Kölner Cum-Ex-Staatsanwältin will nicht gegen Olaf Scholz ermitteln
In der sogenannten Cum-Ex-Affäre hegt die für das Verfahren bundesweit federführende Kölner Generalstaatsanwaltschaft keinen Anfangsverdacht gegen den Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher und seinen Vorgänger, Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD). Dies bestätigte Behördensprecher Ulrich Bremer der Welt. Auch Deutschlands führende Cum-Ex-Ermittlerin, die Kölner Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, sehe demnach keinen Anfangsverdacht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Wie die Welt in ihrer Donnerstagsausgabe berichtet, teile nämlich auch Brorhilker die entsprechende Auffassung der für die von dem Hamburger Rechtsanwalt Gerhard Strate im Februar eingereichte Strafanzeige zuständigen Staatsanwältin.
Der Hamburger Rechtsanwalt hatte Scholz und Tschentscher damals wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung angezeigt. Den beiden SPD-Politikern wirft er vor, bei der zuständigen Hamburger Steuerverwaltung seinerzeit darauf hingewirkt zu haben, dass die Warburg-Bank zu Unrecht 47 Millionen Euro aus Cum-Ex-Geschäften erstatteter Steuern zunächst nicht hatte zurückzahlen müssen. Ob dies mit Billigung oder gar auf Initiative von Scholz geschah, bleibt indes unklar. Klar ist hingegen lediglich, dass sich der Hamburger Fiskus erst nach Erlass eines entsprechenden Gerichtsbeschlusses doch noch um Eintreibung der noch offenen Geldsumme bemühte.
In der Sache ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft bereits gegen zwei ehemalige Hamburger SPD-Politiker und eine Finanzbeamtin wegen des Verdachts der Begünstigung von Steuerhinterziehung. Daneben analysiert ein eingesetzter Untersuchungsausschuss seit Jahren die Rolle prominenter SPD-Politiker in dem Skandal, darunter auch die von Scholz, was sich allerdings als schwierig erweist. Bei den dortigen Vernehmungen gab der Kanzler bei unangenehmen Fragen nämlich überdurchschnittlich oft an, sich nicht mehr erinnern zu können.
Zwar sei die Entscheidung, in dieser Sache keine Ermittlungen gegen Scholz und Tschentscher aufzunehmen, weder von Brorhilker noch vom Leiter der Kölner Staatsanwaltschaft getroffen worden, sondern von der für die Bearbeitung der Strafanzeige zuständigen Staatsanwältin, erklärte Behördensprecher Bremer der Welt. "Sowohl der Behördenleiter als auch Oberstaatsanwältin Brorhilker" hätten deren Auffassung allerdings geteilt. Der entsprechende Bescheid sei Strate demnach bereits am 14. Dezember zugestellt worden. In dem der Welt vorliegenden Schreiben begründet die Staatsanwaltschaft ihre Entscheidung damit, dass "sich zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Beihilfehandlung seitens Herrn Scholz auf Grundlage Ihres Anzeigevorbringens und der in den anderen Verfahren des Verfahrenskomplexes erlangten Unterlagen und Dokumente nicht ergeben haben".
Aus der von Strate gestellten Strafanzeige hätten sich demnach keine Erkenntnisse ergeben, die Anlass geboten hätten, von der früheren Entscheidung gegen die Aufnahme von Ermittlungen abzuweichen. Begründet werde dies insbesondere mit der Auswertung der im Zuge weiterer Cum-Ex-Ermittlungen "zahlreich sichergestellten Postfächer von Mitarbeitern des Finanzamtes und der Finanzbehörde sowie von Herrn Dr. Tschentscher und Herrn Scholz", die "keine Unterlagen zutage gefördert haben, die Rückschlüsse auf etwaige Gesprächsinhalte" ermöglichten.
Aus dem Bescheid geht zudem hervor, dass die Kölner Staatsanwaltschaft den zweiten Vorwurf gegen Scholz abgetrennt und zuständigkeitshalber an die Hamburger Staatsanwaltschaft überwiesen hat. "Eine Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Köln für die Verfolgung des Vorwurfs der falschen uneidlichen Aussage ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben. Tatort wäre Hamburg", zitiert die Welt aus dem Schreiben an Strate. Der Hamburger Anwalt hatte im Oktober erneut Strafanzeige gegen Scholz gestellt, diesmal wegen dessen vermeintlicher Falschaussagen im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestags. Eine erste Anzeige Strates war als unbegründet abgewiesen worden – die Erinnerungslücken seien wegen der Vielzahl von Scholz' Aufgaben plausibel.
Scholz und Tschentscher wollten sich zu der Entscheidung auf Anfrage der Welt zunächst nicht äußern. Auch wenn die Staatsanwaltschaft nunmehr erneut zugunsten der beiden SPD-Politiker entschieden hat, heißt das noch lange nicht, dass ihnen später womöglich nicht doch noch unangenehme Konsequenzen drohen. So hatte die Hamburgische Bürgerschaft in diesem Zusammenhang nämlich erst kürzlich eine Ausweitung des Untersuchungsausschusses zum Cum-Ex-Skandal auf die ebenfalls in den Skandal verstrickte ehemals landeseigene HSH Nordbank beschlossen.
Die zwischenzeitlich privatisierte und umbenannte HSH hatte sich laut einer selbst initiierten Untersuchung zwischen 2008 und 2011 in 29 Fällen Kapitalertragssteuern erstatten lassen, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren. 2014 hatte sie rund 126 Millionen Euro an die Steuerverwaltung zurückgezahlt. Im sogenannten Cum-Ex-Skandal nutzten Banken und andere Finanzakteure eine Gesetzeslücke, um den Staat zu betrügen. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Am Ende erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand Schätzungen zufolge ein Schaden in Milliardenhöhe.
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