
Außenpolitischer Sprecher der AfD: Willkommen im antirussischen Mainstream

Von Astrid Sigena
Das vergangene Wochenende verlief äußerst erfolgreich für Markus Frohnmaier. Die Delegierten auf dem Listenparteitag der baden-württembergischen AfD wählten den 34-jährigen Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis Böblingen nahezu einstimmig (nur eine Gegenstimme) zum Ministerpräsidenten-Kandidaten für die Landtagswahl im März 2026 (für den Landtag selbst wird er dagegen nicht kandidieren).

Auch wenn es derzeit nicht danach aussieht, dass der von seinen Parteikollegen Gekürte wirklich Ministerpräsident werden könnte (die AfD steht derzeit in den Umfragen bei 19 Prozent), bedeutet die Nominierung einen weiteren wichtigen Karriereschritt für den in Rumänien geborenen, als Kleinkind nach Schwaben adoptierten Frohnmaier.
Begonnen hatte alles mit dem Parteieintritt im Gründungsjahr der AfD 2013. Bereits drei Jahre später, bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg 2016, trat der damalige Jurastudent und Co-Vorsitzende der Jungen Alternative als Landtagskandidat an und verpasste den Einzug in den Landtag nur knapp. Letzten Endes fehlten ihm rund 250 Stimmen.
Damals machte der junge Berufspolitiker mit Überlegungen zu einem NATO-Austritt Deutschlands und mit dezidiert prorussischen Positionen Furore. So gratulierte er den Bewohnern der Krim anlässlich des Referendums von 2014 zur Unabhängigkeit von der Ukraine. Die Welt schilderte den mit einer russischen Journalistin verheirateten Frohnmaier damals als gut vernetzt in der Sphäre russischer Denker, Diplomaten und Politiker.
Im Mai 2017 ernannte Alice Weidel, damals Spitzenkandidatin der AfD für die Bundestagswahlen im Herbst, den jungen Schwaben zu ihrem Pressesprecher. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde Frohnmaier Teil des Weidel-Netzwerks. Er gilt seitdem als "Weidel-Vertrauter", der für sie den "heillos zerstrittenen AfD-Landesverband" geeinigt hat. Medienberichten zufolge ist es ihm seitdem geglückt, Weidels innerparteiliche Gegner im Südwesten politisch kaltzustellen.
Im Herbst 2017 gelang dann sowohl Weidel als auch Frohnmaier der Einzug in den Bundestag. Bei den folgenden Bundestagswahlen wiedergewählt, zählt Frohnmaier nunmehr zu den dienstältesten Bundestagsabgeordneten der AfD. Seit 2022 ist er zudem Landesvorsitzender der AfD Baden-Württemberg.
2019 folgte dann die erste große Attacke der Mainstream-Medien auf den aufstrebenden Jungpolitiker. Ein Medienbündnis von Spiegel, ZDF, BBC und La Repubblica – viel Feind, viel Ehr! – veröffentlichte die Meldung von einem angeblichen Strategiepapier aus der russischen Präsidentialverwaltung. Russland solle doch – so das vermeintliche Dokument – die Bundestagskandidatur Frohnmaiers unterstützen, denn er werde aufgrund seiner russlandfreundlichen Positionen ein "unter absoluter Kontrolle stehender Abgeordneter im Bundestag" sein. Auch die Russland-Kontakte seines zeitweiligen Mitarbeiters Manuel Ochsenreiter (mittlerweile verstorben) wurden dem frischgebackenen Bundestagsabgeordneten zum Vorwurf gemacht. Dies alles perlte jedoch an Frohnmaier ab.
Ein weiterer Sprung auf der Karriereleiter wurde nun nach der Bundestagswahl 2025 mit der Wahl in den Auswärtigen Ausschuss des Bundestags und zum außenpolitischen Sprecher der AfD vollzogen. Trotz seiner früheren Beziehungen nach Russland gilt die Wahl Frohnmaiers (und die Wahlniederlage des bisherigen Sprechers Matthias Moosdorf, dem sein künstlerisches Engagement in Russland zum Vorwurf gemacht worden war) als Sieg der Russland-Skeptiker in der Partei. Der Bürgerschaftsabgeordnete Krzysztof Walczak aus dem traditionell transatlantisch gestimmten Hamburger AfD-Verband jubelte auf X:
"Ich freue mich sehr, dass die AfD-Bundestagsfraktion heute eine spürbare personalpolitische Korrektur vorgenommen [hat] und Männer und Frauen in den Auswärtigen Ausschuss des Bundestages schicken wird, die ohne Abstriche für die Interessen Deutschlands und nicht von anderen Mächten eintreten werden."
Dafür, dass Frohnmaier im deutschen Mainstream lange Zeit als "Mann Moskaus" galt, sind seine Äußerungen gegenüber Russland erstaunlich uneindeutig. Das mag mit dem Wunsch zusammenhängen, während des beginnenden Landtagswahlkampfes nicht als "kremlnah" oder "Putinversteher" verschrien zu sein.
In einem Interview mit dem baden-württembergischen Staatsanzeiger betonte Frohnmaier, er sei weder Russlands noch Amerikas Mann im Bundestag, und beklagte, "dass es in Deutschland immer schon schwierig" gewesen sei, "sich für positive deutsch-russische Beziehungen einzusetzen". Dass er 2014 die sogenannte Annexion der Krim durch Russland begrüßt habe, stritt er in dem Interview ab. In den vergangenen Jahren habe er sich nicht mehr um Außenkontakte nach Russland bemüht.
