Berlin: Weniger Geld für Obdachlose, aber üppige Fördergelder für Melde-Register gegen "rechts"
Laut Eigendarstellung auf der Webseite "Berliner Register" möchte das Projekt mit seiner Arbeit insbesondere "gegen Diskriminierung und Ausgrenzung" in der Bundeshauptstadt vorgehen. Dafür würden die von Bürgern gemeldeten Vorfälle dokumentiert, "die im Alltag in Berlin passieren". Dem Berliner Senat ist diese Meldestelle im aktuellen Haushaltsbudget immerhin eine finanzielle Unterstützung von rund 830.000 Euro wert. Betrachtet man die gemeldeten und dokumentierte "Vorfälle", stellen sich Fragen – auch hinsichtlich der Glaubwürdigkeit zugetragener Ereignisse. Der Blick aus dem Ausland auf die jüngsten "Meldestellen gegen rechts" in Deutschland fällt denkbar kritisch aus. So stellt die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) in einem Artikel nüchtern fest:
"Wer sich rächen will, eine Intrige spinnen, einem Kollegen schaden, der hat in Deutschland leichtes Spiel. Im ganzen Land entstehen 'Meldestellen' für Vorfälle aller Art. Objektivierbare Kriterien gibt es dabei nicht."
Auch in Deutschland selbst hat das Nachrichtenmagazin Focus nun in einem Artikel am 6. September auf das Projekt hingewiesen, unter der Überschrift:
"Berlins bizarres Anschwärz-Portal: Lesen Sie mal, welche Meldungen dort einlaufen"
Der Artikel informiert darüber, dass das "Berliner Register" durch die üppige finanzielle Unterstützung seit dem Jahr 2016 in "jedem der zwölf hauptstädtischen Bezirke über eine eigene Meldestelle verfügt". Dazu würden noch "über 230 Anlaufstellen" zählen. Die erwünschte Kooperation der Bundeshauptstadt würde über die "Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung" organisiert, die aktuell von Cansel Kiziltepe (SPD) geleitet wird. In einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel, aus Anlass ihrer seit April dieses Jahres übernommenen Senatszuständigkeiten, gab Kiziltepe zu Protokoll.
"Wir bekennen uns im Koalitionsvertrag zu Berlin als Stadt der Vielfalt. Das zeigt nicht zuletzt die Benennung von Felor Badenberg als Justizsenatorin. Sie zeigt seit Jahren klare Kante gegen rechts."
Badenberg war übrigens vor ihrer kürzlichen Nominierung infolge der Berliner Wahlwiederholung beim Verfassungsschutz tätig und galt dort "als engagierte 'AfD-Jägerin'". Kiziltepe stellt in dem TS-Interview zum Thema "Kreuzberg als sozialer Brennpunkt-Bezirk" fest:
"Kreuzberg war bunt, migrantisch und proletarisch. Viele Menschen waren einkommensschwach. Der Begriff 'sozialer Brennpunkt' trifft das nur unzureichend. Zugleich ist es richtig, dass der Staat in bestimmten Gebieten stärker unterstützen muss, zum Beispiel, damit Kinder in der Schule die deutsche Sprache besser lernen."
Kiziltepe ist selbst in diesem Bezirk Berlins aufgewachsen. In Bezug auf die angeblichen Schwerpunkte des Melderegisters erläutert der Focus-Artikel:
"Nach eigenen Angaben sammelt das Register Ereignisse, 'die rassistisch, antisemitisch, LGBTIQ*-feindlich, antiziganistisch, extrem rechts, sozialchauvinistisch, behindertenfeindlich oder antifeministisch sind'."
Der Artikel zitiert vermeintlich entdeckte und protokollierte, damit aber noch lange nicht nachkontrollierbare oder nachkontrollierte Meldungen, die seitens entsprechend besorgter und mitteilsamer Bürger an das "Berliner Register" eingereicht wurden. Auf der Webseite heißt die diesbezüglich eingerichtete Rubrik "Vorfalls-Chronik". Es folgen Beispiele aus dem Artikel und von der Webseite (jeweils in der Original-Schreibweise):
- An der Ecke Pannierstraße/Weserstraße in Nord-Neukölln wurden zwei Männer von drei Unbekannten angegriffen und antisemitisch beleidigt. Die beiden betroffenen Personen wurden von den drei Männern erst auf Elektrorollern überholt und dabei angespuckt.
- Rechter Aufkleber in Charlottenburg: An der Technischen Universität (TU) Berlin wurde in einer Toilettenkabine im Hauptgebäude ein Aufkleber des extrem rechten Compact-Magazins entdeckt.
- Am Alexanderplatz hielten Verschwörungsideolog*innen eine Mahnwache ab (Meldung vom 2. September). Auf der Veranstaltung wurden Verschwörungsmythen über die Corona-Pandemie verbreitet und Pandemie-Eindämmungsmaßnahmen mit dem NS-Regime verglichen.
- Transfeindliche Abwertung in Wilmersdorf: In der Tauentzienstraße äußerte eine 12-jährige Person gegen 19.30 Uhr das Wort 'Ihhhh!' gegenüber einer Frau. Die Betroffene bezog dies darauf, von dem Kind als LGBTIQ*-Person identifiziert worden zu sein.
- Antifeministischer Sticker in Westend: Am Theodor-Heuss-Platz wurde ein antifeministischer Sticker entdeckt, der sich gegen gendergerechte Sprache richtete.
- An eine Bushaltestelle in Tiergarten wurde ein rassistischer Schriftzug geschmiert.
