Deutschland

Nein zu Taurus-Lieferungen: Altbundeskanzler Schröder unterstützt Olaf Scholz

Bisher weigert sich Olaf Scholz, Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu liefern, da dies eine Verwicklung Deutschlands in den Krieg zwischen der Ukraine und Russland bedeuten könne. In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sprach sich nun der Altbundeskanzler Gerhard Schröder für die Haltung von Scholz aus.
Nein zu Taurus-Lieferungen: Altbundeskanzler Schröder unterstützt Olaf ScholzQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Stefan Boness/Ipon

Für seine Weigerung, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern, wurde der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) von vielen Seiten kritisiert. Nun bekommt er von einer fast vergessenen, gern verschwiegenen Seite Unterstützung: Der Altbundeskanzler Gerhard Schröder hat sich hinter das Nein des amtierenden Bundeskanzlers Olaf Scholz zur Forderung nach Lieferung von Taurus-Waffen an die Ukraine und auch für eine grundsätzliche Absage an jedwede Entsendung von Bodentruppen gestellt.

Schröder forderte zudem eine deutsch-französische Initiative für Verhandlungen über eine Konfliktlösung in der Ukraine. Auf die Frage, ob er sich einen "Friedenskanzler" Scholz wünsche, sagte der Altkanzler: "Ja, den wünsche ich mir." Er fügte noch die rhetorische Frage an:

"Wenn jemand als deutscher Bundeskanzler sich für den Frieden einsetzt, wenn jemand als 'Friedenskanzler' beschrieben wird, ist das denn negativ?"

Auch den jetzigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich im Deutschen Bundestag, der für seine Äußerung zu seinem Wunsch nach einem "Einfrieren" des Krieges auch aus den Reihen der "Ampel"-Koalition scharf kritisiert wird, nahm Schröder in Schutz.

"Mir scheint, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Rolf Mützenich, auf dem richtigen Weg ist. Seine Position sollte von der Partei und Fraktion unterstützt werden", sagte Schröder dazu.

Am vergangenen Donnerstag hatte Mützenich in der Debatte des Bundestages über Taurus-Lieferungen gefragt:

"Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?"

Schröder ist seit seiner Kanzlerschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befreundet und hält trotz des Ukraine-Konflikts an seiner Freundschaft zu Putin fest. Von der SPD-Spitze wird er seither ausgegrenzt, ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn scheiterte jedoch.

Scholz hatte kürzlich sein Nein zu einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern damit begründet, dass Deutschland so in diesen Krieg hineingezogen werden könnte. Des Weiteren stellte er sich auch gegen die Forderung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine als Option "auf dem Tisch" zu lassen. Schröder teilt die Positionen des Bundeskanzlers zu beiden Fragen:

"Das sind zwei Festlegungen, die er getroffen hat. Ich unterstütze sie. Und ich hoffe, ich schade ihm damit nicht", sagte Schröder der dpa.

Schröder nahm Scholz zudem gegen Kritik in Schutz, dass er mit seiner Weigerung, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern, Putin in die Hände spiele.

"Das ist doch schlicht lächerlich. Diese Attacken, die da eine Rolle spielen, die kann ich nicht ernst nehmen. Weder von Frau Strack-Zimmermann noch von anderen."

Die Rüstungslobbyistin und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag Marie-Agnes Strack-Zimmermann zählt zu den militärischen Hardlinern und ist klare Befürworterin von Taurus-Lieferungen an die Ukraine, die versucht, Scholz regelmäßig auch öffentlich unter Druck zu setzen. Irgendwelche Ratschläge erteilte Schröder jedoch nicht, wie Scholz mit Kritikern in dieser Angelegenheit umgehen solle:

"Das ist nicht eine Sache, die ich lösen muss, sondern die der Bundeskanzler lösen muss. Ich halte deren Positionen für falsch. Ich halte die von Olaf Scholz für richtig."

Zuletzt wurde die Absage von Scholz zur Taurus-Lieferung in den deutschen Mainstream-Medien immer wieder mit dem Nein Schröders zu einer deutschen Beteiligung an der US-Invasion im Irak 2002 verglichen. Schröder hält diesen Vergleich jedoch für ahistorisch, die historischen Gegebenheiten für nicht vergleichbar. Allerdings würde er sich wünschen, dass Deutschland und Frankreich – wie damals beim Nein zum Irak-Krieg  auch jetzt – bei der Suche nach einer Friedenslösung in der Ukraine an einem Strang ziehen würden. "Denn das sind die Mächte, die Diskussionsmöglichkeiten haben aufgrund der langen Geschichte, die auch mit Russland besteht", sagte er.

"Deshalb wäre es angemessen, wenn diese beiden ihre Unterstützung der Ukraine verbinden würden mit dem Versuch, zu einer Lösung dieses Konfliktes zu kommen. Und prinzipiell lösbar müsste das eigentlich sein." Für die Kritik, Scholz wolle sich wie er damals als "Friedenskanzler" profilieren, zeigt Schröder keinerlei Verständnis.

"Ich finde diese ganze Diskussion wirklich merkwürdig, die da schlicht heißt: Man darf sich für den Krieg einsetzen, egal auf welcher Seite, aber für den Frieden nicht. Also das finde ich ganz falsch", sagte Schröder.

"Ich sehe, wie jetzt versucht wird, Scholz als jemanden darzustellen, der zu Unrecht versucht, Frieden zu schaffen. Seit wann ist das nicht Aufgabe eines verantwortlichen Politikers in Deutschland, aber auch über Deutschland hinaus, Frieden zu vermitteln? Das ist doch eine selbstverständliche Aufgabe."

Kritik an den Äußerungen des früheren Bundeskanzlers kam unter anderem auch aus den Unionsparteien: Dass jemand wie Schröder, "der so kritikfrei für [Russlands Präsidenten Wladimir] Putin spricht, regelmäßig in Deutschland die SPD, den Kanzler hier unterstützt", sollte Scholz zum Nachdenken bringen, meinte der CDU-Politiker Jens Spahn dazu und fuhr fort:

"Ich finde generell, dass die SPD in ihrer Sprache, in ihren Forderungen aufpassen muss, dass sie nicht das Geschäft der AfD macht. Denn sonst wählen die Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage das Original."

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) monierte: "Von Gerhard Schröder gelobt und vereinnahmt zu werden, zeigt eindeutig, dass er auf dem falschen Weg ist." Nach einer CSU-Vorstandssitzung am Montag in München empfahl Söder dem amtierenden Bundeskanzler auch noch: "Ich würde mir das dringend noch mal überlegen, und dieses Lob würde ich mir dann als Bundeskanzler echt verbitten."

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