Mahnen, drohen, Handel begrenzen - Viele Erwartungen an den Besuch des Kanzlers in China
Am Samstag bricht Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu seinem Besuch nach China auf. Es ist sein zweiter Staatsbesuch im Reich der Mitte. Insgesamt drei Tage wird Scholz in China verbringen und drei Metropolen des Landes besuchen.
Sowohl aus der Ampel als auch von der CDU-Opposition werden Forderungen an Scholz erhoben, die angesichts der jüngsten Entwicklungen und der deutschen Wirtschaftsschwäche wie eine Verweigerung der Kenntnisnahme der realen Verhältnisse wirken.
Von der Fraktionsvizevorsitzenden der Grünen Agnieszka Brugger bekam Scholz den Auftrag, in China das Uiguren-Problem anzusprechen. Ihrer Auffassung nach begeht China schwere Menschenrechtsverletzungen an der muslimischen Minderheit in der autonomen chinesischen Republik Xinjiang. Juristisch verwertbare Belege dafür gibt es keine. Eine Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag war bereits 2020 zurückgewiesen worden.
Dennoch halten deutsche Parlamentarier ihre Behauptungen aufrecht, China verletze systematisch die Menschenrechte der Uiguren. Auch die FDP-Abgeordnete Renata Alt meint, Deutschland sei in der Position, in China mal kräftig auf den Tisch zu hauen, um von deutschen Parlamentariern wahrgenommene Menschenrechtsverstöße anzumahnen.
Es ist dringend nötig, dass @Bundeskanzler bei seinem Besuch in #China#Menschenrechte hoch auf die Agenda setzt. Menschen in #Tibet, #Xinjiang & #Honkong, #Dissidenten & Journalisten brauchen unsere Unterstützung. Menschenrechte sind universell & unteilbar, das gilt auch f. 🇨🇳
— Renata Alt (@RenataAlt_MdB) April 12, 2024
Deutschland steht gerade wegen Beihilfe zu Genozid vor Gericht und verstößt auch im eigenen Land gegen die Menschenrechte. Es tut nicht genug gegen Armut, mahnte zuletzt der Europarat an. Sollte Scholz das Thema Menschenrechte tatsächlich ansprechen, wäre lediglich interessant, mit welcher Schärfe China reagiert.
Das gilt auch in Bezug auf Taiwan. Der Westen und mit ihm auch deutsche Politiker behaupten, Demokratie sei in Taiwan verwirklicht, auf dem chinesischen Festland jedoch herrschten autokratische Zustände. Die Chinesen selbst sehen das anders. Sie halten nach einer Erhebung des European Council on Foreign Relations die Demokratie in China für deutlich besser verwirklicht als in westlichen Staaten. Tatsächlich gilt sowohl für China als auch für Russland, die beide vom Westen als autoritär eingestuft werden, dass die dortigen Regierungen wesentlich näher am Puls der Bürger sind und auf deren Belange reagieren als ihre westlichen Pendants.
Die Bundeswehr beteiligt sich zudem bereits an Einsätzen im Indopazifik, die eindeutig gegen China gerichtet sind. Deutsche Delegationen besuchten Taiwan und brachen damit mit der Ein-China-Politik. Deutschland trägt die diplomatische und militärische Eskalation des Westens gegenüber China mit. Die im Außenministerium entwickelte China-Strategie sieht eine schrittweise Entkopplung von China vor.
Der CDU-Hardliner Roderich Kiesewetter behauptet, China führe vermehrt Cyber-Angriffe auf deutsche Unternehmen durch. Faktisch dürfte das Hochtechnologieland China kaum Interesse an deutscher Technologie haben, die in China als veraltet gilt. Es gibt in noch kaum einem Bereich eine deutsche Marktführerschaft. Die Verhältnisse haben sich längst umgekehrt.
Kiesewetter fordert zudem, Scholz soll China hinsichtlich der Unterstützung Russlands in die Schranken weisen. Auch da darf man auf die chinesische Reaktion gespannt sein. Aus Deutschland kommt keine Initiative zur Beilegung des Ukraine-Krieges. Deutschland setzt ausschließlich auf eine militärische Lösung und einen Sieg der Ukraine über Russland. Die deutsche Politik zielt darauf ab, den Krieg zulasten der Ukraine in die Länge zu ziehen. China dagegen bemüht sich aktiv um eine Lösung und hat inzwischen zwei diplomatische Vermittlungsinitiativen gestartet.
All dem Anspruch, China Vorschriften machen und dem Land Bedingungen diktieren zu können, stehen die realen wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber. Deutsche Unternehmen investieren nach wie vor umfassend in China. Allerdings sind diese Investments oftmals einer Skepsis gegenüber der heimischen China-Politik geschuldet.
Denn während sich deutsche Politik das De-Risking gegenüber einer Abhängigkeit von China auf die Fahne geschrieben hat, betreiben deutsche Unternehmen inzwischen ein De-Risking von deutscher Politik. Der ganze Wertschöpfungsprozess wird nach China verlagert. Firmen werden juristisch ausgegründet und der deutschen Gerichtsbarkeit entzogen. Die Bedingungen sind in China besser, die Energiepreise niedriger und vor allem droht im Fall von Sanktionen gegen China kein vollständiger Verlust des Geschäfts. Gleichzeitig sind die Gewinnerwartungen in China deutlich höher als in der EU und in Deutschland. In Deutschland schwindet die Kaufkraft.
All das lässt den Schluss zu, dass Deutschland aktuell in keinerlei Hinsicht in der Position ist, Forderungen an China zu stellen. Diese Fakten allerdings sind von deutschen Politikern noch nicht zur Kenntnis genommen worden, wie aus den Forderungen an Scholz deutlich wird.
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