Deutschland

Verfassungsschutz unterstellt der Berliner Zeitung und weiteren Medien "Russenpropaganda"

Eine Publikation des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz beschäftigt sich mit "internen Details zu russischen Desinformationskampagnen". Dabei werden Medienprodukte wie auch Einzelpersonen gelistet, denen unterstellt wird "Nachrichten passend zum russischen Narrativ" zu verbreiten.
Verfassungsschutz unterstellt der Berliner Zeitung und weiteren Medien "Russenpropaganda"Quelle: Legion-media.ru © imageBROKER.com GmbH & Co. KG

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz veröffentlichte im August eine 45-seitige Publikation mit dem Titel: "Doppelgänger", um darin "interne Details" dokumentierter und ausgewerteter Inhalte zu "russischen Desinformationskampagnen" aufzulisten. Unter anderem werden dabei die Berliner Zeitung und der Freitag aus dem Bereich etablierter Medien erwähnt. Zudem alternative Medienblogs wie 'Tichys Einblick" und 'Compact' oder die Webseiten der RT-Gastautoren Uli Gellermann ('Rationalgalerie') und Tom J. Wellbrock ('Neulandrebellen'). 

Am 12. August informierte die Webseite des Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) darüber, dass es der Behörde "gelungen ist, mittels umfangreicher technischer Analysen, wesentliche Erkenntnisse zur Desinformationskampagne 'Doppelgänger' zu generieren." In der Rubrik: "Webseiten, die Nachrichten passend zum russischen Narrativ verbreiten" heißt es dann erläuternd zur folgenden Listung (Seite 21):

"Hierbei handelt es sich nicht um Fakeseiten, sondern um Originale, die durch den Akteur genutzt werden, um die Reichweite einzelner Inhalte zu erhöhen, da sie anscheinend grundsätzlich ins russische Narrativ passen."

Bei den in einer "Tabelle 6" gelisteten Webseiten und Publikationen – dabei auch als einzig genannte politische Einzelperson die BSW-Abgeordnete Sevim Dağdelen, ausgehend von ihrer Webseite – handelt es sich unter anderem um die Berliner Zeitung, den Freitag, die Junge Freiheit, die Schweizer Weltwoche, das Compact-Magazin sowie Medienblogs, wie die 'NachDenkSeiten', 'Rationalgalerie' und 'Neulandrebellen '.

Neben der BSW-Politikerin Dağdelen als verantwortliche Einzelperson wird auch der Blog des Journalisten Alexander Wallasch gelistet. 

Der Tagesspiegel-Redakteur Alexander Fröhlich, Mitarbeiter der nachweislich als regierungstreu geltenden Hauptstadtpostille, verwies am 6. September via X-Posting auf die Listung seiner Kollegen:

Der Chefredakteur der Berliner Zeitung, Tomasz Kurianowicz, reagierte einen Tag später auf den Hinweis und die damit verbundenen Unterstellungen mit der X-Reaktion:

Kurianowicz ergänzte seine Replik mit der Bemerkung:

"Verfassungsschutz und Konkurrenz möchte ich an Artikel 5 des Grundgesetzes erinnern: 'Jeder hat das Recht, seine Meinung (...) frei zu äußern (…). Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung (...) werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.'"

Der Bildverweis des TS-Redakteurs auf den Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, bezieht sich auf die sogenannte "Stasi-Vergangenheit" von Friedrich und seinen Umgang mit russischen Institutionen in der Hauptstadt. So titelte die in Berlin ansässige Taz am 11. Mai 2023:

"Holger Friedrich in russischer Botschaft: Enteignet die Putin-Versteher! Zum 'Tag des Sieges' war in der russischen Botschaft allerlei illustres Publikum geladen. Mit dabei: Der Verleger der Berliner Zeitung Holger Friedrich."

Die Neue Zürcher Zeitung schrieb einleitend im Mai 2023:

"Holger Friedrich hat es aus einem Ostberliner Plattenbau zum Millionär gebracht. Heute gilt er als gefährlichster Verleger Deutschlands. Zu Recht? Man bezeichnet sie als Organ für Putin-Versteher und Bedrohung für den Journalismus: Die Berliner Zeitung ist in kurzer Zeit zu einer der umstrittensten deutschsprachigen Publikationen geworden." 

Alexander King, Landesvorsitzender des Berliner BSW kommentierte auf X zur BayLfV-Veröffentlichung und daraus resultierenden Diskussionen:

"Wo sind wir eigentlich gelandet, wenn die Berliner Zeitung in einem Verfassungsschutzbericht erwähnt wird und die Konkurrenz darüber frohlockt, anstatt gemeinsam die Meinungs- und Pressefreiheit zu verteidigen?"

Ein weiteres BSW-Mitglied, Frederick Broßart, stellte im Rahmen eines X-Postings fest:

"Das BSW ist noch nicht mal ein Jahr alt und wird gleich vom VS Bayern ins Visier genommen. Hier durch meine geschätzte Parteikollegin Sevim Dagdelen (...) Das ist ungeheuerlich und gehört aufgeklärt! Der VS sollte unsere Verfassung schützen und nicht die diskreditieren, die eine andere Perspektive einnehmen als der Mainstream! Hier wird ganz klar versucht die Meinungsfreiheit einzuschränken und nicht die Demokratie zu retten!"

Die Verfasser der Publikation, das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz, erläutert unterstellend zu Details der Erhebung, dass "mit Blick auf Deutschland" mithilfe der Veröffentlichungen der gelisteten Medienschaffenden "gezielt die Grundfesten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Frage gestellt werden."

Die getätigten Analysen hätten dabei "vertiefende Einblicke zum arbeitsteiligen Vorgehen und dem geografischen Ursprung – sogenannter Fake- und Spiegelwebseiten – der verantwortlichen Akteure ergeben.". Es sei für die Faeser-Behörde nun "deutlich erkennbar, wie die Kampagnen-Verantwortlichen die Desinformation systematisch erstellen, international verteilen und sich dabei dynamisch der sich verändernden politischen Lage auf internationaler und Zielstaatsebene anpassen."

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