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"Ermangelung von Mut" – Dieter Hallervorden reagiert auf Medienschelte nach "Negerkuss"-Gag

Die ARD präsentierte die Aufzeichnung einer lobhudelnden Jubiläumsshow. Der Humorist Dieter Hallervorden sorgte mit einer neuen Version eines alten Sketches für mediale, scharfe Kritik, bis hin zu Rassismusvorwürfen. Hallervorden erklärt nun in einer Reaktion seinen Blick auf die für ihn bedenkliche "Wokeness"-Schelte.
"Ermangelung von Mut" – Dieter Hallervorden reagiert auf Medienschelte nach "Negerkuss"-GagQuelle: Gettyimages.ru © Bernd Elmenthaler

Die ARD gönnte sich im 75. Jahr des Bestehens eine Jubiläumsshow, dazu geladen, laut Eigenlob, die vermeintlich "prominenten Gäste Barbara Schöneberger, Günther Jauch, Iris Berben und Ingo Zamperoni". Dabei natürlich bekannt und geschätzt seitens des GEZ-zahlenden Zielpublikums. Ältere Zuschauer sollten sich auch an unbeschwerte Fernsehjahre erinnern. Deshalb lud die junge Redaktion einen Humoristen alter Schule ein, Dieter Hallervorden. Wie sich herausstellte, ein Fehler, oder wie es das Stern-Magazin nach Ausstrahlung unmissverständlich formulierte: "Doch die gefühlige Gala hinterließ in Teilen einen unverhofft bitteren Nachgeschmack." 

Was war nun vorgefallen? Für Unkundige, Dieter Hallervorden war in der alten Bundesrepublik bis 1980 Quoten-Garant, dies in Bezug auf seine Sendung "Nonstop Nonsens". Kurze und knackige Alltagsszenen nachgespielt, humoristisch verpackt, inhaltlich schlicht, aber für Kinder und Eltern ein großes Vergnügen an den Geräten. Jeder Bürger jener Zeit reagiert auf den Ruf "Palim Palim" mit der Reaktion: "Eine Flasche Pommes Frites bitte". Ein zeitloser Gag und Schenkelklopfer aus dem Jahr 1977. Hallervorden nahm sich nun rund 50 Jahre später vor, nach ARD-Einladung zur Jubiläumssendung, diesen Sketch inhaltlich etwas aufzupeppen. Bezogen auf seine bekannte Kritik an der grassierenden Einschränkung der freien Rede, ohne Rücksicht auf die "woken" Vorgaben junger Produzenten und Medienschaffenden. Es gelang ihm der inhaltliche Volltreffer.

Eine Stern-Autorin reagierte noch am Abend mit Schnappatmung und der Veröffentlichung eines Artikels, so hieß es:

"Das N-Wort in der ARD: Geht’s noch, Herr Hallervorden? Die Geburtstagsshow der ARD versprach, denkwürdig zu werden. Dass es tatsächlich so kam, lag dann aber vor allem an der Darbietung eines bestimmten Gastes."

Hallervorden "versah den Gag in der Neuauflage mit einigen zusätzlichen Zeilen", oh welch Anmaßung. Die Stern-Autorin (Jahrgang 1984) erklärt inbrünstig korrekt:

"Zu Anfang fragte [Gag-Partner] Effenberg ihn nämlich, warum er [im Gefängnis] einsitze. Hallervorden antwortete, er habe die falschen Worte für Schokokuss und Sauce ungarischer Art benutzt – allerdings formulierte er es nicht so, sondern nutzte sowohl das N- als auch Z-Wort unbefangen vor einem Millionenpublikum." 

Die Autorin wollte dabei den Stern-Lesern die Worte "Negerkuss" und "Zigeunerschnitzel" nicht zumuten. Weitere mediale Reaktionen lauteten:

  • Die Zeit: Zum Jubiläum das N-Wort (…) Und dann erlaubt sich Didi Hallervorden einen rassistischen Ausfall
  • Der Spiegel: Rassismusvorwürfe – Hallervorden weist Kritik an Sketch in ARD-Show von sich
  • FAZ: Rassismus in der ARD? Dieter Hallervorden provoziert mit 'Palim, Palim'

Die Zeit-Autorin (Jahrgang 1986) schildert dabei in ihrer Empörung ein exemplarisches Beispiel von woker Inflexibilität samt verinnerlichter Forderungshaltung (Bezahlschranke):

"Die Show geht danach kommentarlos weiter. Nun kann man nicht beurteilen, ob beispielsweise der Moderator Pflaume gehört hat, was Hallervorden gesagt hat. Womöglich waren er und die anderen Gäste auf dem anderen Teil der Bühne gerade abgelenkt. Im Bild waren sie jedenfalls nicht. Aber die Show wurde aufgezeichnet, vor mehreren Tagen. Die Verantwortlichen hätten diese Sequenz problemlos herausschneiden können. Sie hätten den erst nach dieser Einleitung richtig beginnenden Sketch auch dann noch ausstrahlen können."

