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"Deutschlands gefährlichste Politikerin" – (Nichts) Neues vom Projekt "Liste Wagenknecht"

Kommt die "Liste Wagenknecht"? Nach der am gestrigen Sonnabend von der "Bild"-Zeitung kolportierten angeblich bevorstehenden Gründung der neuen Partei herrscht am Wochenende dankbare Erregung im Blätterwald. Wagenknecht selbst hat unterdessen die Gründungspläne dementiert.
"Deutschlands gefährlichste Politikerin" – (Nichts) Neues vom Projekt "Liste Wagenknecht"Quelle: www.globallookpress.com © Kay Nietfeld/dpa

Das Dementi folgte wieder auf dem Fuße: Nachdem die Bild-Zeitung seit gestern behauptet, die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht (Die Linke) habe nun die Entscheidung gefällt, eine eigene Partei zu gründen, um "die Ampel zu stoppen" und "Scholz zu stürzen", erklärte die Linken-Politikerin heute gegenüber der Süddeutschen Zeitung, dass an dem Bericht des Springer-Boulevardblatts nichts dran sei: "Es gibt da keinen neuen Stand." Dabei unterstrich sie ein weiteres Mal, was seit Monaten bekannt ist: "Spätestens bis zum Jahresende" solle die Entscheidung fallen, ob es zu einer Parteigründung kommt. Im ZDF wiederholte die Linken-Politikerin dazu:

"Das ist die Meinung der 'Bild'-Zeitung. Es bleibt dabei: Wir werden über die Parteigründung bis spätestens Ende des Jahres entscheiden."

Zeitpläne

Bild hatte den Zeitraum der Entscheidungsfindung eingeschränkt – demnach würden Wagenknecht und ihr Umfeld ihren Entschluss erst nach den Landtagswahlen in Hessen und Bayern, die am 8. Oktober stattfinden, fällen ("Sahras Oktober-Revolution!"), spätestens jedoch bis zum Jahresende.

Um die "irre Politik der Ampel zu beenden", wolle Wagenknecht mit der neuen Partei auf vier Kernfeldern entgegentreten. "Wirtschaftliche Vernunft", "soziale Gerechtigkeit", "Frieden" und "Freiheit" sollen die Politik der neuen "linkskonservativen Partei" (SZ) bestimmen.

Da Wagenknecht allein nicht alle Aufgaben, die mit einer Partei-Neugründung verbunden sind, übernehmen könne, würden beispielsweise Organisationsfragen von Vertrauten im Hintergrund übernommen. Auf ihren "Burn-out" vor vier Jahren angesprochen, habe Wagenknecht zur Aufgabenverteilung gegenüber Bild erklärt:

"Ich bin schon ziemlich belastbar. … Strukturen aufbauen, Organisation, 16 Landesverbände – das werde ich nicht leisten können."

Stattdessen werde sie sich um inhaltliche Fragen und die Vermittlung nach außen kümmern:

"Programmatisches entwickeln, eine Partei nach außen vertreten, für unsere Positionen werben – das kann ich, so fit bin ich allemal."

Mediales Wohlwollen

Während der Mainstream auffallend nüchtern und weitgehend ohne die sonst übliche Häme gegen Linke berichtet, so etwa die bereits erwähnte SZ, aber auch das Handelsblatt oder der Focus, weist die Junge Freiheit unter Verweis auf Äußerungen von Hubertus Knabe, dem ehemaligen Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, auf die fatalen Aussichten für die Linkspartei hin. Knabe hatte auf seinem Blog ausgeführt, dass sich die Linke ("SED-Nachfolger"), sollte es zu einer Wagenknecht-Partei kommen, "nicht mehr von diesem Schlag erholen" würde.

Welche Folgen eine Neugründung für die AfD, die derzeit einen Höhenflug in den Meinungsumfragen erlebt, haben könnte und wie sie darauf reagieren sollte, wird auch im weit nach rechts offenen Umfeld der Partei diskutiert. Man müsse Wagenknecht insbesondere auf dem Feld der Migrationspolitik Contra geben, denn dort seien "Inkonsequenzen und Doppelbödigkeiten" zu erwarten.

Dagegen sieht der Wirtschaftswissenschaftler und Publizist Norbert Häring neben den Gefahren, die mit einer weiteren Auffächerung des Parteienspektrums einhergehen könnten, auch durchaus positive Momente. Nachdem der Mainstream auf die Erfolge der AfD wie das Kaninchen auf die Schlange starrt, könnte sich eine Wagenknecht-Partei, gewollt oder ungewollt, als "kontrollierte Opposition" erweisen – mit der Funktion, die AfD zu schwächen, so Befürchtungen, die Häring in einer ersten Analyse der Gründungspläne zitiert.

Skepsis

Der Journalist und Fotograf Henning Rosenbusch hatte seine Skepsis darüber formuliert, welche Wirkungen von der neuen Partei ausgehen könnten:

"Am Ende stehen sich vermutlich zwei große Oppositionsparteien gegenüber, die nichts miteinander zu tun haben wollen. Mehr Spaltung und noch schwerer zu organisierender Widerstand gegen die Abschaffung der Grundrechte."

Dagegen meint Norbert Häring, dass zu solchem "Defätismus" kein Anlass bestehe. Zweifellos hätte die AfD am meisten von einer Wagenknecht-Partei zu befürchten. Und es sei "auffällig", "wie wenig giftig, ja fast freundlich" über Wagenknechts Bestrebungen berichtet werde. Verschwunden sei der früher übliche "scharfe mediale Gegenwind", der "fast schon zu Rückenwind geworden" sei.

Ob die Berichterstattung der Bild ("Deutschlands gefährlichste Politikerin") nun eine gezielte Indiskretion, ein "Versuchsballon" war oder nicht (die britische Sun hatte 1998 Oskar Lafontaine den "gefährlichsten Mann Europas" genannt) – dass es sich bei den Gründungsplänen um eine Intrige der etablierten Parteien handeln könnte, um die AfD zu schwächen, weist Häring jedoch zurück. Das "Parteiestablishment" habe eben nicht alles im Griff. Dass einige unter den Etablierten beinahe auf eine "Liste Wagenknecht" zu hoffen scheinen, wäre "ein Zeichen, dass die Kontrolle entgleitet".

Chancen

Eine Wagenknecht-Partei könnte den Debattenraum nach links öffnen, nachdem alle Parteien, nicht nur die AfD, eigentlich rechte politische Positionen vertreten ("extreme Mitte"), so der Ökonom:

"Wenn sie von links kritisiert werden, wird es für Parteien wie die Grünen und die SPD schwerer, unter dem zerschlissenen Mantel ihrer linken Vergangenheit ihre neoliberale, militaristische Politik zu verstecken."

Sicherlich müsste Wagenknechts neue Formation mit platten Kampagnen rechnen. Der Mainstream dürfte sie mit einer "Kombination aus Querfront- und Kommunismusvorwürfen" zu diffamieren suchen. Nur sei noch nicht ausgemacht, ob solche Diskreditierungsversuche fruchten würden. Nach Häring hätte eine Wagenknecht-Partei die Aufgabe, die Debatten wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen:

"Schließlich kann die neue Partei die neoliberal-rechte AfD-Opposition ebenso hart kritisieren wie die extreme Mitte und wird es wohl auch tun, jedenfalls dort, wo es wirklich um Fragen von links und rechts geht."

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