Deutschland

Rückkehr der Praxisgebühr? Deutschlands Krankenversicherungen vor Rekorddefizit

Finanzlöcher überall: Das Defizit des deutschen Bundeshaushalts wird für 2027 auf 22 Milliarden Euro und für 2028 auf 56 Milliarden Euro prognostiziert. Zusätzlich steuern die gesetzlichen Krankenkassen auf ein Rekorddefizit von 12 Milliarden Euro zu. Vor diesem Hintergrund werden Beitragserhöhungen, Leistungskürzungen und Zusatzgebühren diskutiert.
Rückkehr der Praxisgebühr? Deutschlands Krankenversicherungen vor RekorddefizitQuelle: Gettyimages.ru © ognianm

Auf gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland kommen offenbar höhere Beiträge und Zusatzkosten zu. Die Rede ist unter anderem von einem Anstieg der Krankenkassenbeiträge auf 18,3 Prozent des Bruttolohns, der Wiedereinführung der von jedem Patienten zu zahlenden Praxisgebühr und der Streichung von Zahnbehandlungen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen. 

Hintergrund ist ein Rekorddefizit im Krankenversicherungssystem. Die Bild am Sonntag (BamS) berichtete über Prognosen aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), wonach das jetzt schon beachtliche Finanzloch sich bis 2027 noch einmal verdreifachen wird – auf dann zwölf Milliarden Euro. Die "Horrorprognose" sei streng vertraulich, so die BamS, das BMG habe sie weder bestätigen noch dementieren wollen.

Für das Jahr 2026 plant das Bundesfinanzministerium unter Lars Klingbeil (SPD) den Krankenkassen ein Darlehen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Aber auch danach fehlen den amtlichen Prognosen zufolge stolze vier Milliarden Euro. 

Auf die über 74 Millionen gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland kommt deshalb schon im kommenden Jahr eine Beitragserhöhung um 0,2 Prozentpunkte zu – von aktuell 17,5 Prozent des Bruttolohns auf 17,7 Prozent im Jahr 2026. Ein Jahr später könnte es noch einmal einen Anstieg geben, von bis zu 18,3 Prozent ist die Rede.

Das sind jedoch noch lange nicht alle Hiobsbotschaften aus dem Gesundheitsministerium. Um das Defizit zu reduzieren, sind Streichungen von Leistungen, die die GKV übernimmt, im Gespräch. Beispielsweise sollen alle Arten von Zahnbehandlung aus dem gesetzlichen Leistungskatalog gestrichen und den Versicherten empfohlen werden, dafür eine private Zusatzversicherung abzuschließen. Der Vorschlag kommt von Professor Christian Hagist von der privaten Universität WHU. Einsparpotenzial laut seinen Berechnungen: 17,6 Milliarden Euro.

Im Gespräch ist auch die Wiedereinführung der früheren Praxisgebühr, die Pressemeldungen zufolge nun "Kontaktgebühr" heißen und sich auf 15,00 Euro pro Arztbesuch belaufen (die Praxisgebühr belief sich kurz vor ihrer Abschaffung auf 10,00 Euro im Quartal). Auch dieser Vorschlag stammt von Hagist und könnte ihm zufolge 15 Milliarden Euro einbringen.

Erhöht werden soll die Zuzahlung im Krankenhaus – von 10,00 Euro auf 50,00 Euro pro Tag stationärer Behandlung. Das würde nach Berechnungen des Gesundheits-Ökonomen Günter Neubauer drei Milliarden Euro einbringen.

Weitere Gedankenspiele umfassen die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze, damit mehr Deutsche mit guten Einkommen krankenversicherungspflichtig werden, sowie die Komplettübernahme der Behandlungskosten für Arbeitslose und Bürgergeldempfänger vom Staat. Letzteren Vorschlag lehnt Finanzminister Klingbeil jedoch vehement ab, wie unter anderem Focus am Montag berichtet.

So zitiert Focus Klingbeil:

"Der Finanzminister kann nicht dauernd angerufen und nach mehr Geld gefragt werden. Wir brauchen Strukturreformen, um die Beiträge dauerhaft stabil zu halten."

Laut seinem Ministerium fehlen im Haushalt 2027 jetzt schon 22 Milliarden Euro. Nach aktuellen Prognosen wächst dieses Defizit im Haushaltsjahr 2028 auf 56 Milliarden und bis 2029 sogar auf 66 Milliarden Euro an.

Den Vorschlag, die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben lehnt hingegen die CDU vehement ab. "Das ist nicht gedeckt im Koalitionsvertrag", sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann laut Tagesspiegel. Eigene Vorschläge aus der Union gebe es öffentlich bisher nicht, schreibt das Blatt.

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