Michael Ballweg: "Man möchte den Mittelstand in Deutschland zerstören"
Von Felicitas Rabe
Zum 75. Jahrestag der Menschenrechte demonstrierten am Sonntag in Karlsruhe rund 6.000 Menschen für die Aufarbeitung der Coronamaßnahmen. Insbesondere setzten sie sich für die Entschädigung der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Opfer von Lockdowns, Impfungen und sozialer Isolation ein. Auch der frühere Software-Unternehmer und Initiator der Querdenken-Bewegung Stuttgart 711 beteiligte sich an der Kundgebung auf dem Platz der Menschenrechte in Karlsruhe.
Es war wohl Michael Ballweg, der den politischen Entscheidungsträgern mitten im ersten Jahr der sogenannten Coronapandemie im August 2020 mit den Großdemonstrationen in Berlin ihr größtes "Armageddon" bereitete. Nach den jeweils frühesten Polizeiangaben beteiligten sich am 1. August und am 30. August in Berlin rund 800.000 Menschen an den Demonstrationen für den Erhalt der Grundrechte. Auch wenn die Zahlen später von der Polizei nach unten "korrigiert" wurden, und die Mainstream-Medien die Teilnehmerzahlen auf 17.000 schätzten – wer da war, der hatte mit eigenen Augen und Ohren erlebt, wie viele Menschen in Deutschland bereit waren, sich für den Erhalt der Grundrechte einzusetzen.
Dieses überwältigende Erlebnis einer großen Gemeinschaft gab den Menschen, die zuvor für ihre abweichende Haltung von Politik und Medien beschimpft wurden, das Gefühl von Würde zurück. Diejenigen, die zuhauf von ihrem jeweiligen sozialen Umfeld ausgegrenzt wurden, erlebten unter den vielen Gleichgesinnten ein Aufgehobensein, dass sie in ihrer Haltung bestärkte. Damit hatte die Politik nicht gerechnet: Dass trotz schärfster Repressionen und Verleumdungen so viele Menschen öffentlich zu ihrer abweichenden Meinung stehen würden. Zudem waren viele dieser Menschen auch bereit, dafür einen Preis zu zahlen, den die Mehrheit der Politiker sich wohl nicht vorstellen kann.
Zu diesen Preisen gehörten Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust des Lebensstandards, Verlust der sozialen Reputation im beruflichen und privaten Umfeld, Opfer von Polizeigewalt auf Demonstrationen, Hausdurchsuchungen und Inhaftierungen – um nur einige zu nennen. Es gibt hierzulande offensichtlich viele Menschen, für die ihre Werte und ihre Würde weder käuflich noch verhandelbar sind. Und wie viele das waren, das konnte man aufgrund der Initiative von Michael Ballweg live, echt und zum Anfassen rund um die Siegessäule und auf der Straße des 17. Juni in Berlin erleben.
Denn der Stuttgarter Unternehmer lud diese Menschen ein, sich in Berlin zu versammeln – so wie es das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit vorsieht. Wie durch ein Wunder folgten fast 1 Million Menschen seiner Initiative. Ein Protest, der dabei auf den ersten Blick fast etwas naiv aussah, ein Protest der "Herzchen" – dessen Stärke wurde gerade deshalb von Politik und Medien völlig unterschätzt. Laut Einschätzung von Michael Ballweg sorgten die medialen Diffamierungskampagnen – "Wirrköpfe, Aluhüte, Spinner" – erst recht für den hohen Zulauf zu den Demonstrationen in Berlin.
Schließlich zahlte auch der Querdenken-Initiator einen hohen Preis. Von Ende Juni 2022 bis Anfang April wurde er in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim in Untersuchungshaft gehalten. Felicitas Rabe sprach am Montag mit ihm über den Stand seines Gerichtsverfahrens und seine aktuellen Vorhaben.