In einem Interview mit der Asia Times nennt der AfD-Außenpolitiker die Einbettung in die "atlantische Allianz" (also die NATO) mittlerweile eine der drei Säulen, auf denen deutsche Politik beruhe. Also nichts mehr mit NATO-Austritt! Neben den zu erwartenden AfD-Positionen zu Sanktionen, Nord Stream 2, Ukraine-Friedensverhandlungen und Taurus-Lieferungen fallen auch Phrasen, die man eher von einem CDU- oder Grünen-Politiker erwarten würde: So die Behauptung, die frühere Regierung habe Deutschland zu abhängig von Russland gemacht und Deutschlands Souveränität im Energiebereich beseitigt. Auch das Nachplappern des US-amerikanischen Narrativs, die Amerikaner hätten Deutschlands Sicherheit über Jahrzehnte hinweg (mit-)finanziert und nun sei es Deutschlands Aufgabe, in Sachen Verteidigungsausgaben mehr beizutragen, geht in diese Richtung.
Gegenüber der Süddeutschen forderte Frohnmaier einen selbstbewussten und nüchternen Umgang mit Russland und griff sogar tief in die Mottenkiste der antirussischen Narrative bezüglich einer angeblichen russischen hybriden Kriegführung gegen Deutschland. "Wer gegen Deutschland oder seine Verbündeten" operiere, sei es durch Cyberangriffe oder mittels Einflussoperationen – so Frohnmaier –, müsse "mit einer entschlossenen Reaktion rechnen". Das klang nun nicht mehr nach dem früheren Russlandfreund Frohnmaier, trotz der Mahnung, man müsse die diplomatischen Gesprächskanäle offen halten.
Dass Frohnmaier sich vorerst auf die Floskeln und Narrative des Mainstreams stützt, mag auch damit zusammenhängen, dass ihm bisher die außenpolitische Erfahrung fehlt. So lässt zum Beispiel die Tagesschau einen Experten zu Wort kommen, der Frohnmaier mangelnde "professionelle Involviertheit in die klassischen außenpolitischen Gremien, Vereine und Aktivitäten" attestiert.
Stimmt dieser Vorwurf, so müsste Frohnmaier erst zu seinem eigenen außenpolitischen Stil finden. Zu dieser These würde passen, dass der neue außenpolitische Sprecher der AfD auch in Bezug auf Israels Vorgehen im Gazastreifen recht ungeschickt agierte und in einem Tweet lediglich das Erfordernis einer Ausrichtung der deutschen Politik nach den eigenen nationalen Interessen betonte und Israels Berechtigung zu einem Militäreinsatz im Gazastreifen hervorhob.
Es gibt auch eine andere Interpretation, derzufolge Frohnmaiers Äußerungen die Rückendeckung der Parteispitze, insbesondere seiner Förderin Alice Weidel, haben und auf einen außenpolitischen Schwenk der AfD hinweisen. Gewissermaßen ein Appeasement an den antirussischen Mainstream, um anschlussfähiger für die etablierten Parteien zu werden. Kilian Pfeffer vom ARD-Hauptstadtstudio jedenfalls konstatiert, dass sich die AfD mit der Wahl Frohnmaiers zum außenpolitischen Sprecher "den Anstrich geben" wolle, "regierungsfähiger zu sein".
Dies würde auch das auffallende Interesse der Mainstream-Presse an dem Schwaben in den vergangenen Wochen erklären. Eine weitere Rolle bei einer möglichen außenpolitischen Neuorientierung der Partei könnte auch die Suche nach neuen Verbündeten im Ausland spielen, die im Falle eines Verbotsverfahrens der AfD beistehen könnten, so der ARD-Journalist Pfeffer. Russland hat da aufgrund seines mangelnden Einflusses auf die BRD- und EU-Politik eher schlechte Karten.
Erschwerend kommt dazu, dass sich die AfD als notorisch "gäriger Haufen" nur schwer auf eine einheitliche Linie bringen lässt. Hatte Frohnmaier als außenpolitischer Sprecher Ende Mai noch offiziell verkündet, die AfD lehne Waffenlieferungen an die Ukraine weiterhin ab, berichtet nun Max Mannhart von Apollo News, Alexander Gauland, der Ehrenvorsitzende der AfD, habe ihm in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, "man müsse vielleicht doch noch einmal über die Lieferungen von Waffen nachdenken", um einen Frieden im Ukraine-Krieg möglich zu machen. Sollte sich diese Haltung durchsetzen, hätte sich die AfD mittlerweile weit von ihrem Konzept als selbsternannte Friedenspartei entfernt.
Frohnmaier selbst erklärte in einem Interview mit der Wochenzeitung Junge Freiheit, er wolle die unterschiedlichen außenpolitischen Positionen innerhalb der AfD verantwortungsvoll zusammenführen. Ihm schwebe Deutschland als "eigenständiger Pol" in "einer zunehmend multipolaren Welt" vor, womöglich mit einer nuklearen Option. Die Zukunft wird zeigen, ob der AfD eine kohärente Strategie für eine deutsche Außenpolitik gelingen wird oder ob am Horizont wieder die Gefahr einer deutschen Schaukelpolitik zwischen Ost und West auftaucht – die letztlich nur auf beiden Seiten Misstrauen sät.
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