Deutschland

Sachsen: Widerstand in CDU gegen Zusammenarbeit mit BSW – wegen Wagenknechts Vergangenheit

Ob es mit einer Regierungsbeteiligung des BSW in Sachsen klappt, hängt womöglich weniger von der Flexibilität der neuen Wagenknecht-Partei ab, sondern eher davon, ob Teile der CDU sich auf ein Bündnis mit der, wie es in einem offenen Brief heißt, "Neobolschewistin" einlassen wollen.
Sachsen: Widerstand in CDU gegen Zusammenarbeit mit BSW – wegen Wagenknechts VergangenheitQuelle: www.globallookpress.com © Christophe Gateau/dpa

In Sachsen haben sich SPD und BSW darauf verständigt, Sondierungsgespräche mit der CDU über eine mögliche Regierungsbeteiligung zu führen (RT DE berichtete). Prompt regt sich innerhalb der sächsischen CDU dagegen Widerstand.

Gegen die Pläne richtet sich ein offener Brief, zu dessen Unterzeichnern der frühere Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz, langjähriger stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, dazu Matthias Rößler, mehrfacher Präsident des Sächsischen Landtags, Manfred Kolbe, früherer Justizminister von Sachsen, Frank Kupfer, ehemaliger Fraktionsvorsitzender im Landtag, sowie Herbert Wagner, früherer Oberbürgermeister von Dresden, gehören.

In dem offenen Brief, aus dem das Nachrichtenportal Apollo News zitiert, wenden sich die Verfasser gegen eine Koalition mit dem BSW und fordern von ihrer Partei, eine von der CDU geführte Minderheitsregierung anzustreben. Sie lehnen ein Zusammengehen mit dem BSW ab, weil Wagenknecht Anfang der 1990er-Jahre, nach dem Ende der DDR, deren Untergang mehrfach öffentlich bedauert hatte. Das Nachrichtenportal zitiert aus dem offenen Brief, in dem es heißt:

"In den Augen der Vorsitzenden und Namengeberin des 'Bündnisses Sahra Wagenknecht' war die friedliche Revolution von 1989 eine Konterrevolution. Die Verteidigung von Mauer und Stacheldraht ist aus ihren Äußerungen in den neunziger Jahren als Sprecherin der Kommunistischen Plattform stets herauszuhören. Honecker war ihr zu liberal. Ihre Idole waren Ulbricht und Stalin."

Von den CDU-Politikern werden Wagenknecht Analysen und Positionen vorgehalten, die sie Ende 1992 in den Weißenseer Blättern unter dem Titel "Marxismus und Opportunismus. Kämpfe in der sozialistischen Bewegung gestern und heute" veröffentlicht hatte. Die Zeitschrift wurde seit Anfang der Achtzigerjahre von der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg herausgegeben, stand oppositionellen Kreisen in der DDR kritisch gegenüber und hatte teilweise enge Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit.

Aus dem damaligen, gut 14 Seiten langen Aufsatz der 23-jährigen Wagenknecht greifen die CDU-Mitglieder einige Formulierungen heraus, die sie als Vertreterin eines "Betonflügels der SED" hinstellen. Wagenknecht hatte in ihrem Artikel die Oktoberrevolution gerechtfertigt und die politischen Konzeptionen der Bolschewiki und Lenins als "einzig gangbare" bezeichnet. Darin hatte sie die Politik Stalins "als prinzipientreue Fortführung der Leninschen" beschrieben. Was immer an der Sowjetunion unter Stalin zu kritisieren sei, so hatte Wagenknecht damals festgehalten, dürfe man nicht vergessen, dass in jenen Jahren "die Entwicklung eines über Jahrhunderte zurückgebliebenen Landes in eine moderne Gesellschaft" gelungen sei.

Die Verfasser des offenen Briefes unterstellen Wagenknecht, ihren sozialistischen oder kommunistischen Überzeugungen der frühen Neunzigerjahre seither treu geblieben zu sein: "Mit dem 'Bündnis Sahra Wagenknecht' und einer Neobolschewistin als Galionsfigur fängt sich die sächsische CDU den Betonflügel der früheren SED ein." Sie gehen dabei so weit zu behaupten, das sozialdemokratisch-reformistische Programm des BSW sei unvereinbar mit der bundesrepublikanischen Ordnung: "Die heute vertretene Programmatik der Wagenknecht-Partei ist ein Anschlag auf die Westintegration und die Soziale Marktwirtschaft und damit auf die politischen Fundamente der Bundesrepublik Deutschland."

Eine mögliche Koalition der sächsischen CDU mit dem BSW würde einen Bruch mit der eigenen Geschichte der Christdemokraten "seit 1989" darstellen und einen "Schlag ins Gesicht der friedlichen Revolution und vieler ihrer noch lebenden Repräsentanten" bedeuten. Die Verfasser des offenen Briefes versteigen sich zu folgender Aussage:

"Der Weg in den sogenannten 'Demokratischen Block', in dem die CDU mehr als 35 Jahre gefangen war, würde wieder eingeschlagen – aber diesmal freiwillig aus reinem Opportunismus und ohne den Druck von Sowjetpanzern, KGB-Kerkern und Genickschüssen."

Die konservativen CDU-Politiker kritisieren in ihrem Schreiben auch den Umgang ihrer Partei mit der AfD:

"Während viele Linkspartei-Wähler zum BSW überliefen, wählte ein großer Teil unserer früheren Wähler die AfD. Mit einer vergleichenden Analyse, aus der hervorgeht, was die AfD so viel gefährlicher macht als das BSW, sodass sich ihr gegenüber eine Brandmauer der Ausgrenzung erforderlich macht, während andererseits Pilgerfahrten an den Hof von Frau Wagenknecht stattfinden, ist die CDU bisher nicht hervorgetreten."

Wagenknecht hat sich seit vielen Jahren immer wieder deutlich von ihren früheren Positionen distanziert, öffentlichkeitswirksam zuletzt während ihres "TV-Duells" mit der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel (RT DE berichtete). Ihre Abkehr von früheren sozialistischen Überzeugungen wird schließlich aus ihren wirtschaftswissenschaftlichen und publizistischen Arbeiten deutlich. Wagenknecht bezieht sich darin immer wieder positiv auf die sogenannte Ordoliberale Schule, deren Konzepten sie wieder Geltung verschaffen will.

Mehr zum Thema – Nach TV-Duell Wagenknecht-Weidel: Björn Höcke kündigt Klage gegen BSW-Vorsitzende an

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