Überraschend dabei, bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ist die Bild-Zeitung noch nicht auf den medialen Empörungszug aufgesprungen. Das X-Portal "_Horizont_" präsentiert eine Zusammenfassung des vermeintlichen Eklats:

Hallervorden sah sich nun dazu gezwungen, auf die breite, auch in den sozialen Medien, teils harsche Kritik an seiner neuen Version eines alten Gags reagieren zu müssen. Im Rahmen eines Instagram-Beitrags gibt der Satiriker einleitend zu Protokoll:

"Satire wird nicht mehr verstanden, diesmal betrifft es die gestrige Ausstrahlung der Jubiläumssendung '75 Jahre ARD'. Es werden Fragen wie diese gestellt: 'Warum hat der Sender die Entgleisungen Hallervordens gesendet?' Es herrscht Verwunderung darüber, wieso die ARD diesen Moment unzensiert zuließ. Gut so. Ich will auf kein Gleis gestellt werden. Ich möchte nicht zensiert werden. DANKE, ARD."

Pressevertretern, die nach Ausstrahlung der Sendung anscheinend umgehend eine Stellungnahme einforderten, habe Hallervorden Folgendes schriftlich mitgeteilt:

"Woke-Menschen von heute versuchen ängstlich, nicht aus der Reihe zu tanzen, befolgen akribisch alle Social Media Gebote, um keine Likes aufs Spiel zu setzen und verstehen keine Satire mehr, weil Satire aus Angst vor Missverständnissen nicht mehr vorkommt. In Ermangelung von Mut, sich über die wirklichen Missstände zu erregen, weil diese anzuprangern, gerade nicht in Mode ist, ereifert man sich über einen Komiker, der auf einem Knastbett sitzt und einen berühmten Sketch mit neuem Text beginnt: 'Uiuiuiui, ich habe dies gesagt und das gesagt und das darf man heute alles nicht mehr tun, das hab ich irgendwie verpeilt und nun sitze ich im Bau.' Wer weiß, vielleicht könnte das durchaus bald passieren, weil solche Bestrafung von den wirklichen Verfehlungen unserer Zeitenwende ablenkt."

Der Satiriker erkennt folgende Gefahr für die Gegenwart, den dynamischen, zu beobachtenden Umbaumaßnahmen der Gesellschaft samt eingeschränktem Meinungskorridor:

"Wenn Wokeness bedeutet: 'Wachsamkeit für Missstände' so wäre es wünschenswert, dass sie ihre Aufmerksamkeit auf die eine oder andere Realsatire unserer Zeit lenkt, die leider gar nicht satirisch gemeint ist, sondern mit feierlichem Ernst verkündet wird: Die Bundesregierung nimmt gerade den Tod von tausenden von jungen Menschen billigend in Kauf, denkt darüber nach, dass die Streitkraft um 70.000 Soldat:innen erweitert werden müsste, denn die NATO hat letzte Woche ausgerechnet, dass an der "Ostfront" täglich 5000 Soldat:innen sterben werden. Ich gehe jede Wette ein, dass eine Satire mit Regierungsbeamten im Knast auf dem Index stünde und dass man 'Kanonenfutter an der Ostfront' im Zuge unseres neuen Demokratie-Verständnisses nicht sagen darf."

Ob dabei die Nutzung von "Gender-Sprache" seitens Hallervordens als erster Kotau gewertet wird oder einen weiteren schlichten Nadelstich darstellt, obliegt der Betrachtung des jeweiligen Lesers. Die Stern-Redaktion zeigt sich zumindest noch nicht befriedet. Es folgt der Anschlussartikel, die Brandmarkung Hallervordens als Wiederholungstäter. Der Titel lautet dabei mehr als entlarvend:

"Blackfacing, Antisemitismus, Provokationen: Die Akte Dieter Hallervorden."

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