Fall C. J. Hopkins: Tagesspiegel und Taz müssen ihre Artikel zum Urteil korrigieren
Der in Berlin lebende US-Autor und Satiriker C. J. Hopkins wurde im Juni des Vorjahres aufgrund zweier "Hakenkreuz-Abbildungen" angeklagt, die er im Rahmen der künstlerischen Definitionsfreiheit auf X gepostet hatte. Im Januar dieses Jahres wurde er dann vom Vorwurf des Verstoßes gegen § 86a StGB ("Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen") zunächst freigesprochen. Die zuständige Staatsanwaltschaft legte Revision ein. Hopkins wurde am Montag nun doch von einem Kammergericht für schuldig befunden, gegen das normierte Kennzeichenverbot verstoßen zu haben. Der finale Urteilsspruch, die Höhe der Geldstrafe, muss noch verkündet werden.
Hopkins hatte sich im August 2022 entschieden, zwei X-Postings unter seinem Benutzernamen "@consent_factory" zu veröffentlichen. Diese wurden dann im Juni 2023 für Hopkins überraschend Bestandteil einer staatsanwaltlichen Ermittlung gemäß der ihm unterstellten Verstöße gegen die Paragrafen 86 und 86a des Strafgesetzbuches (StGB). Es folgte ein bedingt medial wahrgenommener Termin vor dem Amtsgericht Tiergarten (RT berichtete).
Hopkins wurde im Erstverfahren freigesprochen, die Berliner Zeitung kommentierte zu dem nun erfolgten Schuldspruch im September 2024:
"Autor CJ Hopkins verurteilt: 'Bedenkliche Tendenz der Gerichte, Regierungskritiker mundtot zu machen' – Der Autor hatte unter Verwendung von Hakenkreuzen autoritäres Regierungshandeln während der Coronazeit kritisiert. Unsere Autorin hat zum NS-Kennzeichenverbot promoviert und kritisiert das Urteil."
Die Gastautorin der Zeitung, promovierte Richterin, resümiert zu der Urteilsfindung, dass "mit dieser Entscheidung sich die deutsche Justiz einmal mehr von den Grundsätzen einer freiheitlichen Demokratie entfernt, die von dem Austausch widerstreitender Überzeugungen und Meinungen sowie der Kritik an Regierungshandeln lebt."
Der Anwalt von Hopkins informiert demgegenüber in mehreren Telegram-Beiträgen über die fehlerhafte Berichterstattung seitens der Berliner Tageszeitungen Tagesspiegel und Taz. So heißt es zum Artikel des Tagesspiegels:
"Der Tagesspiegel verwechselt in seinem Artikel etwas. CJ Hopkins wurde nicht wegen Volksverhetzung verurteilt. Er wurde des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen für schuldig befunden."
Am Nachmittag des 30. September informierte Anwalt Friedemann Däblitz dann via Telegram darüber, dass "der Tagesspiegel auf meine Bitte den Fehler im Schuldspruch ('Volksverhetzung') korrigiert hat." Am Abend des gleichen Tages hieß es dann seitens Däblitz:
"Die TAZ wiederholt den (vom Tagesspiegel inzwischen korrigierten) Fehler der Benennung eines falschen Schuldspruches und schreibt: 'Grund ist ein Revisionsverfahren, bei dem die Frage verhandelt wird, ob die Verwendung des Hakenkreuzes ein legitimer Ausdruck von Protest ist – oder schlicht Volksverhetzung'."
Nach erneut notwendigem Hinweis korrigierte auch die Taz-Redaktion den inhaltlichen Fehler. Der Tagesspiegel-Artikel informiert seine Leser über die Gerichtsverhandlung – wie üblich mit wertender Berichterstattung:
"'Es geht darum, politisch Andersdenkende zu bestrafen und Kritiker mundtot zu machen', las Hopkins aus einem mehrseitigen Pamphlet vor. Masken seien 'Symbole der Konformität' und er ein 'politischer Dissident', den der 'Staat zerstören' wolle. Am Ende seiner Ausführung applaudierten seine Unterstützer im Besuchersaal lautstark, darunter auch bekannte Verschwörungsideologen."
Das Tagesspiegel-Zitat, dass "der Staat" Hopkins "zerstören" wolle, findet sich dabei nicht in diesem Wortlaut im Original-Plädoyer von Hopkins, das seitens der Bloggerin Aya Velázquez in einem Substack-Artikel komplett zitiert wird. Hopkins erklärte unter anderem laut Zitat vor dem Gericht:
"Sie instrumentalisierten das Gesetz, um politische Dissidenten zu bestrafen. Nazideutschland hat all das auch getan, wie die meisten anderen totalitären Systeme. Ich habe all dies in meinem Buch dokumentiert (...) Ich habe mich dagegen ausgesprochen. Ich habe Essays darüber veröffentlicht. Ich habe darüber getwittert. Meine Strafe dafür ist: Hier stehe ich nun zum zweiten Mal vor einem Strafgericht. Die Behörden ließen meine Tweets zensieren. Sie haben mich bei dem Bundeskriminalamt angezeigt.
