Deutschland

Die ARD fragt unter Mithilfe von Komparsen: "Ist die AfD eigentlich ein Problem?"

"Eine Politshow, in der einhundert Menschen aus der Bevölkerung zu gesellschaftlichen Themen Stellung beziehen", so das offizielle Sendekonzept. Aufmerksame Zuschauer konnten recherchieren, dass mindestens ein Teilnehmer der aktuellen Sendung hauptberuflich Hobbyschauspieler ist.
Die ARD fragt unter Mithilfe von Komparsen: "Ist die AfD eigentlich ein Problem?"© Screenshot: ARD-Mediathek

Die ARD präsentierte seinen Zuschauern am gestrigen Abend die jüngste Folge des Sendeformats "Die 100". Die Idee hinter der Sendung ist laut Informationen der Sendeanstalten WDR und NDR, dass einhundert Menschen "aus der Bevölkerung" zu gesellschaftlichen Themen Stellung beziehen sollen. Zwei Journalisten tragen dabei "Pro- und Contra-Argumente" zu einer konzipierten Frage vor. Wenige Tage vor den Landtagswahlen in Brandenburg lautete der Sendungstitel: "Ist die AfD eigentlich ein Problem?". Das Problem für kritische Zuschauer lautet am Tag danach, warum musste ein professioneller Komparse Frage und Antwort stehen?

Seit rund vier Jahren präsentiert das medienkritische X-Profil "ÖRR Blog" interessierten Lesern nachweisliche manipulative Ereignisse aus der Berichterstattung von ARD und ZDF, samt dazugehörigen Sendeanstalten. Diese Recherchen motivierten dabei weitere ÖRR-Kritiker, die Produktionen aus Mainz und Berlin genauer unter die Lupe zu nehmen, so auch nach der Ausstrahlung der jüngsten "Die 100"-Ausgabe.

Die ARD-Webseite informierte zur Sendung:

"Die AfD scheint in Deutschland fest etabliert. Besonders im Osten erfährt sie große Zustimmung. Ist das eigentlich ein Problem? Gefährdet der Erfolg einer in Teilen rechtsextremen Partei unsere Demokratie oder ist diese stark genug, sich auch den Feinden der Demokratie entgegenzustellen?" 

Moderiert wurde die Sendung von Ingo Zamperoni, bekannt für sein unkritisches, dabei kontrovers wahrgenommenes, Tagesthemen-Interview mit Bill Gates im Jahr 2020. Zwei Journalistenkollegen präsentierten den Studiogästen "Pro- und Contra-Argumente" zur Partei AfD. Der seitens der Redaktion ausgesuchte Co-Moderator Tobias Krell arbeitet dabei als Kopf und Namensgeber der Sendung Checker Tobi für den KiKA (ARD-Kinderkanal).

Weiter heißt es in der Sendeplanung:

"Einhundert Menschen auf dem Spielfeld stimmen mit ihren Füßen ab: Welches Argument überzeugt? Welches bewegt zum Nach- oder Umdenken? Wie viel Bewegung entsteht im Laufe des Abends?"

Das Focus-Magazin titelt am Tag danach:

"Als ARD-Show Argumente gegen die AfD sammelt, wird sie zum ernsten Kindergeburtstag"

Für das Sendeformat können sich interessierte Bürger als Teilnehmer schriftlich bewerben. Das X-Profil "Storymakers" informierte bereits noch am Montagabend über erneute Auffälligkeiten in den ARD-Konzepten, je nach Blickwinkel und medienkritischer Wahrnehmung, eine "Wiederholungstat" oder nur ein schlichter "dummer Zufall".

Tags darauf ergänzte das X-Profil ÖRR-Blog unter anderem mit Backstage-Fotografien:

Spontan vorgestellt und interviewt, wurde ein Michael Schleiermacher, von Beruf laut Einblendung "Bürokaufmann". Die Ergänzung "unter anderem Bürokaufmann" hätte der Wahrheit eher entsprochen. "Rein zufällig" findet sich Herr Schleiermacher nämlich auch im Komparsen-Portfolio des Unternehmens "Stage Pool". Herr Schleiermacher selbst stellt sich seinen Followern in seinem Instagram-Profil dabei nicht als "Bürokaufmann" vor, sondern als "Komparse und Kleindarsteller".

Wo findet sich nun der "Skandal"? Ausgerechnet Herr Schleiermacher durfte, nachdem er "überzeugt" vom AfD-Sympathisanten im Verlauf der Sendung zum Kritiker wurde, zusammen mit Herrn Zamperoni das "Schlusswort" vortragen, als letzter interviewter Teilnehmer der Sendung. Der Westen erklärt seinen Lesern:

"Der hauptberufliche Bürokaufmann gesellte sich plötzlich zu den Teilnehmern, die in der AfD 'ein Problem für die Demokratie' erkennen. Zu Beginn der Show hatte er noch auf der anderen Seite gestanden. Moderator Zamperoni fragte ihn, wieso er nun auf einmal hier stehe. Der Mann erläuterte: 'Das ist einfach zu erklären. Die AfD ist ein Wolf im Schafspelz. Man weiß nicht, was sie vorhat'. Durch die Sendung sei er 'auf andere Gedanken gekommen'."

Durch die Sendung? In der Mediathek noch bis 16. September 2026 ab Minute 58.18 zu bewundern:

Der vorletzte Studiogast, ein normaler Bürger (?), erklärte ebenfalls zuvor Herrn Zamperoni, warum er jetzt doch auf der Seite der AfD-Kritiker stehen würde:

"Ich hab' gewechselt jetzt, weil ich am Anfang viel mehr Vertrauen in die Demokratie hatte und jetzt im Verlauf der Sendung ist mir deutlich geworden, dass es doch eine Gefahr sein könnte (sic!). Am Anfang war ich ziemlich unbedarft, jede Demokratie muss das auch aushalten können, die Meinung von der AfD, aber im Laufe dieser Sendung ist mir total klar geworden, das man diese Meinungen doch nicht akzeptieren kann."

Die ARD informiert auf ihrer Webseite zum Thema: "Was unsere Leistung ausmacht":

"Unsere Angebote unterstützen eine kulturell, sozial und politisch versierte und kompetente Gesellschaft, fördern Teilhabe und das menschliche Miteinander. Wir engagieren uns im Auftrag der Gemeinschaft für wichtige gesellschaftliche Themen und liefern einen relevanten Beitrag zu Integration und Inklusion in unserem Land."

Am 22. September finden die nächsten Landtagswahlen in Brandenburg statt. Die ARD-Tagesschau informierte am 16. Dezember vor Ausstrahlung der Sendung:

"Aufholjagd mit offenem Ende. Kurz vor der Landtagswahl legt die Brandenburger SPD in Umfragen weiter zu. Zu verdanken ist das Dietmar Woidke. Plötzlich scheint eine lange unrealistische Koalition möglich. Doch auf wessen Kosten läuft die Aufholjagd?"

Laut Umfrage "bleibt die AfD stabil" in ihren Werten und "damit knapp stärkste Kraft" in Brandenburg (27 Prozent, gegenüber 26 Prozent für die SPD).

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