Polizeigewerkschaft: Immer mehr Widerspruch gegen strenge Regeln
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußert sich zunehmend kritisch zu der politisch verordneten Strenge beim Umgang mit Protesten gegen die Corona-Maßnahmen und die Belastung der Polizisten mit der Umsetzung der Vorgaben der Politik.
In Sachsen äußerte sich der GdP-Landeschef Hagen Husgen am Dienstag ungewöhnlich scharf zu den aktuellen Einschränkungen des Versammlungsrechts. Die sich wöchentlich wiederholenden Versammlungen in vielen sächsischen Städten bringen die Einsatzkräfte an ihre physischen Belastungsgrenzen. Zudem entstehe durch den restriktiven Umgang mit den Protestierenden der Eindruck, dass die Polizei "als Ersatz des politischen Meinungsstreits" missbraucht werde:
"Gesellschaftliche Probleme lassen sich aber grundsätzlich nicht mit polizeilichen Mitteln lösen", so Husgen.
Auf ihrer Webseite fordert die sächsische GdP die Aufhebung der aktuellen Einschränkungen des Versammlungsrechts. Mit Auslaufen der derzeit geltenden Corona-Notfall-Verordnung ab dem 10. Januar 2022 lasse sich auch angesichts sinkender Infektionszahlen eine liberalere Behandlung der Proteste rechtfertigen. Derzeit sind in Sachsen nur ortsfeste Versammlungen mit bis zu zehn Teilnehmern erlaubt.
Die Polizei brauche ihre Ressourcen, um sich auf gewalttätige Verläufe zu konzentrieren, so die Pressemitteilung der GdP Sachsen:
"Es darf nicht Aufgabe der Polizei sein, einen breit auf der Straße ausgeführten Meinungsstreit, sofern er friedlich ist, mit polizeilichen Mitteln zu stoppen, nur weil die Politik diesen Disput an die Polizei outgesourct hat."
Zeitgleich warnte die bundesweite Dachorganisation der Gewerkschaft der Polizei vor dauerhaften psychischen Folgen der Dauereinsätze für die Beamten. In einer Mitteilung auf der deren Webseite wird beklagt, dass angesichts der deutlichen Zunahme der Proteste im Zusammenhang mit den staatlichen Corona-Maßnahmen sehr hohe Belastungen der Polizei zu verzeichnen sind. Insbesondere unangemeldete Versammlungen und sogenannte Spaziergänge zahlreicher Protestierender forderten die Beamten bundesweit massiv heraus.
Der Vorsitzende der Bundes-GdP Oliver Malchow sagte bei einer Veranstaltung in Kiel:
"Die Einsatzkräfte müssten prinzipiell und mit entsprechender Zahl an vielen Stellen gleichzeitig sein, können sich aber nicht teilen. Knapp auf Kante genäht taugt bei der inneren Sicherheit nicht. Das kann die Politik nicht mehr übersehen."
Vor dem Hintergrund der Personalsituation andere, wichtige polizeiliche Aufgaben liegen zu lassen, sei auf Dauer kein probates Mittel und könne höchstens für kurze Zeit als Notpflaster dienen, bekräftigte der GdP-Chef. Friedliche, angemeldete und unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen ablaufende Demonstrationen von Impfskeptikern oder Gegnern der Corona-Maßnahmen seien Teil der demokratischen Meinungsäußerung hierzulande, so die Stellungnahme weiter. Malchow appellierte an die Protestierenden zugleich, die Demonstrationen fern von "Rechtsextremisten, Verschwörungstheoretikern und anderen extremistischen Gruppierungen" fernzuhalten.
Kritik gibt es auch an der Übertragung zusätzlicher Aufgaben im Rahmen der Durchsetzung diverser 2G-, 3G- und Maskenregeln an die Polizei. Von der Ablenkung der personellen Kapazitäten von wichtigeren Aufgaben abgesehen, bezweifeln Juristen, ob die Polizeigesetze der Länder überhaupt eine ausreichende Eingriffsermächtigung für um verdachtsunabhängige Kontrollen in privaten Innenräumen enthalten.
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