Steinmeier ehrt Wieler und Cichutek: "Nach bestem Wissen und Gewissen beraten"
Die zehrende Gesellschaftskrise dreier langer Jahre im Rahmen einer politisch initiierten medizinischen Sondersituation beschäftigt weiterhin die Menschen in Deutschland. Medial und politisch Verantwortliche verweigern mehrheitlich eine Aufarbeitung. Eine kritische Rückbetrachtung ist unerwünscht. Leidende Bürger aller Altersklassen werden sich selbst überlassen, erfahren wenig Aufmerksamkeit und Verständnis.
"Es waren gerade die Wissenschaftler, die die Politik in dieser Zeit nach bestem Wissen und Gewissen beraten haben", so Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier laut Webseite des Bundespräsidialamts im Rahmen der "Verleihung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an Klaus Cichutek und Lothar Wieler am 18. Januar" im Schloss Bellevue, unweit des Regierungsviertels.
Als Zeitdokument der Gegenwart werden Auszüge aus Steinmeiers Rede zitiert.
Rein subjektiv von der RT-Redaktion ausgewählte auffällige und zu kritisierende Formulierungen des Bundespräsidenten werden dabei optisch hervorgehoben:
"So lange zurück schon scheint die Zeit zu liegen, die uns heute zusammenführt, jene Zeit der Pandemie, die Corona-Zeit, wie man sagt, in der die beiden Männer sich besonders bewährt, sich vorbildlich verhalten und uns allen einen großen Dienst erwiesen haben, die dafür heute eine hohe Auszeichnung erhalten.
Diese Zeit der Pandemie, die manchmal so unendlich weit entfernt scheint, wird uns sofort wieder gegenwärtig, wenn wir uns an die seltsamen Begriffe erinnern, die bald zum alltäglichen Wortschatz gehörten – zum passiven zuerst, dann auch zum aktiven: Begriffe wie R-Wert, Inzidenz, Latenz, exponentielles Wachstum, Inkubationszeit, Booster, FFP2. Viele, ja fast alle redeten plötzlich wie Seuchenexperten, im alltäglichen Miteinander und erst recht in den Talkshows. Und natürlich auch in den Pressekonferenzen nach immer neuen Krisengipfeln oder Ministerpräsidentenkonferenzen, den gefühlt ununterbrochen tagenden "MPKs". Auch dieses Wort, eigentlich ja nur eine Abkürzung, ist weder vor noch nach der Corona-Zeit so präsent gewesen.
Uns kam es damals vor, als wären wir innerhalb von kurzer Zeit in eine neue und unbekannte Welt versetzt worden: leere Straßen, geschlossene Geschäfte und Gaststätten, Homeoffice für viele Beschäftigte, keine Sportveranstaltungen, keine Konzerte, kein Theater, geschlossene Schulen und Kindergärten vor allem, überall Maskenpflicht, Testzentren, Selbsttests, Corona-Warn-App.
Ein Jahr nach Beginn der Pandemie dann ein wahrhaft historischer Moment: Ein Impfstoff wurde entwickelt und zugelassen. Was bis dahin Jahrzehnte dauerte, gelang jetzt innerhalb weniger Monate. Welch riesige wissenschaftliche Pioniertat war das!
Von all dem ist für viele heute fast nur noch eine ferne Erinnerung geblieben. Obwohl doch so viele erkrankt waren, manche sehr schwer und sehr lange; obwohl doch über 180.000 Menschen bei uns und weltweit bislang über 7 Millionen Menschen gestorben sind; obwohl viele noch heute mit Long-COVID an den Folgen leiden: Aus der breiten Öffentlichkeit, aus den politischen Debatten, aus den Talk-Shows ist all das nahezu verschwunden, sicher auch, weil neue Krisen und Kriege uns kaum Zeit zum Nachdenken ließen. Und so fühlen sich gerade die, die um Angehörige trauern oder die selber an den Folgen der Krankheit oder des Lockdowns noch immer leiden, manchmal allein und ungehört.
Im Großen und Ganzen haben wir die Prüfung der Pandemie bewältigt, wozu die beiden Wissenschaftler, die wir heute ehren, in herausragender Weise beigetragen haben. Das gibt uns Kraft und Zuversicht für neue Herausforderungen.
Die schlechte Seite des schnellen Vergessens: Wir haben wichtige Fragen nicht gestellt. Was haben wir richtig und was falsch gemacht? (...)
