Debatte um Rückkehr kostenloser Corona-Tests – Für alle oder nur für Geimpfte und Genesene?

Die gestiegene Zahl der positiven Corona-Befunde bewegt den geschäftsführenden Gesundheitsminister Spahn von einer "vierten Welle" zu sprechen, die "mit voller Wucht" da sei. Nun werden die Rufe nach Rückkehr kostenloser Corona-Tests lauter.

Angesichts ansteigender positiver Corona-Befunde fordern nun zahlreiche Politiker und Mediziner, wieder kostenlose Corona-Tests für alle anzubieten. Das Ende der Kostenübernahme für sogenannte Bürgertests habe nicht dazu geführt, Impfunwillige zu einer Impfung zu motivieren, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Bund und Länder sollten diese "Fehlentscheidung" schnell korrigieren. Gerade in der kalten Jahreszeit brauche man wieder niedrigschwellige, kostenlose Testangebote. Reinhardt forderte:

"Die Neuregelung muss jetzt schnell kommen, möglichst noch mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes Mitte November."

Die Rückkehr zu Gratis-Tests hatten auch schon Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Grünen-Chef Robert Habeck sowie Vertreter von Ärzten, Kommunen und Handel gefordert.

Nordrhein-Westfalens neuer Ministerpräsident Hendrik Wüst brachte jedoch eine andere Forderung ins Gespäch. Demanch sollten die kostenlosen Corona-Tests lediglich den Geimpften und Genesenen zur Verfügung stehen. Der CDU-Politiker erklärte seine Forderung in der Bild am Sonntag:

"Die hohen Infektionszahlen unter Ungeimpften führen zu immer mehr Durchbrüchen auch bei den Geimpften."

Seit dem 11. Oktober sind Corona-Schnelltests nur noch für bestimmte Gruppen wie Schwangere oder Kinder unter zwölf Jahren sowie in Ausnahmefällen kostenlos. Der Bund hatte die Finanzierung eingestellt. Viele Teststationen sind inzwischen auch geschlossen. Begründet wurde dies damit, dass nun jeder die Möglichkeit habe, sich durch eine Impfung zu schützen.

Deutschlandweit lag nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz am Sonntagmorgen bei 191,5. Am Vortag hatte die Zahl der neuen Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche noch bei 183,7 gelegen. Vor einer Woche betrug die Inzidenz 149,4. Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI binnen eines Tages 23.543 neue Corona-Fälle. Binnen 24 Stunden wurden 37 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 33.

Die neue Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sieht bei steigenden Corona-Zahlen weitere Einschränkungen auf Ungeimpfte zukommen. Dem Tagesspiegel sagte Bas:

"Solange wir keine Impfpflicht haben, sollten wir zumindest die 2G- und 3G-Regeln weiter ausweiten."

Die 2G-Regel ist allerdings umstritten. Manche Experten kritisieren, sie wiege die Menschen in falscher Sicherheit, weil auch Geimpfte sich infizieren und das Virus übertragen könnten. Sie fordern, auch Geimpfte und Genesene regelmäßig zu testen – vor allem dort, wo besonders gefährdete Menschen leben.

Wenn man wirkliche Sicherheit wolle, helfe nur "1G" weiter – also alle zu testen, egal ob geimpft, genesen oder ungeimpft, sagte der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit am Samstag im Deutschlandfunk. Er kritisierte eine "Scheinsicherheit" durch 2G-Regelungen.

Auch der Bonner Virologe Hendrik Streeck äußerte sich ähnlich. Dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) erklärte Streeck:

"Die Geimpften und Genesenen haben das Gefühl, sie sind nicht mehr Teil der Pandemie und verhalten sich auch entsprechend risikoreich."

Er befürchtet zudem unkontrollierte Ausbrüche, wenn Ungeimpfte vom Sozialleben ausgeschlossen werden und private Feiern organisieren.

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(rt/dpa)