Deutschland

Berlin: Freispruch für CJ Hopkins – Texte bleiben für Gericht "ideologisches Geschwurbel"

Der US-Autor CJ Hopkins hatte es im Jahr 2022 gewagt, das "Gehorsamssymbol" Maske in einem künstlerischen Rahmen und einem kritischen X-Text zusammenzuführen. Es folgte die Anklage wegen Verstoßes gegen § 86a StGB. Die Verhandlung führte nun zum Freispruch. Die Richterin präsentierte dabei am Ende doch noch ihre persönliche Einschätzung.
Berlin: Freispruch für CJ Hopkins – Texte bleiben für Gericht "ideologisches Geschwurbel"© B. Loyen

Von Bernhard Loyen

§ 86a des deutschen Strafgesetzbuches beschäftigt sich mit dem – aktuell einem in Berlin lebenden US-Autor unterstellten – "Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen". Zum Beispiel der öffentlichen "provokativen" und verbotenen Darstellung der Swastika, in früheren, einfacheren Zeiten schlicht als Hakenkreuz bekannt. Der Autor C. J. Hopkins hatte sich im August 2022 entschieden, zwei X-Postings unter seinem Benutzernamen "@consent_factory" zu veröffentlichen. Diese wurden dann im Juni 2023 für Hopkins überraschend Bestandteil einer staatsanwaltlichen Ermittlung gemäß der ihm unterstellten Verstöße gegen die Paragrafen 86 und 86a des Strafgesetzbuches (StGB).

Hopkins motivierte dann im Januar 2024 interessierte Bürger, seiner Verhandlung am 23. Januar vor dem Amtsgericht in Berlin-Moabit beizuwohnen, um zu lauschen und zu lernen, wie es aktuell mit dem Rechtsstaat und Urteilsverkündigungen gegenüber maßnahmenkritischen Bürgern der Jahre 2020 bis 2022 ausschaut. So versammelten sich zu viele Bürger vor dem ursprünglich vorgesehen Saal 371, in dem nur 24 Justizgäste Platz gefunden hätten. Ungewohnt schnell und flexibel wurde dann schlussendlich für die rund 50 Zuhörer der Saal 500 zur Verfügung gestellt.

Die Berliner B.Z. klärt Unwissende auf: "Landgericht, Saal 500. Wo sonst der Abou-Chaker-Clan mit Rapper Bushido streitet". Da saß er nun, der sichtlich angespannte und nervöse Angeklagte, an seiner Seite der Verteidiger und eine Übersetzerin. Die Zuhörer erbaten die Nutzung der Mikrofone, um besser lauschen zu können. Die freundlich wirkende Richterin hatte gegen diese Wünsche nichts einzuwenden. Das juristische Ereignis konnte nach rund zwei Stunden geklärt werden und endete mit einem Freispruch für Hopkins. Die Veranstaltung offenbarte dabei mehr als erkenntnisreiche Momentaufnahmen.

So sind auf den Bänken der Zuhörer immer noch die Überbleibsel der von Hopkins in seinen Essays ausgedrückten Befürchtungen totalitärer Entwicklungen in seinem Exilland zu bewundern.

Die Richterin begann den Prozess freundlich, aber bestimmt mit der Ermahnung: "Ich erwarte, dass Ruhe herrscht." Die abgebildete Collage der beiden X-Postings ist Hopkins' aktuellem Buchcover entliehen, diese wurde dann Hauptanklagepunkt der Verhandlung. Der Angeklagte erläuterte auf Nachfrage der Richterin, dass er sich bei der Wahl der grafischen Umsetzung seines Buchcovers sehr wohl mit dem deutschen Gesetzeswortlaut beschäftigt habe, explizit erneut auch nach dem Schreiben von der Staatsanwaltschaft.

Er gab zudem auf Nachfrage zu, der Verfasser der beanstandeten X-Postings aus dem August 2022 gewesen zu sein. Hopkins führte für ihn relevante Gegenbeispiele der medial-grafischen Nutzung von Symbolen des Dritten Reiches an, wie zum Beispiel ein Stern-Cover aus dem Jahr 2017:

Die Richterin wies Hopkins darauf hin, dass der "Hitlergruß" dabei kein Symbol darstelle, dies sei jedoch der entscheidende Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen seine Person. Hopkins verwies auf ein Rammstein-Video, das weltweit unter Verweis auf "künstlerische Freiheit" keinerlei juristische Probleme mit sich brachte. Der Spiegel hatte zu diesem gewählten Beispiel im März 2019 getitelt: "Kritik an Rammstein-Video: NS-Symbolik als Verkaufsmasche". Auch dieser Vergleich wurde von der Richterin nicht akzeptiert.

So wurde weiter über die Motivation des US-Autors diskutiert. Geklärt werden wollte, ob auf dem Hakenkreuz-Bild mit Maske – genutzt als Cover und in den X-Postings – dieses direkt auf die Maske gedruckt sei oder als künstlerischer Effekt nur "durch die Maske leuchtet". Die zweite Variante könne als gegeben betrachtet werden, so Hopkins, da er "nie ein Hakenkreuz mutwillig" auf eine Maske platzieren würde.

Hopkins erklärte, er wollte mit dieser Collage und den X-Postings das Recht genutzt wissen, im Rahmen künstlerischer Definitionsfreiheiten sehr wohl auf für ihn historisch (in Bezug auf das Dritte Reich) belegbare wie aktuell mutmaßliche autoritäre bis hin zu totalitäre Verordnungen der Bundespolitik hinzuweisen. Die im X-Posting vom 24. August 2022 verwendete Textpassage: "Hören sie auf, so zu tun, ...", beziehe sich dabei jedoch auf eine generelle Öffentlichkeit, die Leser, nicht explizit auf Politiker.

