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"Feiner Spott" und "Normalität in Perfektion" – Habeck lobt Merkel zum 70. Geburtstag

Am 17. Juli wird die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel 70 Jahre alt. Im Vorfeld erhielt sie bereits eine ungewöhnliche Würdigung – in Form eines Gastartikels von Vizekanzler Robert Habeck im Rolling Stone. Dieser lobte Merkel, die für ihn die "Normalität in Perfektion" sei.
"Feiner Spott" und "Normalität in Perfektion" – Habeck lobt Merkel zum 70. GeburtstagQuelle: www.globallookpress.com © Andreas Gora/Keystone Press Agency

Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bundesrepublik 16 Jahre lang in bezeichnender Weise geprägt. Am 17. Juli wird Merkel 70 Jahre alt. Im Vorfeld erhielt sie allerdings bereits eine ungewöhnliche Würdigung – in Form eines Gastartikels von Vize-Kanzler Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen) in der Sommerausgabe des Rolling Stone.

Gleich zu Beginn des Artikels stellte Habeck klar, dass er begeistert war, als er Merkel 2012 das erste Mal traf – immerhin war zu dieser Zeit der Atomausstieg nach Fukushima bereits auf dem Weg:

"Ich war Energieminister in Schleswig-Holstein, die Bundeskanzlerin am Ende ihrer zweiten Amtszeit und der Atomausstieg nach Fukushima war auf dem Weg – der Atomausstieg, den Union und FDP beschlossen und konsequent umgesetzt haben."

Besonders schätze er an der ehemaligen Bundeskanzlerin ihren Humor:

"Der feine Spott, der mir beim ersten Treffen auffiel, war bei ihr so zu Hause wie der schneidende Witz und Humor – das Pathos, die Emotion, die Leidenschaft weniger. Merkel als Kanzlerin war, wie sie sprach: nüchtern und analytisch."

Habeck würdigte zudem, dass Merkel die "Normalität in Perfektion" verkörpert habe:

"Merkel konnte man sich beim Kuchenbacken oder Kartoffelschälen oder beim 'Tatort'-Gucken vorstellen, und man wusste, dass sie auch als Regierungschefin in den Supermarkt und ins Kino, ins Theater ging. Man spürte eine Nahbarkeit, eine wohltuende Normalität. Fern jeder Hybris. Die Normalität in Perfektion."

Merkels "souveränen Umgang" mit männlichen Parteigrößen der Union bezeichnete er als "Sieg über den Chauvinismus". Wohlwollend stellte Habeck zudem fest, dass Merkel ihre eigene Biografie als ostdeutsche Frau nur "selten politisch eingesetzt habe".

Er betonte auch, dass Merkel die Union über 16 Jahre lang "in der Mitte gehalten" und sie immun gegen die Versuchung des "rechten Populismus" gemacht habe. "Was man für die Zeit nach ihr nicht ungebrochen sagen kann." Diese Spitze dürfte gegen den derzeitigen CDU-Chef Friedrich Merz gerichtet sein, der – zumindest aus Habecks Sicht – "Rechtspopulismus" betreibt.

Kritik übt Habeck dahingehend, dass, "aus Sorge, dass es mit Zumutungen einhergeht", viele notwendige Änderungen nicht mehr angegangen wurden. Die Ära Merkel habe dem Land "Stabilität, der Union die Mitte und den Deutschen das Gefühl gegeben, dass wir Weltmeister bleiben können, indem wir alles lassen, wie es ist". Die Stabilität sei aber lediglich "eine an der Oberfläche gewesen, inzwischen ist die geglaubte Normalität zerbrochen".

"Der Krieg ist zurück – in Europa und in unserer Nachbarschaft in Israel, die Globalisierung steht unter Druck, was eine Exportnation beunruhigen muss, die globale Erderwärmung nimmt immer mehr zu, unsere Freiheit ist von innen wie von außen angegriffen. Das bedeutet das Ende der Ära Merkel. Die Wirklichkeit ist nicht stabil und Normalität nicht der glückliche Aggregatzustand, der nur manchmal durch disruptive Krisen gestört wird. Der Boden, er schwankt."

Ob der schwankende Boden sich auf die politische Situation bezieht oder ob der Verfasser von Merkels Würdigung zu viel Küstennebel intus hatte, bleibt unterdessen unklar. Natürlich dürfen im Artikel auch die berüchtigten Habeckschen Stilblüten nicht fehlen:

"Zwischen Schweigen und Brüllen liegt das Sprechen. Es muss jetzt ein anderes sein als das von Angela Merkel. Eines, das nicht nur Analyse liefert, sondern auch Lösungen bietet. Das vom Handeln unterlegt ist. Eines, das nicht nur sezierend nüchtern ist, sondern einnimmt."

Erstaunlicherweise stellte Habeck aber auch fest, dass Merkels Politik des Stillstands auch ein Erklärungsansatz für die Unbeliebtheit der Ampel-Koalition ist – und ausnahmsweise nicht, wie Habeck in der Vergangenheit oft angeführt hatte, Putin oder die AfD (oder womöglich sogar die desaströse Politik der Ampel selbst):

"Unnötig zu sagen, dass hier auch ein Erklärungsansatz liegt, warum die Ampel so unbeliebt ist. Natürlich gibt es auch Management- oder Performanceprobleme. Aber vielleicht gerät Zustimmung nach einer langen Phase ohne Anstrengung auch strukturell unter Druck, wenn eine Regierung eine Reformregierung ist."

Merkels Reaktion auf Habecks Würdigung im Rolling Stone ist bisher nicht bekannt.

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