- An einem Obststand auf dem Wochenmarkt am Maybachufer in Neukölln wurde eine asiatisch gelesene Person von dem Verkäufer mit den Worten "Hallo, ching chow!" angesprochen.
- In der August-Lindemann-Straße wurde an einem Garagentor eine homofeindliche Sprüherei entdeckt. Der Slogan war "[Name] ist ein schwuler Hurensohn ohne Eier und Schwanz. Ich hoffe [sic] er verreckt am Arschfick.
- Erneut wurde eine Gedenkplakette an einen verstorbenen obdachlosen Menschen auf einer Sitzbank mit einer zähen grauen Farbe so beschmiert, dass sie nicht mehr gelesen werden kann.
Zur Situation der weiter stetig steigenden Zahlen von Obdachlosen in Berlin wurde laut Informationen des Regionalsenders RBB bekannt, dass die Senatsverantwortlichen spürbare Kürzungen im Haushaltsentwurf planen, wodurch zwei Einrichtungen der Caritas erhebliche finanzielle Probleme ins Haus stehen. So wird die Obdachlosen-Ambulanz am Bahnhof Zoo, zentrale und wichtige Anlaufstelle für wohnungslose Menschen, ihre Angebote reduzieren müssen. Einer Krankenwohnung für Wohnungslose droht durch die Kürzungen die dauerhafte Schließung.
Der Focus-Artikel informiert auch über die möglichen Varianten von Meldungen auf dem Portal:
"Als Quellen für ihre Chronik-Einträge nutzt das Register unter anderem Presseberichte, Schilderungen von Opferberatungsstellen, die sozialen Netzwerke und Polizeimeldungen. Hauptzuträger sind jedoch meldefreudige 'Bürger*innen'."
Ob die bearbeiteten Schilderungen dabei der Wahrheit entsprächen "oder ob es sich lediglich um subjektive Eindrücke handelt", wäre damit unklar für potentielle Leser und Interessierte. Die Meldungen können zunächst ohne jegliche Gegenkontrolle über ein simples Online-Formular zugesendet werden. So lauten zwei wortwörtliche Beispiele:
- Mitarbeiterin des Jugendamtes Neukölln diskriminiert zwei Roma-Frauen: Bei einer telefonischen Anfrage leitet eine Mitarbeiterin des Jugendamtes Neukölln zwei Roma-Frauen zu einer Anlaufstelle weiter, ohne deren Anliegen zu bearbeiten, mit der Begründung, dass die Beratungsstelle dafür zuständig sei.
- Kein Zugang zum Sommerbad Neukölln für migrantische Jugendliche: Zwei Jugendlichen mit Migrationsherkunft im Alter von 14 Jahren wurde der Zutritt zum Schwimmbad verwehrt mit der Aussage, Jugendliche würden generell nicht mehr hineingelassen.
Die Webseite informiert über die Wirksamkeit ihrer Listungen auf Reaktionen seitens und insbesondere die politische Arbeit des Berliner Senats:
"Die Ergebnisse können Politiker*innen, Mitarbeiter*innen der Verwaltung oder politisch engagierte Initiativen in ihre Entscheidungen einbeziehen, und dann Maßnahmen entwickeln, um gezielt gegen Diskriminierung und Ausgrenzung vorzugehen."
Dass es sich bei einem Großteil der gemeldeten "Fakten" um rein subjektiv eingeschätzte und nicht nachkontrollierte "Beobachtungen" handelt, bezogen auf den potentiellen Wahrheitsgehalts des Inhalts und der generellen Existenz solcher Meldungen, wird anscheinend seitens der Senatspolitiker durch "blindes Vertrauen" akzeptiert. Dies bringt wiederum mittlerweile bestätigte Probleme anderer Art mit sich. So heißt es im NZZ-Artikel:
"An der Zahl der 'Vorfälle' wird durchaus getrickst. Das habe die Verwaltung offen zugegeben. In einem Brief aus der Berliner Sozialverwaltung, der der NZZ vorliegt, bestätigt der zuständige Sachbearbeiter, dass er es völlig in Ordnung findet, wenn derselbe 'transfeindliche' Aufkleber, der von fünf Personen gemeldet wird, als fünf transfeindliche Vorfälle gezählt wird."
Die Projektleiterin Kati Becker wies die Kritik an der Arbeit dieses Registers erst jüngst vehement zurück. In einem Gespräch mit der Berliner Zeitung teilte sie mit, "die Vorwürfe seien nicht neu und kämen 'hauptsächlich aus der rechtsextremen Ecke', aber auch verstärkt aus den Reihen 'von transfeindlichen Aktivistinnen der Frauenbewegungen'". Bei einer Unterstützer-Aktion des Opferfonds Cura im Jahr 2018 hatte Becker zu Protokoll gegeben: "Die Ursachen rechter Gewalt liegen nicht im Verhalten der Opfer, sondern in den Einstellungen der Täter."
Dies scheint der Berliner Senat angesichts der fortdauernden üppigen finanziellen Unterstützung ähnlich einzuschätzen. Die Vorgehensweise des Projekts bleibt dabei nachweislich willkürlich und keineswegs etwa politisch neutral. So bestätigte eine Mitarbeiterin gegenüber der NZZ in Bezug auf die Meldung eines "Aufklebers mit der Aufschrift 'Es gibt nur zwei Geschlechter'":
"Wir schauen, von wem der Aufkleber stammt, und wenn er von der AfD ist, dann nehmen wir ihn – in die Vorfall-Chronik – auf."
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