Deutschland

Publizistin Daniela Dahn im Interview: "Krieg ist immer Versagen von Politik"

Im Oktober erschien das neue Buch von Daniela Dahn. Telepolis nahm dies zum Anlass für ein zweiteiliges Interview. Dahn wehrte sich gegen die einseitige Sicht auf den Ukraine-Konflikt, den deutsche Medien und Politik pflegen. Sie kritisierte die einseitige Schuldzuschreibung.
Publizistin Daniela Dahn im Interview: "Krieg ist immer Versagen von Politik"Quelle: www.globallookpress.com © Holger John via www.imago-images

Anlässlich der Veröffentlichung ihres neuen Buches "Im Krieg verlieren auch die Sieger" hat Telepolis-Chefredakteur Harald Neuber die Publizistin Daniela Dahn zum Gespräch gebeten. Das Interview ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten äußerte sich Dahn allgemein zum Verhältnis der deutschen Medien zum Krieg, im zweiten analysierte sie die deutsche Berichterstattung anhand eines konkreten Beispiels genauer. 

Dahn war Gründungsmitglied der DDR-Oppositionsgruppe "Demokratischer Aufbruch" und ist Mitherausgeberin des Magazins Ossietzky. Sie initiierte mit anderen Weltnetz.tv, eine Plattform für Videojournalismus, und ist Mitglied bei der Schriftsteller-Vereinigung PEN-Deutschland.

Nach der Zeitenwende befragt, ein Begriff, mit dem Bundeskanzler Scholz ein massives Aufrüstungsprogramm der Bundesrepublik eingeleitet hatte, meinte Dahn, die eigentliche Zeitenwende habe bereits in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts mit dem Zerfall des Ostblocks begonnen. Die USA seien alleiniger Hegemon und das Völkerrecht als Leitlinie für politisches Handeln gerate in den Hintergrund.

Dahn verwies darauf, dass diejenigen, die mit Blick auf Putin, Russland und den Ukraine-Konflikt von einem Bruch des Völkerrechts sprechen, dabei übersähen, dass sich das Völkerrecht durch die zahllosen Verstöße der USA und ihrer westlichen Alliierten bereits im Zustand der Erosion befände. 

"Das Neue seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine ist für mich, dass derjenige, der glaubt unbegrenzt provozieren zu können, erkennen muss, dass man auch überreizen kann."

Dem Urteil, dass Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion ein kapitalistischer Staat geworden sei, der auch dessen imperialistischer Logik folge, schloss Dahn sich nicht an, sondern verwies auf die historischen Erfahrungen Russlands mit dem Westen als traumatische Erlebnisse.  

Im zweiten Teil widmete sich Dahn exemplarisch der Berichterstattung über Russland und die Politik in Russland anhand des Buches "Die Ukraine und wir" von der Russland-Korrespondentin des Deutschlandfunks, Sabine Adler. Sie belegte im Detail, dass Adler verkürzt berichtet und durch Auslassung ihre Leser getäuscht hat.

Adler habe auf diese Weise ein Bild von einem Russland erzeugt, das an Frieden auf dem europäischen Kontinent kein Interesse hat. Dieser Eindruck sei jedoch falsch. Dahn wies im Gegenteil nach, dass das Übergehen der russischen Vorschläge zum Erhalt des Friedens unter Wahrung auch der russischen Sicherheitsinteressen zu der Situation geführt hat, in der Europa sich jetzt befindet.

Dahn glaubt jedoch, dass es möglich gewesen wäre, den Einmarsch in die Ukraine zu verhindern, wenn Russland sich an die Vereinten Nationen gewandt hätte. Die Mehrheit der Länder in der Generalversammlung sei der westlichen Dominanz überdrüssig. Gleichzeitig sieht Dahn recht klar, dass die UN westlich dominiert ist.  

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