Wirtschaftswissenschaftler: "Wir brauchen Erdgas"

In Deutschland zahlt man als einfacher Verbraucher die höchsten Strompreise in Europa – und sie erreichen monatlich neue Höchststände. RT DE sprach mit dem Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Heinz-Josef Bontrup über diese Entwicklung.

Im vergangenen Jahr lag der Strompreis in Deutschland bei 32 Cent die Kilowattstunden, der mit Abstand höchste in der EU und in ganz Europa. Mittlerweile haben fast zwei Drittel aller Stromanbieter für dieses Jahr die Preise weiter erhöht.

Der Wirtschaftswissenschaftler Heinz-Josef Bontrup, Mitglied der Memorandum-Gruppe, die jährlich ein alternatives Wirtschaftsgutachten erarbeitet, und regelmäßiger Autor in verschiedenen Zeitungen, hält Erdgas und insbesondere auch das zukünftige aus Nord Stream 2 für unverzichtbar:

"Die Strompreise in Deutschland sind sehr hoch, sie sind sicherlich die höchsten, die wir in Europa haben. Das hängt auch damit zusammen, dass wir in Deutschland schon lange eine Energiewende eingeleitet haben; das wirkt sich sukzessive bei den Strompreisen aus, und das wird auch nicht das Ende sein. Wir müssen die Umwelt in die Kalkulation hineinbekommen.

Wenn wir immer mehr in erneuerbare Energien einsteigen wollen, Kohlekraftwerke vom Netz nehmen – [aus der] Kernkraft sind wir jetzt ausgestiegen – dann brauchen wir für eine Übergangszeit vermehrt Gaskraftwerke. Insofern halte ich die Gaspipeline Nord Stream 2 für ganz wichtig für Deutschland, wenn wir die Energiewende überhaupt schaffen wollen."

40 Prozent des Strompreises setzen sich aus Steuern und Abgaben zusammen. Die frühere Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen und seit 2019 Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft Kerstin Andreae forderte die Bundesregierung auf, die EEG-Umlage, die allerdings nur einen Teil dieser Abgaben darstellt, komplett abzuschaffen. Eine bereits stattgefundene Senkung hatte nicht wie erhofft eine dämpfende Wirkung auf den Anstieg der Strompreise.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte Ende Januar jedoch erklärt, Deutschland müsse die Abhängigkeit von einem Erdgaslieferanten reduzieren:

"Wenn man nicht über Russland geht, gibt es die theoretische Möglichkeit, aus Nordafrika mit einer Pipeline uns zu versorgen. Das ist ein etwas längerer Weg, und Frankreich müsste erlauben, dass man durch Frankreich baut. Wenn das nicht funktioniert, muss man LNG einkaufen."

Allerdings ist für beide Varianten bisher die erforderliche Infrastruktur in einem den Bedarf annähernd deckenden Umfang überhaupt nicht vorhanden oder absehbar.

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