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Cum-Ex-Strafanzeige gegen Kanzler Scholz: Staatsanwaltschaft Hamburg weist Klage zurück

Ex-Linkenpolitiker Fabio De Masi stellte Ende August Strafanzeige in der Causa Cum-Ex gegen Bundeskanzler Olaf Scholz. Nun wurde bekannt, die zuständige Staatsanwaltschaft Hamburg hat die Anzeige final abgewiesen. Demnach lägen nicht genügend Anhaltspunkte für eine Straftat vor.
Cum-Ex-Strafanzeige gegen Kanzler Scholz: Staatsanwaltschaft Hamburg weist Klage zurückQuelle: AFP © ODD ANDERSEN / AFP

Ex-Linkenpolitiker Fabio De Masi gilt ohne Übertreibung als treibende und inhaltliche Koryphäe bei den Bemühungen, aufklärendes Licht in das tiefe dunkle Loch der fragwürdigen Ereignisse rund um die sogenannte Warburg-Affäre zu bringen. Seit Jahren verhindern vermeintliche "Erinnerungslücken" von Kanzler Scholz, in Bezug auf mittlerweile nachgewiesene Treffen mit Vertretern der Hamburger Warburg-Bank, die finale Klärung in dem Cum-Ex-Finanzskandal. Scholz steht seit Jahren unter Verdacht, als vormaliger erster Bürgermeister Hamburgs, der Bank aktiv geholfen zu haben, höhere Steuerrückforderungen in Millionenhöhe nicht zurückzahlen zu müssen.

De Masi klagte nun im August dieses Jahres in Hamburg direkt über den zuständigen Generalstaatsanwalt gegen die Person Olaf Scholz. Der Vorwurf lautet "Verdacht auf uneidliche Falschaussage zur Warburg-Affäre":

Von 2007 bis 2011 machte die Hamburger Warburg-Bank durch sogenannte Cum-Ex-Geschäfte auf Kosten der Steuerkasse Gewinne im dreistelligen Millionenbereich. Scholz war von März 2011 bis März 2018 erster Bürgermeister von Hamburg sowie im Anschluss bis zu seiner Wahl zum Bundeskanzler Finanzminister in der Regierung Merkel. Die Nachrichtenwebseite Business Insider (BI) ist im Besitz des Antwortschreibens der Hamburger Staatsanwaltschaft vom 28. November 2023. Zitierend heißt es in einem diesbezüglichen Artikel:

"Doch nun hat die Staatsanwaltschaft Hamburg De Masis Vorwürfe zurückgewiesen. Es lägen keine zureichenden Anhaltspunkte für eine Straftat vor. Deswegen habe man beschlossen, kein Ermittlungsverfahren gegen den Bundeskanzler einzuleiten."

Scholz wurde zuletzt im September vor einem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft zur Causa befragt. Der Kanzler behauptete bei dem Termin erneut, sich nicht an Treffen mit den Gesellschaftern der Warburg Bank, Christian Olearius und Max Warburg, in den Jahren 2016 und 2017 erinnern zu können. Wenige Wochen zuvor erläuterte De Masi im Rahmen seiner Strafanzeige:

"Olaf Scholz muss sich mindestens an ein Treffen im Jahre 2017 erinnert haben, da er dieses Treffen über seinen Sprecher Steffen Hebestreit im Februar 2020 öffentlich unter (unwahrer) Berufung auf seinen Dienstkalender bestätigen ließ (…)"

Zum Thema der nachweislichen politischen Einflussnahme von Scholz, als damaliger Bürgermeister, verweist der BI-Artikel auf ein weiteres Detail der "wendungsreichen Warburg-Causa":

"Auf der einen Seite geht es um die Frage, warum Hamburgs Behörden der Privatbank M.M. Warburg & CO die Rückzahlung ergaunerter Cum-Ex-Millionen erlassen wollten und ob dies mit aktiver Billigung des heutigen Bundeskanzlers passiert ist." 

De Masi wollte über seine Strafanzeige nun geklärt wissen, ob der vergessliche Kanzler mit Beginn des Skandals, "als die Vorgänge ans Licht kamen, die Unwahrheit über seine Erinnerungen an ebenjene Vorgänge" mitgeteilt hätte. Zu den Ereignissen des Skandals fasst der BI-Artikel zusammen:

"Die Akteure ließen sich die nur einmal abgeführte Kapitalertragsteuer durch einen Trick mehrmals erstatten. Nachdem Cum-Ex für illegal erklärt wurde, stellte das Finanzamt Hamburg Rückforderungen."

