Deutschland

Massiver Missbrauchskomplex in NRW: Haupttäter arbeitete als Babysitter – 70 weitere Verdächtige

Ein 44-jähriger Mann aus Nordrhein-Westfalen soll über Jahre hinweg Kinder missbraucht und dabei enorme Datenmengen an kinderpornografischen Aufnahmen erstellt haben. Das jüngste Opfer soll nur einen Monat alt gewesen sein. Mit mindestens 70 weiteren Verdächtigen soll der Täter die Videoaufnahmen getauscht haben.
Massiver Missbrauchskomplex in NRW: Haupttäter arbeitete als Babysitter – 70 weitere VerdächtigeQuelle: Gettyimages.ru © Xavier Serrano / EyeEm

Die Kölner Polizei ermittelt in einem Missbrauchskomplex, der derzeit ganz Deutschland erschüttert. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) erklärte diesbezüglich:

"Das ist eine Kriminalität, die an Brutalität überhaupt nicht zu bewerten ist. Die Berge an Daten sind so groß, dass man sie mit normaler händischer Arbeit nicht mehr bewältigen kann."

Mehr als 70 Tatverdächtige aus 14 Bundesländern sollen demnach nicht nur zahlreiche Fotos und Videos von sexuell missbrauchten Babys besessen und getauscht, sondern teils auch selbst Kinder vergewaltigt haben.

Ausgangspunkt war ein Fall aus Berlin, bei dem ein 44-Jähriger aus Wermelskirchen in Nordrhein-Westfalen ins Visier der Sicherheitsbehörden geraten war. Der Mann, der selbst Kinder sexuell missbraucht haben soll und deshalb derzeit in Untersuchungshaft sitzt, sei den Ermittlern durch Chats in entsprechenden Foren aufgefallen. Eine Telefonüberwachung habe schlussendlich eine Durchsuchung der Wohnung möglich gemacht.

Wie die Kölner Polizei am Montag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der zuständigen Staatsanwaltschaft mitteilte, soll sich der Mann aus Wermelskirchen als Babysitter im Kölner Raum angeboten und zwischen 2005 und 2019 zwölf Kinder missbraucht haben. Die Hälfte der Kinder sei dabei höchstens drei Jahre alt gewesen. Die Videos, die er während seiner Taten erstellte, zeigten eine "unvorstellbare Brutalität", erklärte Jürgen Haese, einer der mit dem Fall betrauten Ermittler der Kölner Kriminalpolizei. "Wir müssen sogar annehmen, dass zur Durchführung dieser Handlungen Substanzen eingesetzt wurden, die betäubend wirken." Die dabei entstandenen Videos habe der Verdächtige im Anschluss mit Dutzenden weiteren Männern getauscht. 

Der neue Missbrauchskomplex hat nach Angaben der ermittelnden Behörden eine Dimension an Brutalität, die jene von Lügde noch übersteigt. Kölns Polizeipräsident Falk Schnabel sagte: 

"Ein solches Ausmaß an menschenverachtender Brutalität und gefühlloser Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid von kleinen Kindern, ihren Schmerzen und ihren Schreien und ihrer offensichtlichen Angst ist mir noch nicht begegnet und ich habe es mir auch nicht vorstellen können."

Insgesamt seien von den Behörden in dem Fall bisher 3,5 Millionen Bilder und 1,5 Millionen Videos sichergestellt worden, wobei die ältesten Aufnahmen schon 1993 entstanden seien, so Haese. Um selbst den Überblick nicht zu verlieren, habe der Verdächtige demnach detaillierte Listen geführt, die nun bei der Ermittlung der Opfer sowie der anderen Tatverdächtigen helfen würden. 74 Verdächtige und 33 Opfer seien bisher identifiziert worden. Fünf Säuglinge seien dem Täter zum Opfer gefallen. Das jüngste Kind sei zum Tatzeitpunkt erst einen Monat alt gewesen, hieß es auf der Pressekonferenz. Der Mann sei verheiratet und habe selbst keine Kinder.

Der Missbrauchsfall von Lüdge galt in Nordrhein-Westfalen bisher als schwerster Fall von sexueller Gewalt gegen Kinder. Auf einem Campingplatz im ostwestfälischen Lügde wurden jahrelang mindestens 40 Kinder sexuell missbraucht und dabei auch gefilmt. Die Ermittlungen, die 2018 begannen, halten bis zum heutigen Tag an.  

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