Neuer Ärger zum Haushalt: Griff nach der Arbeitslosenversicherung rechtswidrig?
Es ist bereits vor einiger Zeit bekannt geworden, dass die Bundesregierung die Haushaltslöcher, die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts entstanden sind, unter anderem durch einen Griff in die Kasse der Arbeitslosenversicherung stopfen will. Als Begründung dient dazu, dass es während der Corona-Maßnahmen einen Bundeszuschuss gegeben habe, der das Kurzarbeitergeld mit finanzieren half; dieser Zuschuss soll nun zurückgefordert werden.
Das ist ein Novum, denn wenn es bisher zu wirtschaftlichen Situationen kam, in denen das Kurzarbeitergeld genutzt wurde, um Beschäftigung zu erhalten, fand keine derartige Rückforderung statt. Im Kontext der Coronamaßnahmen ist das besonders absurd, denn in diesem Fall beruhte der Bedarf nach diesem Kurzarbeitergeld auf einer politischen Entscheidung und nicht auf einer ökonomischen Entwicklung; es ist nur logisch, Schäden, die in Folge derartiger Entscheidungen entstehen, auch durch Steuermittel zu decken und nicht den Versicherten aufzubürden.
Die Koalition ist aber der Überzeugung, dieser Schritt sei rechtmäßig. Dem widersprach nun ein Rechtsgutachten, das im Auftrag des Arbeitgeberverbands BDA erstellt wurde. Der BDA hat die Ergebnisse dieses Gutachtens in einer Stellungnahme zum Haushaltsentwurf verarbeitet.
"Das Kurzarbeitergeld wurde durch den Gesetzgeber zum Kriseninstrument umgestaltet, um in der Pandemie wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität zu erhalten. Dabei handelt es sich nicht mehr um das gleiche Instrument der krisenunabhängigen Arbeitsmarktpolitik. Der steuerfinanzierte Zuschuss für das gesamtgesellschaftliche Auffanginstrument war konsequent."
Die Rückforderung zum Stopfen der Haushaltslöcher dürfte, so die Stellungnahme, grundsätzlich rechtlich problematisch sein:
"Beitragsmittel sind streng zweckgebunden und dürfen nicht zur Finanzierung des allgemeinen Staatshaushalts verwendet werden. Hier ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sehr klar. Insofern stehen wesentliche Regelungen zur Entlastung des Bundeshaushalts auf rechtlich mehr als wackeligen Füßen."
Wenn einer der großen Verbände auf diese Weise gegen die geplanten Einschnitte protestiert, dann ist eine weitere Klage gegen diesen Haushalt nicht unwahrscheinlich. Mit dazu beitragen dürfte, dass, auch das steht in der Stellungnahme, zur Beratung des neuen Haushaltsentwurfs im Bundestagsausschuss "weder die Sozialversicherungen noch die Sozialpartner eingeladen" wurden.
Der Griff in die Arbeitslosenversicherung stellt nicht die einzige Kürzung dar, die die Sozialversicherungen betrifft. Die Stellungnahme erwähnt außerdem die Verlagerung der beruflichen Weiterbildung in die Arbeitsagenturen (was bedeutet, dass diese aus den Versicherungsbeiträgen finanziert werden muss), die Kürzung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung sowie eines ähnlichen Zuschusses, um Defizite der Krankenkassen auszugleichen. Alle drei Schritte werden, das dürfte der Grund für eine Stellungnahme des Arbeitgeberverbands sein, in absehbarer Zeit Beitragserhöhungen auslösen, was wiederum die Lohnkosten erhöht (und das verfügbare Nettoeinkommen weiter absenkt).
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