Im Februar 2020 wurde durch belastendes Beweismaterial, den Auswertungen der Tagebucheinträge des Warburg-Bankiers Olearius, der damalige Finanzminister Scholz schriftlich mit seinen Erinnerungslücken zu Treffen mit Warburg-Bänkern konfrontiert. Scholz’ Pressesprecher jener Zeit, Steffen Hebestreit, bestätigte dann unter dem steigenden Druck öffentlichen Interesses den Termin unter Verweis auf Scholz’ eigenen Kalender. Hebestreit ist aktuell seit Dezember 2021 Sprecher der deutschen Bundesregierung. Im Jahr 2019 teilte Scholz’ Büro demgegenüber noch mit, dass es dieses Treffen nie gegeben hätte.

Nun wird es interessant zum Thema widersprüchlicher und erkenntnisreicher Ereignisse. Mittlerweile klärte sich nämlich der Sachverhalt, dass das im Februar 2020 in Scholz’ Kalender vermeintlich dokumentierte Treffen gar nicht stattfand. Scholz selbst behauptete dann in Ausschussaussagen, dass "der Termin aufgrund eines technischen Übertragungsfehlers im März 2018 bei seinem Wechsel aus dem Hamburger Rathaus ins Bundesfinanzministerium verloren gegangen sei". De Masi hinterfragt daher Bezug nehmend auf seine Strafanzeige:

"Da stellt sich mir die ganz simple Frage: Wie kann ich ohne Erinnerung einen Termin bestätigen, der nicht mehr in meinem Kalender steht? Damit hätte denk- und sachlogisch Olaf Scholz den Hamburger Untersuchungsausschuss über seine Erinnerungslücken belogen."

Laut dem Antwortschreiben argumentiert die Hamburger Staatsanwaltschaft beeindruckend um die Ecke gedacht nun, dass "neben einer Vielzahl anderer Möglichkeiten ebenso in Betracht kommt, dass der Sprecher Hebestreit seine Ausführungen gemacht hat, um den Eindruck eines geordneten Hauses zu erwecken". Eine weitere Möglichkeit sei laut BI-Zitat aus dem Schreiben: "Scholz könnte sich im Datum geirrt haben, als er sagte, der Kalendereintrag existiere seit März 2018 nicht mehr".

Zum endgültigen und unglaubwürdigen Darstellungschaos gab Scholz dann in "einer geheimen Sitzung des Finanzausschusses des Bundestages im Juli 2020" zu Protokoll, dass er, ausgehend von mehreren Medienberichten zu zwei weiteren ermittelten Treffen von Scholz mit den Warburg-Bänkern, "sich an alle drei Treffen nicht erinnern und diese nur anhand seines Kalenders bestätigen könnte".

Der Skandal erfährt weitere Höhepunkte, da Anfang Dezember sowohl die Springerzeitung Welt, als auch t-online ein internes Papier präsentierten, dass demnach "das Bundesfinanzministerium in Vorbereitung auf jene Sitzung vom September 2020 anfertigte". Der BI-Artikel fasst zusammen:

"Darin sind Sätze formuliert, die Scholz in der Sitzung sagen sollte. Die Schilderungen sollten den Verdacht der politischen Einflussnahme zurückweisen und beriefen sich – wie in der Sitzung zuvor – auf eigene Erinnerungen. Scholz sollte etwa sagen: 'In den Gesprächen habe ich mich nicht zu dem Verfahren geäußert oder gar Handlungen in Aussicht gestellt'."

Scholz, als Finanzminister, wählte jedoch den von ihm präferierten Weg. Fabio De Masi, der das Dokument auf Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) vom Bundesfinanzministerium erhalten hat, teilte t-online zu den Inhalten mit, dass Scholz sich demnach kurz vor der Ausschusssitzung "in letzter Minute" für einen "Strategiewechsel" entschied. Als Hauptverdächtiger wählte und präsentierte er als neue Verteidigungsstrategie "die berühmte Erinnerungslücke", so de Masi darlegend. 

De Masi kommentierte im Rahmen eines X-Postings zu dem Schreiben der Hamburger Generalstaatsanwaltschaft: "Keine Überraschung. Denn wir haben keine politisch unabhängigen Staatsanwaltschaften in Deutschland, wie auch der Richterbund bemängelt".

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