
Schöne neue Welt? Große Koalition droht mit "Bürgerkonto" und "digitaler Identitätspflicht"

Am 9. April, gut sechs Wochen nach der Bundestagswahl, präsentierten die Vertreter von Union und SPD den ausgehandelten Koalitionsvertrag für eine weitere Große Koalition ("GroKo"). Das 144-seitige Koalitionspapier enthält sechs Kapitel mit weiteren Unterpunkten. Unter Kapitel 2: "Wirkungsvolle Entlastungen, stabile Finanzen, lebensfähiger Staat" (Seite 47) findet sich im Punkt 2.2: "Bürokratierückbau, Staatsmodernisierung und moderne Justiz" erstmalig der Begriff eines "verpflichtenden Bürgerkontos". Umgesetzt werden die Pläne wohl zukünftig von der bisherigen hessischen Ministerin für Digitales, Kristina Sinemus (CDU), die das Bundesministerium für Digitales und Verkehr leiten soll. Der Journalist, Blogger und Digitalisierungskritiker Norbert Häring erkennt darin die Gefahr, dass die "GroKo" auf "Digitalzwang und totale Kontrolle setzt".
Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD trägt den Namen: "Verantwortung für Deutschland". Häring kommentierte die Inhalte und Pläne über die vorgesehene "Digitalisierung" der Gesellschaft:
"Schwarz-rot arbeitet an der Verwirklichung eines totalitären Technokratentraums: Im Koalitionsvertrag heißt es: 'Wir setzen auf konsequente Digitalisierung und 'Digital only', sowie: 'Jeder Bürger und jede Bürgerin erhält verpflichtend ein Bürgerkonto und eine digitale Identität'."

Der Blogger bezieht sich dabei auf die geplanten Maßnahmen aus dem politischen Berlin, nachzulesen auf Seite 58. Dort heißt es:
"Die Verwaltungsmodernisierung von Sozialleistungen werden wir generell zur Blaupause machen. Wir setzen auf konsequente Digitalisierung und 'Digital-Only': Verwaltungsleistungen sollen unkompliziert digital über eine zentrale Plattform ('One-Stop-Shop') ermöglicht werden, das heißt ohne Behördengang oder Schriftform. Jeder Bürger und jede Bürgerin erhält verpflichtend ein Bürgerkonto und eine digitale Identität. Wir werden die EUDI-Wallet für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen bereitstellen, mit der Identifikation, Authentifizierung und Zahlungen ermöglicht werden. Wer den digitalen Weg nicht gehen will oder kann, erhält Hilfe vor Ort."
Welche Folgen hinter der Formulierung "wer den digitalen Weg nicht gehen will" stecken, wird in dem Vertrag nicht weiter ausgeführt. Häring, der eine dystopische Entwicklung befürchtet, schreibt in seinem Artikel:
"'Digital only' bedeutet, dass die althergebrachten Möglichkeiten zum Erhalt staatlicher Leistungen und von Beförderungsleistungen, sowie zur Erfüllung der vom Staat auferlegten Pflichten systematisch beseitigt werden, um die Menschen zu zwingen, ihre Angelegenheiten auf digitalem, automatisiert abzuwickelndem Weg zu erledigen. Das gilt denknotwendig auch für das Bezahlen, wo das Bargeld zu den abzuschaffenden analogen Lösungen gehört. Das bedeutet nicht nur, dass die Bürger lückenlos überwachbar werden. Es bedeutet auch, dass sie sich komplett an das System anpassen müssen, das die Bürokraten zusammen mit den Technokraten erdacht und programmiert haben."
Auf Seite 118 des Koalitionsvertrags ist zu lesen:
"Wir streben eine voll digitalisierte Verwaltung an. Ein digitales Bürgerkonto soll den Zugang zu Behördendienstleistungen erleichtern. Dazu harmonisieren alle staatlichen Ebenen ihre Verfahrensabläufe. Wir ermöglichen die vollständige digitale Beibringung von Unterlagen und Willenserklärungen grundsätzlich ohne persönliches Erscheinen."
Auch hier stellt sich die umgehende Frage, wie Bürgern zukünftig die unkomplizierte und bis dato selbstverständliche Gewährleistung von "Behördendienstleistungen" ohne die Nutzung digitaler Endgeräte ermöglicht wird. Dies stellt gerade für ältere Menschen oder behinderte Mitbürger eine Hürde dar. Häring erklärt dazu weiter:
"Mit anderen Worten: Die neue Regierung arbeitet intensiv an der Verwirklichung des Technokratentraums einer zentral gesteuerten Gesellschaft, aus der der Mensch als autonomer Entscheidungsträger eliminiert und stattdessen zu einem funktionierenden Rädchen in einer zentral gesteuerten sozialen Megamaschine gemacht wird."
Einen Vorgeschmack darauf gab Bundesinnenministerin Nancy Faeser bereits im April 2022:
"Wir wollen einen digitalen Staat, der konsequent aus der Perspektive der Bürgerin und des Bürgers gedacht ist. Wir wollen unser Land moderner, bürgernäher und digitaler machen. Das heißt konkret: Einheitliche Standards und schnellere, digitale Verfahren. Alle Leistungen sollen jederzeit und von jedem Ort aus digital nutzbar sein."
Im November 2024 bekräftigte die BMI-Chefin die Pläne der Bundesregierung und kündigte die Einrichtung der sogenannten "BundID" an:
Deutlicher als Innenministerin Nancy #Faeser kann man es nicht ausdrücken: pic.twitter.com/uTSubxSWw9
— Ernst Wolff (@wolff_ernst) November 17, 2024
Die nun schriftlich angekündigten Umbaumaßnahmen der Gesellschaft lassen laut Häring befürchten, dass dem Staat in Zusammenarbeit mit Techfirmen "alle Informationen über alle zu steuernden Bürger im verpflichtenden Bürgerkonto zur Verfügung stehen" werden. Das damit absehbare Ziel, "ausdrücklich formuliert von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen", besteht nach Auffassung des Bloggers darin, dass die digitale Identität "für alle Interaktionen mit dem Staat und mit privaten Unternehmen verwendet wird". Die unmittelbare logische Folge, die unkalkulierbare Hürden und juristische Konsequenzen für Nichtnutzer und/oder sich der "Digitalisierung" verweigernde Bürger nach sich ziehen könnte, lautet,
"dass alle Informationen über das Tun jedes Bürgers über diese Bürgernummer leicht und verlässlich abrufbar werden".
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