mit der Version übereinstimmt, die uns im Rahmen unserer Klage gegen das Innenministerium von der Gegenseite übermittelt wurde."
Zudem wurde angekündigt, dass "auch die AfD am Donnerstag Stellung nehmen wird."
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