Nächstes Kapitel der unendlichen Geschichte: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen HSV-Profi Jatta
Der Fall Bakery Jatta schien eigentlich schon erledigt, nun wollen die Strafverfolger den HSV-Profi doch noch vor Gericht bringen. Mehr als zwei Jahre nach Beginn der kontroversen öffentlichen Debatte um die Identität des Fußballers aus Gambia erhob die Staatsanwaltschaft überraschend Anklage vor dem Jugendrichter des Amtsgerichts Hamburg-Altona. Jatta soll eigentlich Bakary Daffeh heißen und zweieinhalb Jahre älter sein.
Damit habe der Mittelfeldspieler des Zweitligisten Hamburger SV in vier Fällen gegen das Aufenthaltsgesetz verstoßen sowie in einem weiteren Fall "mittelbare Falschbeurkundung" begangen, heißt es in der Anklage. Vor einem Jugendrichter muss Jatta erscheinen, weil er "teils Heranwachsender, teils Erwachsener war", wie die Staatsanwaltschaft erklärte.
Jattas Anwalt Thomas Bliwier ist erstaunt: "Für mich ist nicht nachvollziehbar, wie man auf Basis der Ermittlungen Anklage erheben kann", sagte der Jurist der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
"Wir sind der Auffassung, Herr Jatta hat seine Identität eindeutig nachgewiesen. Wir werden Stellung nehmen und beantragen, die Hauptverhandlung nicht zuzulassen."
Auch der HSV stellte sich erneut hinter seinen Profi. Zu einem Bild von Jatta im Kreis seiner jubelnden Teamkollegen twitterte der Klub am Montag nur: "Statement genug". Der Deutsche Fußball-Bund teilte mit, dass das Ermittlungsverfahren des DFB-Kontrollausschusses im Fall Jatta fortgeführt werden soll. "Im Hinblick auf die neue Sachlage werden wir zunächst das Ergebnis des staatlichen Verfahrens abwarten", erklärte Anton Nachreiner, der Vorsitzende des DFB-Kontrollausschusses, am Montag. Der DFB-Kontrollausschuss hatte vor mehr als zwei Jahren die Causa Jatta geprüft und am 15. August 2019 unter anderem den Spieler befragt.
Enormer Aufwand in den Ermittlungen
Die Staatsanwaltschaft will den Fall nicht auf sich beruhen lassen. Ist Jatta also ein Betrüger, der sich die Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erschlich? Bekannt ist: 2015 war der damalige Jungprofi aus seinem Heimatland Gambia über Italien nach Deutschland geflohen. In Bremen erhielt der Mann ohne Papiere Unterkunft und spielte Fußball, bis der HSV auf ihn aufmerksam wurde. Seit der Saison 2016/17 trägt der schnelle, körperlich robuste, Außenspieler das Trikot mit der Raute, zunächst im Regionalliga-Team, dann bei den Profis.
Im August 2019 berichtete die Sport Bild über Jatta und äußerte Zweifel an seiner Identität. Die Zeitschrift hatte Hinweise darauf, dass es sich um den älteren Bakary Daffeh handeln könnte, der die Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland auf Grundlage falscher Angaben erhalten habe. Denn als damals 17-Jähriger und damit Minderjähriger unterlag Jatta anderen Kriterien für eine Bleibeberechtigung.
Die Ermittlungen der Behörden erbrachten jedoch keinen Beweis für eine gefälschte Identität. Die Staatsanwaltschaft Bremen und das Hamburger Bezirksamt Mitte hatten im Spätherbst 2019 nach monatelanger intensiver Prüfung ihre Ermittlungen eingestellt. Zudem bestätigten gambische Behörden die Echtheit von Jattas Papieren. Der 1. FC Nürnberg, der VfL Bochum und der Karlsruher SC, die Einspruch gegen die Niederlagen in den Zweitliga-Spielen gegen den HSV eingelegt hatten, zogen diesen zurück. Der HSV stellte sich stets hinter seinen Profi und versicherte die Korrektheit der Personalien.
Bei einer Durchsuchung von Jattas Wohnung im Sommer 2020 waren elektronische Datenträger wie Handy und Laptop beschlagnahmt worden. Es wurden auch Kontobewegungen des HSV-Profis überprüft. Dabei sei man auf Kontakte gestoßen, "die für uns nicht nachvollziehbar waren", teilte die Staatsanwaltschaft mit. Diese hatte zudem ein anthropologisch-morphologisches Gutachten an einem Institut in Freiburg in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Jatta und Daffeh seien "mit hoher Wahrscheinlichkeit ein und dieselbe Person".
"In der Regel kommen solche Gutachten bei Schwerstverbrechen zur Anwendung. Wir finden das total überzogen", sagte damals Deniz Çelik von der Linksfraktion der Hamburger Bürgerschaft.
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(rt de/dpa)
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