Deutschland

Die Restlinke zerfleischt sich: Gysi fordert neue Führung – und erntet Abfuhr

Die Restlinke zerfleischt sich: Nach dem miserablen Abschneiden der Linken bei der EU-Wahl fordern Gregor Gysi und Dietmar Bartsch einen Führungswechsel in der Parteispitze. Von der Bundesgeschäftsführerin Katina Schubert ernten die beiden Widerspruch.
Die Restlinke zerfleischt sich: Gysi fordert neue Führung – und erntet AbfuhrQuelle: www.globallookpress.com © Monika Skolimowska/dpa

Für die Restlinke sind die Aussichten düster: Die letzten Wahlen waren eine Serie von Niederlagen und in den Umfragen liegt die Partei mittlerweile konsequent unterhalb der Nachweisgrenze und wird unter "Sonstige" geführt. Verdient, wie viele meinen.

Klar ist allerdings auch, dass einige nun ihre Felle davonschwimmen sehen. In einem Hintergrundgespräch im Bundestag erklärte der bekannte Altpolitiker und frühere Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi, laut einem Bericht des Spiegels:

"Ich sage das hier ganz offen: Wir brauchen eine strukturelle, politische und personelle Erneuerung. Und wenn die nicht zustande kommt, sondern wir denken, wir machen weiter so, also wir bleiben bei 2,7 Prozent, auch anders übersetzt: Das würde natürlich eine Katastrophe."

Damit bezog sich Gysi ziemlich deutlich auf die beiden aktuellen Parteivorsitzenden, Janine Wissler und Martin Schirdewan. Auch der frühere Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch meint: "Die entscheidende Frage ist wirklich die, dass es eine Alternative gibt." Bartsch sagte auch: "Wokeness" und Freude darüber, den Grünen ein paar Zehntausend Wähler abzuluchsen, reiche eben nicht aus. Es sei an der Zeit zu begreifen, "dass wir aus der Tradition der Arbeiterbewegung kommen".

Katina Schubert, Bundesgeschäftsführerin der Linken, sprach sich jedoch gegen einen Austausch der Parteispitze aus – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Dem Spiegel sagte sie:

"Wir stehen kurz vor drei ostdeutschen Landtagswahlen. Darauf sollten wir gemeinsam alle Kraft verwenden. Eine Personaldebatte vor den Wahlen ist für die Unterstützung kontraproduktiv."

Die Parteivorsitzenden hätten unmittelbar nach der EU-Wahl gemeinsam mit den Landesvorsitzenden verabredet, dass man gemeinsam einen Prozess angehen werde, um auf dem Bundesparteitag zu einer inhaltlichen, strategischen und personellen Aufstellung mit Blick auf die Bundestagswahl zu kommen, erklärte Schubert.

Seit 2022 wird die Linke von Janine Wissler und Martin Schirdewan geführt und verbucht seither eine Serie von Wahlniederlagen. Von vielen in der Partei werden die beiden daher als Teil des Problems gesehen – eindeutig geäußert haben sie sich dazu bisher jedoch nicht. Schirdewan hatte allerdings zumindest angedeutet, dass er über einen Rückzug beim Parteitag im Oktober nachdenkt. Dem Tagesspiegel sagte er:

"Ich werde rechtzeitig darüber informieren, ob ich noch einmal antrete."

Ein Weiter-so könne es nicht geben, so Schirdewan. Wissler hingegen hüllt sich bisher in Schweigen.

Auf die Forderung von Gysi und Bartsch erwiderte die Bundesgeschäftsführerin nun, man könne die Probleme der Linken nicht allein auf die letzte Zeit zurückführen. Die Wahlergebnisse gingen bereits seit vielen Jahren zurück.

"Alle, die in den letzten Jahren Verantwortung in Partei und Bundestagsfraktion tragen oder bis vor Kurzem getragen haben, sollten sich selbstkritisch hinterfragen, statt öffentlich gegen andere auszuteilen."

Die Devise der Partei müsse dementsprechend lauten: Mehr "Gemeinsam", weniger "Ego", sagte Schubert.

Bartsch und Gysi selbst ließen offen, ob sie bei der nächsten Bundestagswahl noch einmal kandidieren. Dies sei noch nicht entschieden, so Bartsch. Gysi sagte, dies hänge auch von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über das Wahlrecht ab. Bei der letzten Bundestagswahl kam die Linke bekanntlich nur über die Grundmandatsklausel, die bislang Parteien, die nicht über die Fünfprozenthürde kamen, auch bei drei gewonnenen Direktmandaten den Einzug in den Bundestag ermöglichte. Eines dieser drei Direktmandate hatte Gysi gewonnen. Die Ampelkoalition hat jedoch das Wahlrecht geändert und diese Klausel abgeschafft. Derzeit wird in Karlsruhe geprüft, ob die neuen Regelungen rechtens sind. Sollte die Regelung bestehen bleiben, dürfte nicht mehr relevant sein, ob Gysi erneut ein Direktmandat gewinnt.

In der Vergangenheit waren Gysi und Bartsch zu unterschiedlichen Zeiten Fraktionschefs der Linken im Bundestag. Auch wenn sie keine offizielle Funktion mehr haben, gelten sie in der Partei immer noch als gewichtige Stimmen. Im vergangenen Oktober verließ Sahra Wagenknecht, eine der bekanntesten Linken-Politikerinnen, nach jahrelangen gegen sie gerichteten Intrigen die Partei. Das von Sahra Wagenknecht gegründete "Bündnis Sahra Wagenknecht" erzielte bei der EU-Wahl aus dem Stand 6,2 Prozent.

Ob die Tatsache, dass Gysi und Bartsch die Frage nach einer erneuten Kandidatur für den Bundestag offenlassen, eine Drohung sein soll, wird sich spätestens auf dem Bundesparteitag im Oktober zeigen. Dieser wird jedoch voraussichtlich nur noch für diejenigen relevant sein, welche den endgültigen Niedergang der Restlinken im Detail verfolgen wollen.

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