Stand der Gerichtsverfahren
Die Anklage hinsichtlich des Vorwurfs des versuchten Betrugs wurde vom Landgericht Stuttgart nicht zugelassen und wäre somit vom Tisch, erklärte der Unternehmer zum aktuellen Stand des Verfahrens. Übrig geblieben sei nur noch der Vorwurf der versuchten Steuerhinterziehung. Ballweg habe allerdings aus der Justizvollzugsanstalt seine Steuererklärung nicht rechtzeitig einreichen können.
Aktuell bereiteten er und sein Anwaltsteam auch selbst rechtliche Schritte gegen die Staatsanwaltschaft Stuttgart vor. Dabei würden sie wegen Rechtsbeugung, wegen Inhaftierung Unschuldiger und auf Schadensersatz klagen. Sein Vermögen sei weiterhin beschlagnahmt.
In welchen politischen Projekten engagiert sich Michael Ballweg zurzeit?
Grundsätzlich stehe Querdenken auch für Freiheit im digitalen Raum. Im Hinblick auf seine drei Talente: Organisation, IT und Spiritualität und unter Berücksichtigung, was ihm Freude mache, kümmere er sich aktuell um zwei Projekte. Im Projekt "Digitaler Aktivist" geht es um die "digitale Freiheit" bzw. um den Ausstieg aus den digitalen Überwachungssystemen von Apple und Google und die Entwicklung von Alternativen zu Apple und Google. In dem anderen Projekt geht es um die Dezentralisierung von Finanzströmen – konkret um die verbreitete Nutzung von Bitcoin als Zahlungsmittel. Das sei insbesondere von Nutzen für diejenigen Menschen, die so wie er kein Bankkonto mehr zur Verfügung haben.
Wie bewertet Ballweg als ehemaliger Unternehmer die Lage in der deutschen Wirtschaft drei Jahre nach Beginn der Coronamaßnahmen und nach zwei Jahren Energiepolitik der aktuellen Bundesregierung?
In Deutschland erfolge die Wertschöpfung durch die mittelständischen Unternehmen und nicht durch die Großkonzerne, so der Betriebswirt. Der Mittelstand wurde durch die Coronamaßnahmen besonders hart getroffen und dazu noch mal doppelt hart durch die Energiepolitik und Steuererhöhungen. Als Grund für den Angriff auf den Mittelstand erläutert Ballweg:
"Man möchte den Mittelstand in Deutschland zerstören, weil zentralisierte Systeme mit unabhängigen Unternehmern schwerer durchzusetzen sind. Unabhängige Unternehmer sind der Inbegriff der Freiheit."
Zudem seien Unternehmer immer Querdenker, weil sie innovative Projekte entwickeln und deshalb querdenken müssen. Es sei zwingend notwendig, so Ballweg, sich mit dem Geldsystem zu beschäftigen. 2020 wurden Unmengen von Geld aus dem Nichts geschaffen. Die Erhöhung der Geldmenge führe zwangsläufig zur Inflation und das heißt zur Enteignung der Menschen.
Auf die Frage, wie er die politische Gesamtsituation bewerte, erklärte der Querdenken-Initiator: "Wir leben in der Vierten industriellen Revolution. Viele Jobs werden zukünftig durch Künstliche Intelligenz (KI) oder Roboter ausgeführt. Insofern gibt es einen Kampf des Großkapitals – von Großkonzernen und Politik – um folgende Verteilung: Wer besitzt die Roboter und die KI? Und wer erhält das Geld, das damit erwirtschaftet wird? Die Menschen oder die Superreichen?
Der Initiator der Querdenken-Bewegung ist Diplom-Betriebswirt (BA) und führte 25 Jahre lang ein Unternehmen für Softwareentwicklung in Stuttgart. Aktuell engagiert er sich im Projekt "Digitaler Aktivist – selbstbestimmt im digitalen Raum." https://digitaler-aktivist.de/ Zusammen mit dem Rechtsanwalt Ralf Ludwig veröffentlichte Michael Ballweg Anfang Dezember 2023 bei TIGER PRESS das Buch "Richtigstellung! Es war noch nie falsch, quer zu denken."
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