Personalnot an Flughäfen: Bundesregierung plant Einsatz von ausländischen Hilfskräften
Die angespannte Personalsituation an deutschen Flughäfen entwickelt sich zu einem undurchsichtigen und belastenden Status quo für die Planungen der deutschen Urlauber in der Sommersaison 2022. Der akute Mangel an Arbeitskräften in den Bereichen der Gepäckbearbeitung, Verladung und Sicherheitskontrollen forciert ein sich anbahnendes Flughafen-Chaos in den kommenden Wochen. So sollen laut Aussagen aus Regierungskreisen gegenüber dem Springer-Verlag aktuell "rund 2.000 bis 3.000 Mitarbeiter an den Flughäfen" in Deutschland fehlen.
Die Sicherheitskontrollen und Gepäckabfertigungen an den Flughäfen werden von privaten Dienstleistern durchgeführt, die dafür jedoch eine besondere Zulassung benötigen. In den zurückliegenden zwei Jahren haben viele dieser Dienstleister ihr Personal pandemiebedingt abbauen müssen, was unmittelbar zu den aktuellen Bildern langer Warteschlangen führt.
Gegenüber der Bild am Sonntag (BamS) äußerten nun Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ihre Vorstellungen darüber, wie die Bundesregierung auf das sich anbahnende Krisenszenario reagieren will. So teilte Verkehrsminister Wissing der BamS mit, dass er gemeinsam mit Faeser und Heil die "Personalengpässe abstellen und eine temporäre Lösung präsentieren" wolle. Arbeitsminister Heil ließ laut der BamS wissen:
"Die Bundesregierung plant, die Einreise von dringend benötigtem Personal aus dem Ausland für eine vorübergehende Tätigkeit in Deutschland zu ermöglichen. Dabei wollen wir jede Form von Sozialdumping und Ausbeutung ausschließen. Die Arbeitgeber müssen Tariflohn zahlen und für die befristete Zeit anständige Unterkünfte bereitstellen."
Wie eine potentielle Anwerbung so kurzfristig vollzogen bzw. realisiert werden soll, wurde in dem BamS-Artikel nicht näher erläutert - lediglich, dass das Ziel der Bundesregierung demnach sei, eine "vierstellige Zahl an Fachkräften aus der Türkei nach Deutschland zu holen, die bestenfalls schon ab Juli für einige Monate eingesetzt werden können". Das ZDF erläutert in einem Beitrag die dramatische Lage an den Flughäfen:
"Kurz vor Beginn der Haupturlaubszeit hatte etwa die Lufthansa angekündigt, insgesamt knapp 3.000 Flüge an ihren Drehkreuzen Frankfurt und München zu streichen, weil sich vermehrt Besatzungen wegen Corona-Fällen krankmelden. Grund ist insbesondere fehlendes Personal nicht nur bei der Airline selbst, sondern auch bei den Flughäfen, etwa bei der Sicherheitskontrolle."
Verkehrsminister Wissing wies eine Verantwortung der Politik von sich:
"Für die Personalpolitik der Flughafengesellschaften und Airlines ist die Bundesregierung nicht zuständig und nicht verantwortlich."
Dazu heißt es in einer "Branchenanalyse Luftverkehr - Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitsbedingungen" aus dem Jahre 2016:
"Drittanbieter von Bodenverkehrsdienstleistungen spielen an europäischen Flughäfen seit der Liberalisierung der Bodenverkehrsdienste Mitte der 1990er Jahre eine Rolle. Das Ziel der Liberalisierung war, mehr Wettbewerb unter den Bodenverkehrsdiensten und dadurch Preisvergünstigungen für die Airlines zu erreichen (EU-Richtlinie 96/67/EG EU aus dem Jahr 1996)."
Dieter Romann, Präsident der Bundespolizei, kommentierte gegenüber der BamS zur Frage, warum die Bundespolizei die Sicherheitskontrollen nicht wieder übernehmen könnte:
"Der Bundestag hat entschieden, diese Dienstleistungen zu privatisieren. Über Veränderungen kann nur der Gesetzgeber entscheiden. Wenn die Bundespolizei diese Aufgaben übernehmen soll, bedarf es 10.000 neuer Stellen."
Innenministerin Faeser wird im BamS-Artikel mit den Worten zitiert:
"Für mich als Bundesinnenministerin gilt ganz klar: Bei der Sicherheit gibt es keine Abstriche. Ich bin der Bundespolizei sehr dankbar, dass sie mit so massivem Personaleinsatz dafür sorgt, dass wir alle sicher fliegen können."
Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge fehlen derzeit an deutschen Flughäfen rund 7.200 Fachkräfte, so Angaben des ZDF.
Zum Thema Sicherheitsrelevanz nennt die BamS folgende Zahlen aus dem Jahr 2021:
"250.850 verbotene Gegenstände haben die Luftsicherheitskontrollen überwiegend im Handgepäck von Passagieren gefunden, das sind 60 Prozent mehr als im Jahr davor. Darunter 163 Schusswaffen im Handgepäck, 710 Schusswaffen-Nachbildungen und 2.369 Munitionsteile! Auch Messer und Feuerwerkskörper wollten Leute mit an Bord nehmen."
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