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Brandenburgs Justiz will Luca-App für Strafverfolgung nutzen

Die kontroverse Diskussion um die Zukunft der Luca-App bekommt neue Inhalte geliefert. Brandenburgs Justizministerin will Polizei und Staatsanwaltschaften den Zugriff auf die Daten erlauben. Die Opposition äußert sich kritisch.
Brandenburgs Justiz will Luca-App für Strafverfolgung nutzenQuelle: www.globallookpress.com © Christoph Schmidt

Immer mehr Bundesländer wollen die kooperative Zusammenarbeit mit den Anbietern der Luca-App beenden. Die Kritik der zurückliegenden Wochen beruft sich auf zu hohe Kosten, Sicherheitslücken, Ungenauigkeit und der generellen Wahrnehmung, dass die App mittlerweile überflüssig geworden ist. Das Unternehmen mit seinem bekannten Investor und Marketinggesicht Smudo, dem Sänger der Pop-Formation Die Fantastischen Vier, hat bzw. hatte Verträge mit insgesamt 13 Bundesländern (alle außer Sachsen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen) abschließen können. 300 der 400 Gesundheitsämter wären nach Angaben von Luca angeschlossen an die App. Dieser Coup erwirtschaftete den Luca-Anbietern ein Jahresvolumen von 20 Millionen Euro inklusive Mehrwertsteuer. Zum Thema Sicherheitslücken erwiderte Luca-Geschäftsführer Patrick Hennig im August 2021:

"Sicherheit steht für uns an oberster Stelle. Dabei sei aber auch gesagt, Software ist nie perfekt. Wir haben dauerhaft externe Sicherheitsüberprüfungen, auch die haben leider die CSV-Schwachstelle nicht gefunden. Fehler passieren, selbst bei IT-Großprojekten mit vier Jahren Laufzeit."

Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Bremen, Berlin und Brandenburg haben mittlerweile gekündigt oder wollen die Verträge nicht mehr zu verlängern. Nun wurden jüngste Pläne bekannt, nach denen laut Angaben von rbb24 die brandenburgische Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) in Erwägung zieht, in Ausnahmefällen die vorhandenen Kontaktdaten der Luca-App auch für die Verfolgung von schweren Straftaten zu nutzen. Laut rbb24 hätte sie im Rechtsausschuss des Brandenburger Landtags jedoch betont, dass die Nutzung nicht infrage käme, wenn es sich um weniger schwere Taten handle. Als Beispiele für eine mögliche Datenabfrage nannte sie "gewaltsame Auseinandersetzungen in einer Lokalität, die in einem Tötungsdelikt endet" oder eine "Vergewaltigung in einem Restaurant".

Demnach hätte sich die Justizministerin mit dem Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg soweit schon geeinigt, trotz der Tatsache, dass das dementsprechende Bundesgesetz weiterhin keine klare Regelung beinhaltet, ob der Zugriff für die Verfolgung von Straftaten explizit zugelassen ist. Dabei handelt es sich um das Verwendungsverbot in Paragraf 28a Abs. 4 IfSG für die Strafverfolgungsbehörden. Die zurückliegenden Monate offenbarten jedoch Beispiele für die Nutzung aufgezeichneter Daten der Luca-App, die nicht dem ursprünglichen Zwecke dienten. So berichtete der Spiegel am 8. Januar: "Ermittler griffen unrechtmäßig auf Daten der Luca-App zu." Dabei handelte es sich um einen Fall, bei dem ein Mann in Mainz nach Verlassen eines Lokals gestürzt und später gestorben war. Die ermittelnde Polizei suchte mithilfe der Luca-App nach Zeugen. Nach Übermittlung der Daten seien 21 potenzielle Zeugen telefonisch kontaktiert worden, für diese Anfragen hätte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Mainz jedoch "keine hinreichende rechtliche Grundlage bestanden."

Recherchen des ZDF zu Beginn des Jahres ergaben, dass Polizei und Staatsanwaltschaft bereits in über 100 Ermittlungsverfahren bundesweit auf die Luca-App bzw. Corona-Listen zurückgegriffen hatten. Die Seite anwalt.de erklärt zu der momentanen unsicheren und ungeklärten Rechtslage: "Dabei ist die Rechtslage eigentlich klar. In Paragraf 28a Abs. 4 IfSG heißt es:

"Die Daten dürfen nicht zu einem anderen Zweck als der Aushändigung auf Anforderung an die nach Landesrecht für die Erhebung der Daten zuständigen Stellen verwendet werden und sind vier Wochen nach Erhebung zu löschen. (...) Eine Weitergabe der übermittelten Daten durch die zuständigen Stellen nach Satz 3 oder eine Weiterverwendung durch diese zu anderen Zwecken als der Kontaktnachverfolgung ist ausgeschlossenDie den zuständigen Stellen nach Satz 3 übermittelten Daten sind von diesen unverzüglich irreversibel zu löschen, sobald die Daten für die Kontaktnachverfolgung nicht mehr benötigt werden."

Das Fazit lautet, dass die Daten aus der Luca-App "laut Paragraf 28a Abs. 4 IfSG somit nicht zum Zwecke der Zeugensuche oder der Strafverfolgung abgerufen werden dürfen", so die Einschätzung der Seite anwalt.de . Soweit bekannt wurden in Brandenburg bisher noch keine Daten der Luca-App von den Staatsanwaltschaften oder der Polizei abgefragt, so Informationen der Zeit. Laut Aussagen der brandenburgischen Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen) gegenüber der Nachrichtenagentur dpa zu Jahresbeginn nutze nur eines der 18 brandenburgischen Gesundheitsämter laut einer Umfrage die App regelmäßig. 

Die Pläne der Brandenburger Justiz stoßen auf Kritik, so bei dem Fraktionschefs von BVB/Freie Wähler, Péter Vida. Für ihn sei die Haltung der Ministerin "unter liberalen rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht zu akzeptieren". Rbb24 zitiert ihn mit der Feststellung:

"Es braucht umgehend eine gesetzliche Klarstellung, um derartigen Auslegungen einen Riegel vorzuschieben."

Matti Karstedt von der FDP Brandenburg bezeichnete die Nutzung der Daten als "Präzedenzfall gegen ihre eigene Glaubwürdigkeit" und zeigte sich laut rbb24 ebenfalls wenig begeistert von den Plänen:

"Nachdem sich nun herausgestellt hat, dass die Luca-App zum Zwecke der Pandemiebekämpfung völlig ungeeignet war, sollen die Daten bei erster Gelegenheit zweckentfremdet werden."

Der SPD-Rechtsexperte Erik Stohn sagte äußerte sich demgegenüber im Rechtsausschuss des Brandenburger Landtags, dass er "die Nutzung von Daten bei schweren Straftaten für vertretbar halte".

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