Bei Gaslieferstopp aus Russland: Deutsche Wirtschaft könnte um 12 Prozent einbrechen

Endlich wird Klartext gesprochen: Ohne russisches Gas könnte die Wirtschaft um bis zu zwölf Prozent einbrechen, warnt eine neue Studie des Mannheimer Ökonomieprofessors Tom Krebs. Demnach drohe "eine Wirtschaftskrise, wie sie Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg nicht erlebt hat".

Laut dem Spiegel würde ein rabiater Stopp der Versorgung mit russischem Erdgas das deutsche Bruttoinlandsprodukt in den ersten zwölf Monaten zwischen drei und acht Prozent einbrechen lassen. Das hat der Mannheimer Ökonomieprofessor Tom Krebs in einer Studie berechnet, die vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung gefördert wurde. Danach würde ein Energiepreisschock dazu führen, dass die Nachfrage nach Gütern einbricht, da Verbraucher ihr Geld lieber zusammenhalten, so der Ökonom. Das könne die Wirtschaftsleistung um weitere zwei bis vier Prozent verkleinern.

Bei einem Gasembargo – von welcher Seite auch immer – wäre demnach ein Wirtschaftseinbruch auf dem Niveau des Corona-Jahres 2020 oder der Finanzkrise im Jahr 2009 zu erwarten, betont der Professor für Volkswirtschaftslehre. Er warnt aber auch vor einer Wirtschaftskrise,

"wie sie Westdeutschland seit dem Zweiten Weltkrieg nicht erlebt hat".

Andere meist regierungsnahe Forscher halten die Folgen dagegen für überschaubar. So rechnet der in den USA lehrende Ökonom Rüdiger Bachmann in einer mit Kollegen verfassten Studie mit einem Einbruch von maximal drei Prozent. Auch die Wissenschaftsakademie Leopoldina bezeichnet die Folgen eines Lieferstopps als "handhabbar". Das gewerkschaftsnahe IMK-Institut warnt dagegen vor einem Wirtschaftseinbruch von bis zu sechs Prozent.

Vor allem deutsche Schlüsselindustrien könnten bei einem Gasembargo einbrechen: So werde Erdgas in der deutschen Industrie etwa in der Chemie, der Ernährungsindustrie oder dem Maschinen- und Fahrzeugbau gebraucht und sei dort kaum ersetzbar.

Der Studie zufolge drohten bei einem Gasstopp deshalb mehr Firmenpleiten oder Produktionsverlagerungen und ein "deutlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit". Ein weiteres Problem: Die Wirtschafts- und Geldpolitik der EZB hat ihr Pulver verschossen. Auch aufgrund der Ausgaben zur Abfederung der Corona-Krise und der hohen Inflation sei sie in ihren Möglichkeiten eingeschränkt. Die Preisschocks bei Energie und Nahrungsmitteln träfen zudem überwiegend die "unteren und mittleren Einkommen, sodass soziale Spannungen verschärft werden". Von der Ampel wird dagegen wenig getan, um diese Entwicklungen aufzufangen.

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