Sondererlaubnisse für Gigafabrik: Tesla erhält höchste Anzahl an Vorabzulassungen

Das Giga-Unternehmen von Tesla in Grünheide erhielt in dieser Woche zwei weitere Teilgenehmigungen. Während die über 800 Einwände an dem Vorhaben formell neu aufgerollt werden, ist die Fabrik auf der Basis von Vorabgenehmigungen so gut wie fertig.

Die Tesla-Gigafabrik in Brandenburg wächst und wächst, obwohl es noch keine endgültige Zulassung für das Werk gibt. In dieser Woche hat das US-Unternehmen zwei weitere vorläufige Zulassungen für sein E-Autowerk in Grünheide bei Berlin erhalten.

Noch vor wenigen Monaten beschwerte sich US-Unternehmer Elon Musk, einer der wohlhabendsten und einflussreichsten Männer der Welt, öffentlich wegen der Anforderungen an sein mit deutschen Steuergeldern unterstütztes Vorhaben, in Brandenburg in kürzester Zeit nicht nur ein E-Autowerk, sondern auch noch eine riesige Batteriefabrik aus dem Waldboden zu stampfen.

Deutsches "red tape", also behördliche Anforderungen, die er nicht direkt überspringen konnte, wie er es für einen Unternehmer seines Formats offenbar für angebracht hielt, schaffte es in internationale Schlagzeilen. Der US-Unternehmer hätte demnach die deutschen Gesetze gern geändert. Boulevardblätter in anderen Ländern nutzten diese Gelegenheit und verwiesen darauf, dass der wie ein Rockstar gefeierte Unternehmer es in ihrem Land einfacher gehabt hätte, so zum Beispiel Großbritannien. Zwischenzeitlich lobte Musk Deutschland, und die Medien durften schreiben "Germany rocks".

Doch die Behörden in Brandenburg, denen die Vorbehalte der Bevölkerung bekannt sind, pochten offiziell darauf, dass geltendes Recht eingehalten und die zahlreichen Einwände der Anwohner und Verbände Beachtung finden müssten. Und davon gab es einige, unter anderem anlässlich mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen beim Umgang mit gefährlichen Chemikalien in der Lackiererei des Werks, einem Schwarzbauverdacht. Der Naturschutzbund (NABU), die Grüne Liga und die Bürgerinitiative Grünheide hatten das Landesumweltamt aufgefordert, Tesla keine weiteren Voraberlaubnisse mehr zu erteilen. Zwischenzeitlich hatte das Unternehmen mehrere Vorgaben einfach ignoriert und in die Trickkiste gegriffen, um die Werke entgegen den lokalen Vorbehalten möglichst bald in Betrieb nehmen zu können. Bedenken gibt es vor allem um Abwasser und um den Trinkwasserverbrauch der Fabrik in einer von Trockenheit geprägten Region, neben der Sorge um bedeutende Naturschutzgebiete, Lärm, Störfall, Gefahrengüter und Artenschutz.

Eine Erörterung der insgesamt 814 Einwendungen gegen das Vorhaben des US-Elektroautobauers auch von Anwohnern wurde zunächst abgelehnt und zu einer Online-Konsultation gemacht, die aus mehreren Gründen in der Kritik stand. Vor knapp einer Woche wurde bekannt, dass das Land Brandenburg die Online-Erörterung der mehr als 800 Einwände wiederholt. Es reagierte so auf die Kritik von Anwohnern und Verbänden wie dem Naturschutzbund und der Grünen Liga an der Internet-Konsultation, deren Ankündigung demnach nicht rechtlichen Vorgaben entsprochen hatte, da die Frist von einer Woche nicht eingehalten wurde. Nach Ansicht des Umweltministeriums liege dem Beispielfall der Umweltverbände zwar eine Rechtsauffassung zugrunde, die von der bisherigen Auslegung abweiche. Weil jedoch unklar sei, wie sich Verwaltungsgerichte in Brandenburg im Fall einer Klage entschieden, habe man sich für die Wiederholung der Online-Konsultation entschieden. Aus Gründen der Rechtssicherheit habe das Landesamt für Umwelt somit eine neue Erörterung anberaumt, die am 2. November starten solle, mit einer fristgerechteren Bekanntmachung am 25. Oktober. 

