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Autor und Tagesschau-Sprecher Schreiber zieht sich nach Anfeindungen medial zurück

Schreiber wurde rückblickend vor allem für seinen Roman über eine fiktive muslimische Kanzlerkandidatin kritisch attackiert. Bei einer jüngsten Lesung, ohne Islambezug, wurde Schreiber Ziel einer Torten-Attacke linker Studenten. Nun kündigte er in einem längeren Zeit-Interview an, sich zukünftig nicht mehr zu dem Thema zu äußern.
Autor und Tagesschau-Sprecher Schreiber zieht sich nach Anfeindungen medial zurückQuelle: www.globallookpress.com © Reiner Zensen, via www.imago-ima

Constantin Schreiber ist ein deutscher Journalist, Tagesschau-Sprecher und Autor, der über einen längeren Zeitraum in Syrien lebte und daher Arabisch versteht und spricht. Im Jahr 2021 veröffentlichte er den Roman: "Die Kandidatin", vier Jahre nach seinem Sachbuch: "Inside Islam". Im Jahr 2019 erschien sein Sachbuch "Kinder des Koran". Die TAZ-Rezension bezeichnete die fiktive Geschichte einer muslimischen Kanzlerkandidatin, als einen "Roman, der vor Ressentiments strotzt".

Das Buch erntete vor allem aus migrationsunterstützenden Kreisen erhebliche Kritik. Interessanterweise arbeitet der Taz-Rezensent Stefan Buchen als Journalistenkollege für das ARD-Magazin "Panorama". Schreiber wurde dann Ende August bei einer Lesung an der Uni Jena mit einer Torte attackiert. Dem Wochenmagazin Zeit gab er nun zu Protokoll, sich "zu allem, was mit dem Islam auch nur im Entferntesten zu tun hat, nicht mehr zu äußern".

Der Artikel zum Interview trägt den Titel: "Jetzt weiß ich, wo du wohnst". Schreiber erzählt, angesprochen auf die jüngste Torten-Attacke, dass die verantwortliche Uni-Vertreterin ihm nach der Veranstaltung lapidar mitgeteilt hätte, "dass die Aktivisten schon zu Beginn vor der Tür gestanden hätten, offenbar schon mit der Torte in der Tasche". Die Uni-Gruppe mit dem Namen "Undogmatische Radikale Linke" hätte zudem schon die Tage zuvor Stimmung gegen die Veranstaltung gemacht. Einen vorwarnenden Hinweis am Tag der Lesung gab es für Schreiber demnach jedoch nicht, wie auch keinerlei Schutzmaßnahmen. Sein Arbeitgeber, die ARD-Tagesschau, hat bis zum heutigen Tage in keinem Beitrag über den Vorfall informiert. Laut Schreiber hätte es aber zumindest "vereinzelte" senderinterne Solidarität gegeben.

Schreiber erklärt zum Thema der Erkenntnis nach erlebter Attacke und verbalen Anfeindungen:

"Was mich aber nachhaltig beschäftigt hat, ist das Drumherum. Denn es steht quasi sinnbildlich dafür, wie wir manches inzwischen diskutieren."

So hätte die Uni-Gruppe schon vor der Lesung "Flugblätter draußen verteilt, wo irgendwas mit Jud Süß (ein antisemitischer nationalsozialistischer Propagandafilm von 1940, Anm. d. Zeit-Red.draufstand!", so Schreiber darlegend. Weiter heißt es zum zusehends verengten Diskurskorridor zu linken medial-politischen Kernthemen:

"Was ich schon spüre in meiner Zunft, ist eine Vorsicht, wenn es um polarisierende Debatten geht. Da ist natürlich die Islamdiskussion, dazu die Themen Klima oder Migration. Da ist diese Vorsicht sehr deutlich zu spüren, aus der Sorge heraus, in etwas reingezogen zu werden, was sehr unangenehm werden kann."

Ein großes Problem sei aktuell, dass wenn man in den sozialen Medien etwas posten würde – wie zum Beispiel ein Tortenangriff ist falsch – "da kriegen Sie sehr schnell sehr böse Zuschriften. Und das möchten viele nicht". Die Angriffe gegen seine Person würden ihn daher beschäftigen, er wolle sich dabei "mit Bedacht äußern":

"Was man aber wirklich thematisieren muss, ist das, was Sie – der Interviewer – gerade gesagt haben: Der ist islamfeindlich oder islamkritisch. Ich weiß, das ist etwas, was irgendwie wabert. Ich habe das immer unkommentiert stehen lassen, weil ich dachte, meine Arbeit spricht für sich … ich bin mir sehr sicher: Man findet bei mir nichts Islamkritisches, Islamfeindliches, Muslimfeindliches. Das ist ein Raunen."

Di Lorenzo kommentiert ergänzend mit dem Satz: "Es klebt an Ihren Schuhen wie Hundescheiße". Der Zeitpunkt, an dem Schreiber entschieden hätte, "ich mache nichts mehr zum Thema Islam", läge dabei schon länger zurück. Der Autor ergänzt:

"Ich werde mich zu allem, was mit dem Islam auch nur im Entferntesten zu tun hat, nicht mehr äußern. Ich werde keine Bücher dazu schreiben, ich lehne Talkshow-Anfragen ab, ich mache das nicht mehr. Da mögen jetzt manche feiern und vielleicht die Schampusflaschen aufmachen. Ob das ein Gewinn ist für die Meinungsfreiheit und für den Journalismus, ist eine andere Frage."

Erlebte Diskussionen empfinde er als "toxisch", er möchte zukünftig "diese Negativität in meinem Leben nicht mehr" erleben müssen. Di Lorenzo fragt provokativ, bei Erwähnung auch "wohlmeinender Stimmen" und Wahrnehmungen, ob Schreiber das Erlebte "nicht aushalten" könnte. Schreiber akzeptiere sachliche Kritik "als legitim", jedoch sei für ihn das Problem:

"Aber der Vorwurf, der daraus am Ende wurde, war: Das ist ein Rechter, der ist rechtsextrem, der ist Islamhasser."

Das persönliche einschneidende Erlebnis, nach Ende einer Nachtschicht bei der Tagesschau, hätte ihn dabei auch zu seiner Entscheidung bewogen:

"Ich fahre mit dem Taxi nach Hause, steige ein, der Taxifahrer spricht die ganze Zeit kein Wort mit mir. Ich habe gedacht, gut, vielleicht ist der müde. Ich bezahle, mache die Tür auf, da dreht er sich um und sagt: "Jetzt weiß ich, wo du wohnst!" Das war und das ist mir unheimlich."

Zudem hätte sich bei von ihm durchgeführten Islam-Seminaren abgezeichnet, dass es beim dritten Mal "dann Indizien gab, so würde ich es nennen, dass diese Veranstaltung gesprengt werden sollte". Aktuelle Diskursprobleme sähe er nicht nur beim Thema Islam. Schreiber erläutert abschließend:

"Was ich auch merke, wenn ich an Journalistenschulen bin und mit dem Nachwuchs spreche: Es gibt zunehmend Leute, die sagen, sie wollten nicht Journalist vor der Kamera werden oder eine andere besonders exponierte Stellung anstreben, weil sie das nicht aushalten würden. Sie sagen, sie zögen sich lieber zurück, weil sie das nicht ertragen könnten."

Constantin Schreiber arbeitet seit 2017 als Sprecher für die ARD-Aktuell-Redaktion, seit 2021 verliest er auch die Hauptnachrichten der 20-Uhr-Tagesschau. 

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