Dann wurde weiter zwischen den Parteien hinsichtlich ihres Verständnisses von Meinungs- und Kunstfreiheit argumentativ abgewogen. Der Staatsanwalt trat in seinem Schlussplädoyer für einen Schuldspruch ein, da Hopkins bewusst "vorgreifend, manipulativ, durch Nutzung eines Hakenkreuz-Symbols" auf die Leser der X-Postings einwirken wollte, so die Unterstellung. Das Hakenkreuz wäre dabei zur Vermittlung von Inhalten "nicht zwingend notwendig gewesen". Er forderte daher 30 Tagessätze à 60 Euro, also 1.800 Euro.

Hopkins' Verteidiger erkannte in der Anklage eine staatliche "Abschreckung von Bürgern", die sich lediglich für Grundrechte einsetzen. Er warnte zudem, dass in der Gegenwart "zivilgesellschaftliches Engagement gefährdet" sei. Für ihn gehörten Text und Bild, Maske und Hakenkreuz – so wie dargestellt – als klare "unmissverständliche Message" zusammen. Es folgte ein längeres, auf Deutsch vorgetragenes Plädoyer von Hopkins, Jahrgang 1961, der zum Ende hin mehrmals mit den Tränen zu kämpfen hatte. Auszüge lauten:

"Mein Name ist C. J. Hopkins, ich bin ein amerikanischer Dramatiker, Autor und politischer Satiriker. (...)

Die Götter haben einen seltsamen Sinn für Humor. In der vergangenen Woche waren Tausende von Menschen in ganz Deutschland auf den Straßen, um gegen den Faschismus zu protestieren und zu skandieren: 'Nie wieder ist jetzt!' Viele dieser Menschen haben die letzten drei Jahre damit verbracht, Befehle bedingungslos zu befolgen, die offizielle Propaganda nachzuplappern und jeden zu verteufeln, der es wagte, die verfassungswidrigen und autoritären Maßnahmen der Regierung während der sogenannten Pandemie in Frage zu stellen. (...)

Die Ausrufung des 'Ausnahmezustands' und die Aufhebung verfassungsmäßiger Rechte ohne rechtfertigenden Grund ist ein Kennzeichen des totalitären Systems. (...) Die Öffentlichkeit mit Lügen und Propaganda einzuschüchtern, um die Menschen zu willenlosem Gehorsam zu bewegen, ist ein Kennzeichen totalitärer Systeme. (...)

Sie haben die Macht dazu. Sie können meine Bücher verbieten. Sie können mir eine Geldstrafe aufbrummen. (...) Sie können mich vor ein Strafgericht stellen und mich dazu bringen, hier vor meiner Frau zu sitzen, die Jüdin ist, und zu leugnen, dass ich ein Antisemit bin, der den Holocaust relativieren will. (...)

Ich hoffe, dass Sie wenigstens die Integrität besitzen, nicht so zu tun, als ob Sie tatsächlich glauben, dass ich Pro-Nazi-Propaganda verbreite, obwohl Sie sehr wohl wissen, dass ich das nicht tue. (...)

Es geht darum, abweichende Meinungen zu bestrafen und ein Exempel an Andersdenkenden zu statuieren, um andere zum Schweigen zu bringen. (...)

So funktionieren keine demokratischen Nationen, so funktionieren totalitäre Systeme (...), weil das Problem hier viel größer und wichtiger ist als mein kleiner 'Tweet'-Fall. (...)

Das ist der Weg in den Totalitarismus. Wir haben diesen Weg schon einmal beschritten. Bitte, lasst es uns nicht wieder tun."

Mit dem letzten gesprochenen Wort von Hopkins brandete spontaner Applaus bei einigen Gerichtszuhörern auf. Die Richterin reagierte umgehend mit dem empörten Ausruf (wortwörtlich notiert): "Ich möchte das nicht hören, ansonsten fliegen sie raus. Alle aufhören, das ist undiszipliniert. Ich möchte das jetzt nicht hören."

Die Richterin verkündete dann den Freispruch des Angeklagten, um umgehend zu kommentieren, dass dieses Urteil Hopkins hoffentlich beweise, dass er "sich nicht in einem totalitären Staat" befinde. Sie erkenne zudem eher "totalitäre Ansätze in der Argumentationslinie" von Hopkins' Texten und Formulierungen. Die von ihm kritisierte Maskenpflicht, die Umsetzung durch die Bürger, war in ihrer Wahrnehmung eine "Rücksichtnahme derjenigen, die der Wissenschaft vertraut" hatten.

Die Unterstellung des US-Autors, dass die "deutsche Regierung alle belogen hätte", könne sie nicht nachvollziehen. Für sie persönlich lasse sich lediglich erkennen, dass Darlegungen, Essays und Publikationen von Hopkins nicht anderes darstellen als (wortwörtlich) "ideologisches Geschwurbel".

Hopkins bedankte sich vor dem Gerichtsaal nach erneutem spontanem Applaus bei den Sympathisanten und Unterstützern. Ein erkenntnisreiches Verfahrensende, das belegt, dass maßnahmenkritische Bürger vollkommen willkürlich von staatlichen Institutionen geduldet, "betreut", vorgeladen und gegebenenfalls abgestraft werden.

Ob der heutige Freispruch des Autors rein mit seiner US-Staatszugehörigkeit oder der milden Tageslaune einer Berliner Richterin mit konträren Ansichten zum Thema zusammenhängt, obliegt dabei der persönlichen Einschätzung.

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