Auch an dem Format im Internet hatte sich Kritik geregt, da so die zahlreichen Einwände nicht auf Augenhöhe eingebracht oder erörtert werden könnten. Der Grund dafür, es online durchzuführen, laute seitens der Behörden "Corona". Doch weder Corona noch der Umstand, dass in einem Trinkwasserschutzgebiet keine Veranstaltungen abgehalten werden dürfen, hatten im Oktober das Volksfest auf dem Giga-Gelände getrübt, bei dem zahlreiche Fans wie auch Elon Musk persönlich anreisten, Journalisten aber unerwünscht waren.

Inzwischen wurden Tesla von ebendiesen angeblich so inflexiblen deutschen Behörden 19 Vorabzulassungen erteilt, und damit so viele wie noch keinem anderen Unternehmen. Die in dieser Woche ausgestellten Teilgenehmigungen umfassen zum einen die Errichtung weiterer Teile der Abwasservorbehandlungsanlage. Außerdem wurde die Installation von technischer Gebäudeausrüstung im Bereich des zentralen Ver- und Entsorgungsgebäudes genehmigt, wie rbb 24 berichtet. Auch die Errichtung von Rohrbrücken mit Leitungen, Armaturen und Pumpen sind demnach genehmigt worden.

Während das Hauptgenehmigungsverfahren für den Bau der Fabrik weiter offen ist, wird über mehrere vorzeitige Zulassungen in einzelnen Schritten weiter gebaut. Tesla will bei Berlin den Kompakt-SUV Model Y bauen, der auf dem Model 3 basiert. Bisher werden Model-Y-Fahrzeuge aus China nach Deutschland geliefert.

Sollte deutsches "red tape" dem US-Unternehmen entgegen dessen Erwartung einen Strich durch die Planung machen, dass noch vor Jahresende zahlreiche E-SUVs vom Band rollen, müsste Tesla auf eigene Kosten zurückbauen – doch das ist weder für die bereits fertigen Straßen und Zufahrten noch für die gerodete Natur machbar.

Derweil konnte Musk mit dem Kursanstieg der Tesla-Aktie um 21 Prozent in der vergangenen Woche sein Nettovermögen mit etwa 285 Milliarden US-Dollar über das des Öl-Giganten Exxon Mobil (272 Milliarden Dollar) steigern. Musk war mit dem Anliegen ins Geschäft gegangen, den Ölbetrieb aufzumischen. Während Musk nunmehr zum reichsten Menschen der Weltgeschichte gekürt wurde, zeigen Kritiker auf, dass der E-Autobauer in Grünheide bisher keine Emissions-Einsparungen vorweisen kann.


Vor einiger Zeit setzte das Unternehmen noch stark auf Einnahmen aus dem Verkauf von CO₂-Emissionsrechten an andere Autohersteller, um die Bilanz angesichts hoher Verluste in der Autoproduktion aufzubessern. Jetzt brachten sie noch 279 Millionen Dollar ein – nach 397 Millionen im Vorjahresquartal. Durch eine milliardenschwere Großbestellung des US-Autovermieters Hertz konnte Tesla jüngst einen weiteren Erfolg verzeichnen.

"Elektroautos sind nun Mainstream", erklärte Hertz-Übergangschef Mark Fields in einer Pressemitteilung am Montag. Der Autovermieter Hertz hatte in der Corona-Krise Gläubigerschutz beantragt, sich dann aber wieder berappelt. Teslas Aktien reagierten im US-Handel mit einem Kurssprung von zeitweise mehr als neun Prozent auf die Großbestellung. Der Börsenwert von Tesla überschritt dadurch erstmals die Marke von einer Billion Dollar.

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