Deutschland

Gekaperte "Eventin" jetzt mit deutscher Besatzung

Das Drama um den Tanker, der im Januar havariert war, geht weiter. Zuletzt hatte der Zoll das Schiff beschlagnahmt. Und mittlerweile werden Zweifel an dem Vorgehen lauter geäußert, ausgerechnet von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Gekaperte "Eventin" jetzt mit deutscher BesatzungQuelle: www.globallookpress.com © Stefan Sauer

Nach Meldung des NDR wurde die Besatzung des Tankers "Eventin", auf dem im Januar die elektrischen Systeme ausgefallen waren und der daraufhin nach Rügen geschleppt wurde, mittlerweile ausgetauscht. Damit ist jedoch auch die gesamte Haftung an Deutschland übergegangen, weil durch die Beschlagnahme das Eigentum und durch den Besatzungstausch auch die physische Kontrolle beim Bundesfinanzministerium liegt.

Das Schiff, das unter der Flagge Panamas fährt, war zuerst nach Rügen geschleppt worden, weil es ohne Stromversorgung in einem aufziehenden Sturm die Position nicht halten konnte. Damit war es aber auch in die Fänge des Zollamts Stralsund geraten, das bereits Anfang 2024 wochenlang einen ebenfalls havarierten Frachter in Rostock wegen angeblichen Sanktionsverstoßes festhielt, der unter anderem Uran für US-Kernkraftwerke geladen hatte.

Das Schiff, auch das ist mittlerweile klar, hat Schweröl geladen. Schweröl wird üblicherweise als Treibstoff für Schiffe verwendet und ist mehr Teer als Öl, muss also, auch ehe es verbrannt werden kann, erst erhitzt werden. Nachdem bisher unklar ist, ob die "Eventin" tatsächlich wieder aus eigener Kraft manövrierfähig ist, muss dieses Schweröl womöglich auf See abgepumpt werden. Der Marktwert des geladenen Öls soll bei 40 Millionen Euro liegen.

Allerdings ist unklar, ob nicht Schiffseigner und Besitzer des Öls auf Schadensersatz klagen werden. Die Begründung für die Beschlagnahme lautete schließlich "Sanktionsverstoß" ‒ genau das Gleiche, was das Zollamt Stralsund bereits im Fall des oben erwähnten Frachtschiffes vorgetragen hatte. Eine fragwürdige rechtliche Konstruktion, da Schiffe exterritorial sind. Im Falle der "Eventin" bedeutet das, dass sich die Fracht auf einem Stück panamaischen Gebiets befindet. Selbst wenn das Schiff in Deutschland anlegt, gilt die Ladung erst dann als auf EU-Gebiet eingetroffen, wenn sie das Schiff verlässt.

Erstaunlich am Fall der "Eventin" ist, dass mittlerweile andere Schiffe, die festgesetzt worden waren, wie die von Finnland festgesetzte "Eagle S", wieder freigegeben wurden, da sich die Vorwürfe, sie hätten Unterseekabel beschädigt, als unhaltbar erwiesen haben.

Das Vorgehen gegen die "Eventin" dürfte jedenfalls nach wie vor die Fortsetzung einer Strategie sein, die auch die Festsetzungen anderer Schiffe auslöste:

"Wie der NDR aus Sicherheitskreisen erfuhr, dürfte die Beschlagnahmung des Schiffes auch auf die Beschlüsse des NATO-Ostsee-Gipfels im Januar in Helsinki zurückzuführen sein."

Damals, Mitte Januar, war noch in Abstimmung mit der Regierung Biden beschlossen worden, die NATO-Präsenz in der Ostsee zu verstärken und den Zugang Russlands zu den maritimen Handelswegen zu erschweren. Allerdings dürfte sich durch den Regierungswechsel in den Vereinigten Staaten auch die dortige Haltung gegenüber weiteren Provokationen in der Ostsee geändert haben. Nur das Zollamt Stralsund und das anweisende deutsche Finanzministerium scheinen an diesem Kurs festzuhalten.

Beim NDR äußerte ein Vertreter der BND-nahen Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP), Sascha Lohmann, nun deutliche Kritik an diesem Vorgehen. Es handle sich um eine "erhebliche Eskalation". Es sei nicht sicher, ob man das Schleppen des mit Motorschaden havarierten Tankers in deutsche Hoheitsgewässer als Einfuhrvorgang bewerten könne. Die Beschlagnahme sei mit "politischem Risiko" verbunden, "man überspringt Eskalationsstufen". Die Bundesregierung betrete "weitgehend rechtliches Neuland im Sanktionsbereich". Lohmann bleibt immer noch höflich, aber es ist nicht zu verkennen, dass er dieses Handeln für einen Fehler hält:

"Überraschend ist, dass die Bundesregierung das Risiko eingeht, dies auf nicht ganz klarer Rechtslage zu tun."

Der vom NDR als Sanktionsexperte eingeführte Sascha Lohmann wird übrigens bei der SWP als Mitarbeiter der Forschungsgruppe Amerika geführt.

Mehr zum Thema ‒ Eventin und Eagle S: Warum der Umgang mit den Tankern den gesamten Seehandel bedroht

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