Deutschland

Norbert Häring: Die "extreme Mitte" wird totalitär – und der Mainstream schweigt

Der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring weist in einem Beitrag darauf hin, dass die Forderung des Thüringer CDU-Chefs Mario Voigt nach einer staatlichen Lizenz für Äußerungen in den sozialen Medien von den Mainstream-Medien verschwiegen werde. Eine Schlüsselrolle komme dabei den Nachrichtenagenturen zu.
Norbert Häring: Die "extreme Mitte" wird totalitär – und der Mainstream schweigtQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Jacob Schršter

Der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring stellt auf seinem Blog fest, dass es mit der demokratischen Kultur in der Bundesrepublik bergab geht: Konkret bezieht er sich auf die Tatsache, dass der Chef der Thüringer CDU und Spitzenkandidat der Partei, Mario Voigt, in einer Landtagsdebatte am 24. April forderte, eine staatliche Lizenz für Äußerungen in den sozialen Medien einzuführen. Dies werde von den Mainstream-Medien und dem gesamten linken politischen Spektrum übergangen und totgeschwiegen.

Eine Suchmaschinen-Abfrage lieferte als Erstes eine Reihe von YouTube-Beiträgen über Voigts Rede, so Häring. Schriftliche Beiträge fanden sich ausschließlich in Alternativmedien und konservativen Medien wie Tichys EinblickApollo NewsAchgut und bei der Werteunion. Auch RT DE hatte über Voigts Zensur-Forderung berichtet. Eine Schlüsselrolle beim Verschweigen des Skandals hatte demnach wieder einmal die Nachrichtenagentur dpa, von der die meisten Zeitungen ihre Berichte über solche Ereignisse beziehen. In einem längeren dpa-Bericht über die Landtagsdebatte kam Voigts Forderung nicht vor. Laut Häring sei es allerdings schwer vorstellbar, dass dem Reporter das Reizwort "Social-Media-Lizenzen" nicht aufgefallen ist oder er das Thema für uninteressant hielt.

Aber auch die Thüringer Allgemeine spart das Aufregerthema "Lizenz zur Meinungsäußerung" komplett aus. Dadurch hänge der Hinweis darauf, dass die AfD die Meinungsfreiheit in Gefahr sehe, in dem Bericht "sonderbar in der Luft". Häring vermutet, dass man bei der dpa und der Thüringer Allgemeinen den Rechten keinen Rückenwind geben wolle, indem man das Wahlvolk in Thüringen und die deutsche Öffentlichkeit über den Extremismus aus der Mitte derer informiert, die sich so gern "DIE demokratischen Parteien" nennen.

"Wenn dann allein die Rechten sich – zu Recht – gehörig aufgeregt haben, fällt es den Mainstream-Medien und dem linken Spektrum umso schwerer, verspätet in den Chor der Kritik einzustimmen.

Das ist feige. Damit machen sie sich mitschuldig daran, dass Extremisten aus der Mitte das Sagbare immer mehr ins Totalitäre verschieben. Sie machen sich mitschuldig, wenn solche antidemokratischen Ideen umgesetzt werden."

Voigt hatte in seiner Rede vor dem Thüringer Landtag gefordert, dass man sich über ein Botverbot verständigen müsse. Dadurch solle die Nutzung "gefälschter Profile" als Straftat gelten. Auch müsse man über die Klarnamenpflicht sprechen, denn "Meinungsfreiheit" solle nicht hinter Pseudonymen versteckt werden. Zudem ginge es auch um die Frage, verwirkbare Social-Media-Lizenzen für jeden Nutzer zu schaffen, um "Gefährder" auszusperren. Diese Maßnahmen sollen für mehr "Freiheit" und "Meinungsvielfalt" sorgen. Häring ordnete Voigts Forderungen folgendermaßen ein:

"Voigt will also falsche Nutzerprofile nicht nur verbieten, sondern gleich zur Straftat machen. Das würde bedeuten, dass alle, die sich gegen die vorherrschende Meinung stellen möchten, dies um den Preis tun müssen, dass eine intolerante Meute billig-und-gerecht Denkender sie so lange öffentlich mit Dreck bewirft und denunziert, bis sie den Job verlieren oder ihre Möglichkeiten, öffentlich aufzutreten."

Voigts Forderung war laut Häring jedoch kein Einzelfall: In den letzten Tagen zeigten einige Beispiele, wie weit das öffentlich Sagbare bereits ins Totalitäre verschoben wurde. Auch RT DE hatte über die Fälle berichtet:

  • Die parteilose Justizsenatorin des schwarz-roten Berliner Senats fordert, "das Einbringen von Desinformationen" unter Strafe zu stellen.
  • Die Rüstungslobbyistin und FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, fragt einen kritischen Zuhörer, der mit ihr "über Demokratie reden" will, ob sein Arbeitgeber wisse, was er hier tue, und fragt anschließend mehrfach nachdrücklich, wer sein Arbeitgeber sei.
  • Weil der Trendstudie "Jugend in Deutschland" zufolge 22 Prozent der jungen Leute AfD wählen würden, fordert der grüne Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses eine Überarbeitung aller Lehrpläne.

Häring schließt seinen Beitrag mit den Worten:

"Die ganz große Koalition der extremen Mitte sieht sich belagert von Realitäten und einer immer kritischeren Öffentlichkeit. Der Vertrauensverlust ist bereits so groß, die Entfernung des politischen Handelns von den Wünschen und Bedürfnissen der Bevölkerungsmehrheit so groß, dass sie sich nicht mehr trauen, die Kritik anzunehmen. Vielmehr suchen sie inzwischen ganz offen ihr Heil darin, Kritik zu unterdrücken und sogar zu verbieten. Dass das nicht klappen kann, liegt auf der Hand, aber es ist offenkundig sehr schwer, umzusteuern."

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