Deutschland

Ministerin Lambrecht will Arbeitsbereiche des Generalinspekteurs der Bundeswehr reduzieren

Die Bundesministerin der Verteidigung Christine Lambrecht (SPD) will in einem zweiten Anlauf wesentliche Arbeitsfelder des Generalinspekteurs der Bundeswehr Eberhard Zorn umstrukturieren. Dadurch würden Zorn bisherige Verantwortungsbereiche aus den Abteilungen "Strategie und Einsatz" sowie "Führung Streitkräfte" entzogen.
Ministerin Lambrecht will Arbeitsbereiche des Generalinspekteurs der Bundeswehr reduzierenQuelle: www.globallookpress.com © Britta Pedersen

Im Januar 2022 berichtete die Nachrichtenseite Business Insider über bekannt gewordene Pläne der Verteidigungsministerin Lambrecht (SPD), dem derzeitigen Generalinspekteur der Bundeswehr Eberhard Zorn wesentliche Zuständigkeiten zu entziehen. Der Generalinspekteur gilt als "truppendienstlicher Vorgesetzter aller Soldatinnen und Soldaten in den ihm unterstellten Streitkräften", zudem als militärischer Berater der Bundesregierung und höchster militärischer Repräsentant der Bundeswehr.

Laut dem Business Insider-Artikel sollten demnach alle Abteilungen im Verteidigungsministerium zukünftig auf die aktuell amtierenden Staatssekretäre aufgeteilt werden und Zorn damit nur noch "an Lambrechts Staatssekretärin Margaretha Sudhof berichten". Diese war von 2012 bis 2019 bereits Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Finanzen des Landes Berlin, bevor sie anschließend in gleicher Funktion in das Bundesministerium der Justiz wechselte, das Lambrecht als damalige Justizministerin noch bis Dezember 2021 führte.

Das Vorhaben und die dadurch entstehende Distanz, die Lambrecht damit zwischen sich und ihrem obersten Vertreter der "Truppe" zieht, wurde in Ministeriumskreisen intern bereits im Januar als ein "unkluger Zug – nicht zuletzt aus politischen Gründen" bewertet. Am 20. Januar ergänzte Business-Insider den damaligen Artikel mit dem Hinweis, dass das Bundesministerium der Verteidigung auf die Berichterstattung der Nachrichtenseite reagiert hätte. Ein Sprecher der Bundeswehr teilte demnach der Deutschen Presse-Agentur mit, dass "Frau Bundesministerin Lambrecht weder die Absicht hat, den 'Dresdener Erlass' anzupassen, noch die Stellung und Aufgaben des Generalinspekteurs zu ändern".

Die Erwähnung des "Dresdener Erlasses" bezog sich auf die Tatsache, dass der Vier-Sterne-General Zorn laut dieses sogenannten Dresdener Erlasses von 2012 nicht nur Mitglied der Leitung des Verteidigungsministeriums ist, sondern ihm "als ranghöchster Soldat auch die Verantwortung über die ministeriellen Abteilungen "Planung", "Führung Streitkräfte" und "Strategie und Einsatz" obliegt und er damit auch für "die Steuerung der Bundeswehr-Einsätze" zuständig ist.

Business Insider will nun erneut über "mehrere Quellen im Bundesverteidigungsministerium übereinstimmend" erfahren haben, dass "Verteidigungsministerium Christine Lambrecht (SPD) einen neuen Anlauf unternommen habe". Demnach soll erneut die Richtlinie ausgegeben werden, dass Vorlagen an die Ministerin aus den Abteilungen "Strategie und Einsatz" sowie "Politik" nicht wie bisher über den Tisch vom Generalinspekteur Eberhard Zorn gehen sollen, sondern wie schon im Januar vermeintlich geplant über Lambrechts Staatssekretärin Margarethe Sudhof. Zudem sollen Abteilungen umstrukturiert werden. 

Laut dem Artikel vom 24. Februar soll der Generalinspekteur "klammheimlich" nun doch "entmachtet worden sein, auch wenn dies noch nicht formell bestätigt" sei. So heißt es im Beitrag:

"Vorlagen an die Ministerin bei Themen zur Führung der Truppe, Strategie und Einsatz gehen dem Vernehmen nach nicht mehr über Zorns Schreibtisch, wie bislang üblich, sondern über den von Lambrechts Staatssekretären – allen voran Margaretha Sudhof. Sie sei nun bei diesen Themen entscheidend, nicht mehr Zorn."

Des Weiteren sollen laut Artikel die "Abteilungen Strategie & Einsatz sowie Führung Streitkräfte, die laut Ministeriums-Geschäftsordnung und Dresdner Erlass bisher Zorn direkt unterstanden, angeblich zusammen mit dem bisherigen Leitungsstab in einem großen Planungsstab aufgehen, der dann der Ministerin unterstellt wird". Die Konsequenz – sollten diese Pläne final umgesetzt werden – lautet bei Business Insider:

"Der Generalinspekteur wäre damit endgültig bedeutungslos."

Anzeichen für die Umsetzung dieser Umstrukturierungen würden sich beispielsweise in der Anweisung Lambrechts "für eine Bundeswehr-Bestandsaufnahme von Struktur und Einsatzbereitschaft bis Juni" finden. Diese solle nun der Stab "Organisation und Revision" verantworten und nicht wie bisher üblich der Generalinspekteur. Bundesministerin Lambrecht würde damit auch die geplante Strukturreform ihrer Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) auf Eis legen, so Business Insider. Diese Reformpläne hatte damals noch Eberhard Zorn federführend mit ausgearbeitet. Am 27. Januar hieß es auf der Seite von augengeradeaus.de zu diesem Thema:

"Alles auf Anfang: Die mit der Ampelkoalition im Dezember vergangenen Jahres neu ins Amt gekommene Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat eine grundlegende Bestandsaufnahme von Bundeswehrstruktur und Einsatzbereitschaft bis zum Juni angeordnet. Zugleich stoppte die Amtsspitze die von ihrer Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer eingeleiteten Umstrukturierungen der Streitkräfte."

Des Weiteren heißt es in dem Beitrag dieser Seite: "Auffällig ist bei dieser neuen Bestandsaufnahme, dass zwei für die Strukturen der Bundeswehr zentrale Abteilungen nicht genannt werden: Sowohl die Abteilung Ausrüstung, die dem zweiten beamteten Staatssekretär Benedikt Zimmer unterstellt und für die Rüstungsbeschaffung zuständig ist, als auch die Planungsabteilung werden nicht erwähnt. Ebenso, und das ist erst recht auffällig, spielt Generalinspekteur Eberhard Zorn, der im vergangenen Jahr gemeinsam mit der damaligen Ministerin die Strukturüberlegungen vorgelegt hatte, in dieser Bestandsaufnahme keine besondere Rolle."

Im Bundesverteidigungsministerium sei die Stimmung vor allem unter Soldaten aktuell demnach "eher bescheiden". Ministerin Lambrecht sowie ihre Staatssekretäre reagierten genauso wenig wie Zorn auf direkte Anfragen seitens Business Insider.

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