Habeck und die energieintensive Industrie: Subventionieren oder sparen?
Bei der Beeinträchtigung der Energieversorgung der deutschen Industrie war die regierende Koalition erstaunlich einig und schnell; in der Frage einer weiteren Schadensbegrenzung scheint sie aber keine Einigung finden zu können.
Robert Habeck, der bisher eine langfristige Subventionierung der Strompreise für die Industrie vorschlug, scheint nun, nach einem Bericht des Handelsblatts, bereit, die Subventionierung auf drei bis fünf Jahre zu begrenzen. Ursprünglich sollten Firmen mit einer energieintensiven Produktion Garantien bis ins Jahr 2030 für einen Strompreis von sechs Cent je Kilowattstunde erhalten; der aktuelle Preis für Privatabnehmer liegt bei 29 Cent pro Kilowattstunde, der Industriestrompreis bei 28,37 Cent pro Kilowattstunde. Die Kosten für eine solche Stützungsmaßnahme würden bei 30 Milliarden Euro liegen. Habeck hält es für erforderlich, zu einer schnellen Einigung zu kommen.
"Wenn wir noch lange reden, dann machen die Unternehmen ihre eigenen Entscheidungen und die werden dann nicht mehr für den Standort Deutschland sein."
Tatsächlich gab es bereits Mitte des vergangenen Jahres entsprechende Umfragen der Industrie- und Handelskammer. Der Anteil der Unternehmen, die antworten, sie wollten ihre Produktion verlagern, betrug zwar nur drei Prozent. Dabei werden aber jene Unternehmen nicht mitgezählt, die bereits die Produktion in Deutschland eingestellt haben, ob mit oder ohne Verlagerung. Ob deutsche Weltkonzerne entsprechend reagieren, wird von diesen Umfragen ohnehin nicht erfasst; von einigen, zum Beispiel BASF, ist aber bereits bekannt, dass sie daran arbeiten.
Das von Christian Lindner (FDP) geleitete Finanzministerium jedenfalls lehnt jede Subventionierung des Industriestroms ab, weil das zu teuer sei. Dabei unterstützt ihn auch ein wissenschaftlicher Beirat beim Finanzministerium, der erklärte, ein Industriestrompreis berge die Gefahr, "dass notwendige strukturelle Anpassungsprozesse unterbleiben". Nach Meinung des Gremiums sei ein Verzicht auf zwei Cent Stromsteuer pro Kilowattstunde das höchste der Gefühle.
Die SPD, in Gestalt des niedersächsischen Wirtschaftsministers Olaf Lies, hält einen Industriestrom zwar für unumgänglich, hält aber ebenso am umstrittenen Ziel der CO2-Neutralität fest. "Es gehe nicht darum, energieintensive Gewerbe mit staatlicher Unterstützung am Leben zu erhalten, damit unverändert wie bisher weiterproduziert werden könne", zitiert ihn das Handelsblatt.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Achim Post, erklärte, der Industriestrom sei "eine wichtige Brücke, bis über den Hochlauf erneuerbarer Energien wettbewerbsfähige Energiepreise dauerhaft erreicht sind". Dafür war allerdings bereits die ursprünglich vorgesehene Laufzeit bis 2030 äußerst knapp bemessen; abgesehen von traditionellen Wasserkraftwerken und den in Deutschland unmöglichen Kernkraftwerken ist noch keine Variante erneuerbarer Energien bekannt, deren Preis tatsächlich "wettbewerbsfähig" wäre.
Mehr zum Thema - Journalist Eric Bonse: Nicht Habecks Heizungsgesetz ist das Problem, sondern der Industriestrompreis
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