Sie haben mich beim Bundesamt für Verfassungsschutz angezeigt. Mein Buch ist in Deutschland verboten. Die deutschen Behörden haben gegen mich ermittelt. Sie haben mich strafrechtlich verfolgt. Sie haben mich wegen zweier Tweets vor Gericht gestellt. Nachdem ich freigesprochen wurde, war das nicht genug, also haben sie mich erneut vor Gericht gestellt. Sie haben mich diffamiert (...) Es geht nicht darum, Menschen zu bestrafen, die wirklich Pro-Nazi-Propaganda verbreiten. Es geht darum, politisch Andersdenkende zu bestrafen und Kritiker zum Schweigen zu bringen. Ich bin nicht hier, weil ich ein Hakenkreuz auf meinen Buchumschlag gedruckt habe. Ich bin hier, weil ich es hinter einer 'Corona-Maske' gestellt habe."
Velázquez informierte zum Ablauf der Gerichtsverhandlung, dass Anwesende, Journalisten wie Sympathisanten, nur unter "horrenden Anti-Terror-Auflagen" Zugang zum Saal erhalten hätten:
"Alle Besucher mussten ihr sämtliches Hab und Gut am Eingang des Gerichts abgeben – eine Haftung wurde dabei ausgeschlossen. Selbst Journalisten wurde eine Laptop-Nutzung verwehrt (...) Das Sicherheitspersonal händigte auf Wunsch Zettel und Kugelschreiber an die Besucher aus – denn auch das Mitbringen eigener Stifte und eigenen Papiers war gemäß Anti-Terror-Auflagen untersagt. Man möge bitte leiser sprechen, maßregelte die Gerichtssprecherin Lisa Jani mit schriller Stimme im gebieterischen Tonfall einer Kindertagesstätten-Erzieherin die erwachsenen Besucher, die sich in normaler Gesprächslautstärke miteinander unterhielten."
Ein Artikel auf der Webseite der Organisation "KRiStA – Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte" titelte mit der Überschrift: "Wieviel NS-Kennzeichen verträgt die deutsche Demokratie 2024?" – wobei die Autorin Clivia von Dewitz, die oben genannte Gastautorin der Berliner Zeitung, am 1. Oktober feststellte:
"Die Politik hat also gegen jede wirtschaftliche Vernunft Masken bestellt, entgegen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der fachlichen Einschätzung des RKI das Tragen von Masken angeordnet (...) Ist es nicht mehr möglich, auch auf extreme Weise Regierungshandeln zu kritisieren, bewahrheitet sich, wovor C. J. Hopkins mit seinen Posts warnen möchte, nämlich dem Aufstieg neuer totalitärer Regierungsstrukturen und damit dem Verlust demokratischer Werte. Wenn Der Spiegel und der Stern, die weder während noch nach der Coronazeit mit besonders regierungskritischen Beiträgen oder einem ernsthaften Aufklärungsbemühen aufgefallen sind, unbehelligt Hakenkreuze auf ihren Titelseiten verwenden können, muss gleiches für Kritiker der Regierung gelten."
Ein Nius-Redakteur ergänzt diesbezüglich:
"Selten war ein Fehlurteil so offensichtlich (...) Die Botschaft ist: Nazivergleiche gegen die Regierung sind in Deutschland NS-Verharmlosung, Nazivergleiche gegen die Opposition jedoch in Ordnung, weil der deutsche Staat nur Abweichler fertigmacht."
Selten war ein Fehlurteil so offensichtlich: Berlins Kammergericht verurteilt also den amerikanischen Autor und Satiriker Christopher „CJ“ #Hopkins (@CJHopkins_Z23). Die Botschaft ist: Nazivergleiche gegen die Regierung sind in Deutschland NS-Verharmlosung, Nazivergleiche gegen… pic.twitter.com/rF9BPCjhua
— Felix Perrefort (@FPerrefort) October 1, 2024
Hopkins selbst kommentierte zu dem Urteil gegen seine Person:
"Ich möchte nicht zu dramatisch werden, aber das ist keine Rechtsfrage mehr. Es ist eine Frage der Macht. Machtmissbrauch. Wenn prominente Deutsche sich nicht dagegen aussprechen, wissen wir, wohin das führen wird."
Der US-Autor war bereits via Strafbefehl zu 60 Tagessätzen á 60 Euro, also einer Gesamtstrafe von 3.600 Euro verurteilt worden, der finale Urteilsspruch muss noch erfolgen. Hopkins wird gegen seine Verurteilung laut seinem Anwalt in Form einer Verfassungsbeschwerde Protest einlegen.
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