"RKI-Files": Lauterbach ordnet "Entschwärzung" an, RKI-Anwälte wollen Prozesstermin verschieben
Der 20. März 2024 wird als wirkrelevanter und wegweisender Veröffentlichungstag zum Thema einer medial-politischen "Corona-Aufarbeitung" in Erinnerung bleiben. Dem Online-Magazin Multipolar gelang es auf juristischem Weg erkenntnisreiche Protokolle des Krisenstabs des Robert Koch-Instituts (RKI) für die Öffentlichkeit frei zu klagen und damit zugänglich zu machen. Von den rund 2.500 zugesandten Seiten sind jedoch weit über 1.000 zu großen Teilen geschwärzt. Eine diesbezügliche Folgeklage wird nun unter fraglichen Angaben von Gründen seitens der RKI-Anwälte künstlich verzögert. Karl Lauterbach mimt demgegenüber themenbezogen den an Aufklärung interessierten, politischen Macher.
Mehrheitlich reagierten verantwortliche politische Protagonisten der "Coronakrise" ablehnend bis abwertend hinsichtlich der Brisanz der Veröffentlichung der "RKI-Files" durch Multipolar. Parallel erfolgte eine mehr als auffällige Diskreditierungskampagne seitens regierungskonformer Medien, diese mit dem einzigen Ziel, den Journalisten Paul Schreyer und Multipolar-Mitbegründer als "rechten Verschwörungsideologen" unglaubwürdig zu machen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unterstützte die Kampagne gegen das Online-Medium durch seine willkürliche Einschätzung im Rahmen eines X-Postings vom 25. März 2024. Lauterbach wörtlich fabulierend:
"Aufklärung ist gut, aber wir dürfen nicht durch Einmischung fremder Regierungen Verschwörungstheorien in Sozialen Medien entstehen lassen. Das RKI hat wissenschaftlich unabhängig viel geleistet."
In Medieninterviews erklärte der Minister zudem, er weise dahin gehende Vorwürfe zurück, dass die verordnenden Vorgaben, die das RKI während der Corona-Pandemie gemacht habe, maßgeblich von der Politik beeinflusst worden seien. Überraschend erklärte Lauterbach nun in einem Telefon-Interview mit dem Deutschlandfunk (DLF), dass es auf einmal wichtig sei, eine politische Aufarbeitung zu unterstützen. Sein X-Posting zu den Anordnungen innerhalb seiner Behörde:
Das RKI hat in der Pandemie eine sehr gute Arbeit geleistet. Die in seinen Lageberichten vorgenommenen Schwärzungen werden mit Einverständnis der betroffenen Dritten weitestgehend aufgehoben. Das habe ich veranlasst, um das RKI vor Spekulation zu schützen https://t.co/bfLtEa96OB
— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) March 28, 2024
Das RKI ist eine untergeordnete Behördeneinrichtung der Bundesregierung. Lauterbach argumentierte zuvor, dass die Schwärzungen in den "RKI-Files" rein dem Schutz möglicher Namensnennungen von RKI-Mitarbeitern dienen würden. Im DLF-Interview behauptete er jetzt, er setze sich für "maximale Transparenz" ein. Bedingung für eine "Entschwärzung" sei jedoch, dass jede Person, die in dem Protokoll genannt sei und dessen Interessen genannt würden, vor dem Entschwärzen um Erlaubnis für das Vorgehen gebeten werden müsse. Dieser Vorgang könne Wochen in Anspruch nehmen. Der Minister wörtlich im Interview:
"Ich möchte einfach, dass hier nicht erst der Hauch eines Eindrucks entsteht, hier würde seitens des Robert Koch-Instituts irgendetwas bewusst verborgen oder es gäbe sogar eine politische Einmischung seitens der Bundesregierung, dass das RKI hier Dinge nicht veröffentlicht."
Lauterbach meinte mehrfach gegenüber dem DLF-Moderator erwähnen zu müssen, dass er in der Frühphase der "Coronakrise" – die "RKI-Files" beinhalten Protokolle bis einschließlich April 2021 – politisch keinerlei diesbezügliche Verantwortlichkeiten besessen habe.
Nicht kritikfähig. Keine Reue. Kein Unrechtsbewusstsein. Alle anderen sind schuld. Nur er selbst macht alles richtig. In etwa so lamentieren soziopathische Narzissten. Ob das bei #Lauterbach zutreffen könnte, möge jeder selbst entscheiden. #RKIFilespic.twitter.com/KDoF2t73IY
— storymakers (@mz_storymakers) March 28, 2024
Zudem wiederholte er, dass er auch mit den Schwärzungen "nichts zu tun gehabt" hätte.
Paul Schreyer erläutert im Rahmen eines X-Posting die erneute mehr als fragliche Deutungshoheit von Karl Lauterbach:
"Lauterbach, seit 8. Dezember 2021 im Amt, erklärt, Schwärzungen habe er nicht veranlasst. Fakt ist, die Ablehnung unseres IFG-Antrags wurde uns am 30. Dezember 2021 mitgeteilt. Danach kamen die Schwärzungen."
Vorrangiges Ziel einer Aufarbeitung müsse daher sein, dass "noch mehr Transparenz" in die Diskussionen hineingebracht wird, "damit sich nicht noch mehr Verschwörungstheorien um die damalige Zeit herum aufbauen" würden, so der Minister. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, als gebe es "die eine Gruppe, die alles aufklären will, und die andere, die etwas verschweigen will".
Der Journalist Paul Schreyer informierte in einem aktuellen Multipolar-Artikel über neueste Entwicklungen der Folgeklage der Redaktion. So heißt es einleitend:
"Die Wirtschaftskanzlei Raue, die das Robert Koch-Institut (RKI) im Gerichtsverfahren um die Freiklagung der ungeschwärzten Krisenstabsprotokolle aus den Jahren 2020 und 2021 vertritt, hat beim Verwaltungsgericht Berlin beantragt, den Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme, der vom Richter auf den 6. Mai festgelegt worden war, zu verschieben."
Die beeindruckende Erklärung lautet, dass die beiden Raue-Anwälte das Verfahren "alleinverantwortlich bearbeiten" würden. Laut Multipolar-Informationen beschäftigt die Kanzlei rund 80 Rechtsanwälte. Da die den Fall betreuenden zwei Anwälte "jedoch beide am 6. Mai verhindert" wären, könnte nun aufgrund "der Komplexität des Streitstoffes und seines Umfangs" der Termin nicht von anderen Anwälten der Kanzlei wahrgenommen werden. Der Verhandlungstermin war den beteiligten Anwälten bereits im Januar mitgeteilt worden.
Zudem teilte das Gericht der RKI-betreuenden Kanzlei laut Multipolar vorliegenden Unterlagen mit, dass "der zuständige Einzelrichter noch bis zum 17. April in Elternzeit sei und erst nach seiner Rückkehr über den Verlegungsantrag entscheiden könne". Wann es nun final zum Gerichtstermin kommt, sei damit vorerst bis auf Weiteres unklar.
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