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Premiere beim hessischen Lübcke-Ausschuss: Schwarz-Grün stimmt zusammen mit AfD

Eine Mitarbeiterin des Landesamts für Verfassungsschutz wird bei der nächsten Sitzung des Ausschusses am 15. Dezember aufgrund des Abstimmungsergebnisses durch CDU, Grüne und AfD nicht öffentlich vernommen.
Premiere beim hessischen Lübcke-Ausschuss: Schwarz-Grün stimmt zusammen mit AfDQuelle: www.globallookpress.com © Arne Dedert

Der Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zum Mordfall Lübcke hatte im März 2021 seine Arbeit aufgenommen. Im Juni, am Jahrestag des Mordes, teilte der Landtag mit, dass sich die Abgeordneten in einer internen Sitzung darauf einigten, bis März 2023 noch 44 Zeugen und zwei weitere Sachverständige anzuhören. Der Abschlussbericht soll demnach im Juli 2023 vorgestellt werden.

In der zurückliegenden Woche kam es nun zu einer bis dato noch nicht erfolgten Abstimmungssituation im Rahmen eines Beschlusses zur kommenden Ausschusssitzung. Der Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag hatte sich auf einen Doppeltermin für die Befragung weiterer Zeugen Mitte Dezember verständigt. Am 15. und 16. Dezember sollen je drei Zeugen befragt werden.

Der Zeitung Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) liegen nun Informationen vor, dass die beteiligten Abgeordneten der CDU, Grüne und AfD in einer geheimen Sitzung in der vorigen Woche dahingehend abgestimmt hätten, dass eine Mitarbeiterin des Landesamts für Verfassungsschutz bei der nächsten Sitzung des Ausschusses am 15. Dezember nun nicht öffentlich vernommen werden soll. 

Es sei "auf Antrag eines Zeugen/einer Zeugin nach intensiver Beratung mit der erforderlichen qualifizierten Mehrheit beschlossen worden", die Befragung nicht öffentlich vorzunehmen, so der Ausschussvorsitzende Christian Heinz von der CDU.

Dafür war eine entsprechende Zweidrittelmehrheit notwendig. Sämtliche Abgeordnete der drei Oppositionsparteien SPD, Linke und FDP sprachen sich für eine öffentliche Befragung aus. Demnach müssen die entsprechenden Stimmen von der AfD gekommen sein.

Beobachter, wie auch Abgeordnete, sprechen von einem "ungeheuerlichen Vorgang" und verglichen das Abstimmungsergebnis des Ausschusses mit der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten im Jahre 2020, die ebenfalls nur mit Stimmen der AfD möglich wurde.

Ausschussmitglieder der in Hessen regierenden schwarz-grünen Landesregierung sehen in dem Vorgang jedoch keinerlei Skandal: "Dem Ausschuss stand kein politisches Ermessen zu, sondern er war aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, dem Gesuch zu entsprechen." Laut dem Ausschussvorsitzenden der CDU verbiete sich daher der Vergleich mit der Kemmerich-Wahl in Thüringen.

Auch Eva Goldbach, innenpolitische Sprecherin der Grünen und Ausschussmitglied, versicherte, dass "die Entscheidung allein aus verfassungsrechtlichen Gründen so getroffen wurde".

Der Kasseler Publizist und Blogger Michael Lacher hat seit April jede Sitzung im Landtag in Wiesbaden verfolgt und kommentiert aktuell diesen jüngsten Vorgang. Er erkennt in dem Abstimmungsergebnis einen unbedingten "Tabubruch": "Wenn Schwarz-Grün mithilfe der AfD verhindert, dass die Öffentlichkeit Kenntnis von Zeugenbefragungen bekommt, wird das Walter Lübcke nicht gerecht."

Sein aktueller Blog-Eintrag trägt den Titel: "Lübcke-Untersuchungsausschuss: Aufdecken und zudecken". In diesem Beitrag umschreibt er den zähen Status Quo des Untersuchungsausschusses: "Der Untersuchungsausschuss (UNA) hängt durch: Der Aufklärungswille lahmt, die UNA-Mitglieder zoffen sich, die Zeugen mal verschlossen, mal inkompetent und die Öffentlichkeit zunehmend desinteressiert."

Er unterstellt der aktuellen schwarz-grünen Landesregierung nur ein bedingtes Interesse an einer wahren Aufklärung im Rahmen des Ausschusses. In zwei Jahren wird in Hessen wieder gewählt. Der Blogger prognostiziert, "mit zäher Aufklärungsarbeit lassen sich die nur unzureichend vorbereiten und schon gar nicht gewinnen. Umso mehr schweißt das die Regierungskoalition aus CDU und Grüne zusammen. Das geht, indem man einfach nicht mehr fragt, nicht mehr nachhakt, nicht mehr bohrt und seine Dienste schützt."

In der Startphase des Untersuchungsausschusses wäre ein Wille zur Aufklärung und zum Aufdecken von Strukturen, Netzwerken und politischen Prozessen in Nordhessen durchaus erkennbar gewesen.

Aktuell würden die Geheimdienste jedoch von den Koalitionären (CDU und Grüne) und der AfD durch "harmlos-gebremstes Befragen von Zeugen und Zeuginnen (Befragungszeit von ca. 10 statt 45 möglichen Minuten) in ihrer erratischen Arbeit geschützt." Es würde eindeutig mehr verdeckt als aufgedeckt. Das aktuelle Verhalten der Grünen bezeichnet Lacher laut HNA als "erbärmlich."

Der Ausschuss "schliddere" daher mehr und mehr in eine politische Schräglage, "die eher einem Warmlaufen der Koalitionäre vor den Wahlen als der politischen Aufdeckungsarbeit nützt", so das aktuelle Resümee des Bloggers Michael Lacher zu den jüngsten Ereignissen im Untersuchungsausschuss zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke.

Thema bei der nächsten Sitzung am 15. und 16. Dezember: "die rechtsextremistische Szene in Nordhessen und die Rolle von Ernsts (der Mörder an Walter Lübcke, Stephan Ernst) einstigem Kumpel Markus H."

Mehr zum Thema – Beleidigungen, Bedrohung und Volksverhetzung: Anklage wegen "NSU 2.0"-Drohschreiben

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