Welche Gruppen und Bevölkerungsteile haben besonders unter den Maßnahmen zu leiden gehabt? Wer hätte mehr Hilfe und Unterstützung gebraucht? Wo haben wir mit Maßnahmen zu lange gewartet? Eines dürfen wir dabei aber nicht außer Acht lassen: Viele der heute selbstverständlichen Erkenntnisse haben wir nur wegen der enormen Leistungen von Wissenschaftlern weltweit gewinnen können.
Ehrliche Aufarbeitung ist aus zwei Gründen notwendig: zum einen, weil niemand sagen kann, ob wir nicht in absehbarer oder auch späterer Zeit wieder einmal von einer Pandemie getroffen werden. (...)
Damit komme ich zum zweiten Grund, warum es notwendig ist, unsere Erfahrungen aufzuarbeiten. Gerade in der Corona-Zeit hat sich viel Misstrauen in staatliche Maßnahmen, in politisches Handeln, ja in die demokratische Selbstorganisation unserer Republik artikuliert. Oft bis hin zu absurden Verschwörungserzählungen, zu antidemokratischen Demonstrationen, zu Diskriminierung und Hetze, zu Drohung mit oder auch tatsächlicher Anwendung von Gewalt. Und auch Wissenschaft wurde nicht nur diskreditiert, sondern fundamental in Frage gestellt. (...)
Dabei waren es gerade die Wissenschaftler, die die Politik in dieser Zeit nach bestem Wissen und Gewissen beraten haben. Beraten! Sie haben in der Zeit oft großer Orientierungslosigkeit die Fahne der Aufklärung hochgehalten, (...)
Sie beide, meine Herren, wie auch der ein oder andere Kollege vor Ihnen, werden heute nicht ausgezeichnet, weil Sie niemals einen Fehler gemacht oder weil Sie sich niemals getäuscht hätten. Sie haben sich manchmal getäuscht, weil Sie es zu dem Zeitpunkt einfach nicht besser haben wissen können. (...)
Das war für Sie beide keine einfache Zeit. Es waren äußerst stressreiche Monate, ja Jahre. (...)
Diese Belastungen und Zumutungen haben Sie beide in bewundernswerter Weise gemeistert und die Verantwortung für unser höchstes Gut – Gesundheit und Leben der Menschen – nicht gescheut. (...)
Welche Anfeindungen von sogenannten Querdenkern, von Besserwissern und Feinden aufgeklärter Vernunft haben Sie erleben müssen. Das hat Sie und sicher auch Ihre Familien schwer belastet. Dazu haben Sie bis an den Rand der Erschöpfung gearbeitet – und sicher oft darüber hinaus.
Sie werden auch deswegen ausgezeichnet, weil Sie inmitten manchmal des größten Durcheinanders einen kühlen Kopf bewahrt haben.
Wie die allermeisten Menschen, die verantwortlichen Politiker und die beteiligten Forscherinnen, Wissenschaftler, aber auch Publizisten und Journalistinnen diese große, von niemandem vorausgesehene Krise bewältigt haben, nämlich transparent und verantwortungsvoll, entscheidungsbereit, aber auch bereit zu Selbstkorrektur nach neuen Erkenntnissen, so haben alle auch gezeigt, dass unser demokratisches, freiheitliches System mit einer Krise solchen Ausmaßes fertigwerden kann.
Die am Anfang gelegentlich zu hörenden Parolen, ein autoritäres System, eine Diktatur gar, sei besser gewappnet für eine solche Krise, haben sich als haltlos erwiesen. Dazu haben auch Sie beide wesentlich beigetragen.
Sie beide haben eine solche Stunde – in Wahrheit waren es viele tausend Stunden – der Bewährung erlebt und diese Bewährungsprobe glänzend bestanden. Damit haben Sie unserem Staat und den Menschen in unserem Land in schwerer Zeit einen großen Dienst erwiesen.
Herzlichen Glückwunsch Ihnen beiden.
Neben RKI-Chef Lothar Wieler und PEI-Leiter Klaus Cichutek erhielten unter anderem ab Oktober 2020 folgende mitverantwortliche Protagonisten vom Bundespräsidenten die "höchste Auszeichnung, die die Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl vergibt".
- Charité-Virologe Christian Drosten
- Ex-Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes Albrecht Brömme
- Wissentschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim
- BioNTech-Leitung Özlem Türeci und Uğur Şahin
- Die Ministerpräsidenten Malu Dreyer (SPD), Winfried Kretschmann (Grüne), Bodo Ramelow (Die Linke), Reiner Haseloff (CDU), Stephan Weil (SPD), Dietmar Woidke (SPD) sowie Ex-Innenminiser Horst Seehofer (CSU)
- Ex-Kanzlerin Angela Merkel
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